An heißen Tagen ist das Risiko einer postoperativen Wundinfektion um bis zu 30 Prozent erhöht. Bestimmte Hygienemaßnahmen können es um die Hälfte reduzieren.

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Es ist ziemlich heiß. Immer noch. Und das kann durchaus gesundheitliche Folgen haben. Zu diesen gehört auch die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer postoperativen Wundinfektion. Das Risiko einer solchen steigt mit jedem Grad mehr Außentemperatur um etwa ein Prozent, weil die Bakterien schneller wachsen. Im Sommer, an besonders heißen Tagen, ist es deshalb um bis zu 30 Prozent höher als in den Wintermonaten. Das ist nicht zu vernachlässigen, immerhin sterben laut Schätzung der Österreichischen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (ÖGKH) jährlich bis zu 5.000 Menschen in Österreich an postoperativen Komplikationen, ein guter Teil davon sind Wundinfektionen. Diese zählen zu den häufigsten Krankenhausinfektionen. Die zunehmende Resistenzentwicklung gegen Antibiotika schränkt aber die Behandlungsmöglichkeiten ein.

Sogenannte Krankenhauskeime, von denen immer wieder gesprochen wird, sind dabei nicht das Hauptproblem. "Prinzipiell sind die Hygienestandards in den österreichischen Krankenhäusern als sehr hoch einzustufen", betont Christoph Klaus, Genetiker und Experte für Infektionsprävention beim Infektionsschutzexperten Schülke & Mayr. "Als Patient geht man bei einer Komplikation davon aus, dass im Krankenhaus etwas schiefgelaufen ist. Doch in den vergangenen 20 Jahren hat man das Problem auch in Ländern und Krankenhäusern gesehen, wo die Hygienestandards extrem hoch sind." Der weitaus häufigere Grund für solche Infektionen ist nämlich die patienteneigene Hautflora.

Deshalb können Personen, bei denen ein operativer Eingriff ansteht, auch selbst mithelfen, so eine Komplikation zu vermeiden. Bis zu 50 Prozent aller postoperativen Wundinfektionen wären durch optimale Hygienemaßnahmen zu verhindern, teilt die ÖGKH mit. "Dabei ist das Problem nicht, dass etwa von der Haut Schmutz in die Operationswunden kommt", erklärt Klaus. Auf der Haut befindet sich eine Vielzahl an Keimen, die zu ihrem natürlichen Mikrobiom dazugehören. "Doch wenn Keime der Haut in eine Operationswunde kommen, wo sie nicht hingehören, kann das zu Infektionen führen."

Zehn Millionen Bakterien

"Dass viele postoperative Infektionen von Hautkeimen verursacht werden, wurde auch in Studien gezeigt", weiß Albert Tuchmann, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgie. Tatsächlich sind auf jedem Quadratzentimeter Haut bis zu zehn Millionen Bakterien angesiedelt, die prinzipiell dort gut aufgehoben sind und auch wichtige Schutzfunktionen wahrnehmen. Bei einer Operation können sie aber in das Wundgebiet eindringen und dort Infektionen auslösen, vor allem wenn es sich um tiefe Wunden handelt, die tendenziell längere Zeit für die Heilung benötigen. Tuchmann betont: "Solche Komplikationen sind verbunden mit Schmerzen, möglichen Folgeoperationen, Behinderungen oder Arbeitsunfähigkeit. Schlimmstenfalls können sie sogar tödlich enden."

Lange konnte man viele postoperative Infektionen gut behandeln. Doch durch zunehmende Resistenz der Erreger gegen die zur Verfügung stehenden Antibiotika können bisher als harmlos angesehene Infektionen zum Teil nicht mehr therapiert werden. Das hat nicht nur mitunter dramatische Folgen für die Betroffenen, auch finanziell ist das ein riesiges Problem. Auf etwa sieben Milliarden Euro jährlich schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Kosten, die allein in Europa durch solche Komplikationen verursacht werden. Und weltweit sollen bis zu fünf Millionen Todesfälle darauf zurückzuführen sein.

Wichtige Operationsvorbereitung

Ein einfacher Weg, die Gefahr einer Infektion zumindest zu halbieren, sind spezielle Waschungen mit einer antiseptischen Lösung drei bis fünf Tage vor einem geplanten operativen Eingriff. Diese sollen vor allem den Keim Staphylokokkus kurzfristig deutlich reduzieren, der für etwa neun von zehn Infektionen verantwortlich ist. Mit einem speziellen Duschgel wäscht man sich ab fünf Tagen vor dem Eingriff täglich, ebenso die Haare. Und man verwendet zwei- bis dreimal täglich ein spezielles Nasengel, "weil Staphylokokkus vor allem in der Nase vorkommt", erklärt Hygieneexperte Klaus.

Der in Österreich bekannteste antiseptische Wirkstoff dafür ist Octenidin, wie auch eine Umfrage unter Chirurginnen und Chirurgen bestätigt. "So eine Patientendekontamination vor einem Eingriff führt nachweislich zu wesentlich weniger Wundinfektionen und kürzeren Krankenhausaufenthalten", weiß Klaus.

Diese kurzfristige und vor allem niederschwellige Maßnahme mache vor jedem Eingriff Sinn, auch wenn es sich nur um einen kleinen Schnitt handle, sagt Klaus. Besonders wichtig sei sie vor geplanten Operationen in den Bereichen der Orthopädie, Herzchirurgie, Gefäßchirurgie, Neurochirurgie und der plastischen Chirurgie, vor allem wenn Medizinprodukte wie Gelenksprothesen, Herzschrittmacher oder auch Implantate eingesetzt werden. Denn diese können beim Kontakt mit der Haut auch bei besten Hygienemaßnahmen Keime ins Körperinnere mitnehmen.

Für das Hautmikrobiom, das ja auch für die Hautgesundheit relevant ist, stelle die kurzfristige Maßnahme kein Problem dar. Klaus betont: "Hört man mit den Waschungen auf, ist die Keimflora zwei Tage später wieder vollständig zurück." Produkte mit dem Wirkstoff Octenidin sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich, sie kosten circa 20 Euro. Manche Zusatzversicherungen übernehmen die Kosten nach ärztlicher Verschreibung. (Pia Kruckenhauser, 19.8.2022)