Das Bundesheer zeigt mit internationalen Einsätzen (hier im Kosovo), was es kann – auch wenn das in manchen Fällen der österreichischen Bevölkerung schwer zu vermitteln ist.


Bundesheer/Reich

Linz – Wenn es um himmlischen Beistand für die österreichischen Soldaten im Ausland ginge, wäre bereits ein Fürsprecher gefunden: In der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift "The Austrian Peacekeeper" wird der Heilige Philippus Benitius (1233–1285) in dieser Rolle vorgestellt.

Im irdischen Kontext ist es schwieriger: Die Bundesheer-Soldaten im Auslandseinsatz bekommen zwar hohe Anerkennung von den Militärs anderer Armeen, mit denen sie ihre friedenssichernden Aufgaben erfüllen – nicht aber von der Bevölkerung. Nur 20 Prozent der österreichischen Wahlberechtigten beurteilten bei einer Market-Umfrage im Auftrag des Verteidigungsministeriums im Juni des Vorjahres die Leistungen des Bundesheeres bei seinen Einsätzen im Ausland uneingeschränkt positiv – Tendenz über mehrere Befragungswellen: deutlich fallend.

Ausbildung in Sachen Menschenrechte

Es ist ja auch schwer zu erklären, was das Bundesheer etwa in Mali zu tun hat. In diesen Sahel-Staat hat die EU im Jahr 2013 eine Hilfsmission, die EUTM Mali, entsendet. Sie sollte das dortige Militär zu einer professionell und an den Grundsätzen der Menschenrechte orientierten Armee machen, um die vom IS bedrohte Region eines Tages selbstständig stabil halten zu können. Tatsächlich stießen die österreichischen Soldaten auf lokale Kräfte, die wenig diszipliniert waren, von teilweise inkompetenten, teilweise korrupten Vorgesetzten geführt wurden und in ein von Militärputschisten geprägtes Regime eingebettet waren. Entsprechend steil war die Lernkurve.

Die damalige Hoffnung: Wenn es gelingt, die Sahelzone mit lokalen Kräften zu stabilisieren, sinkt der Druck auf Migration nach Europa – und die Gefahr von Terrorangriffen. Tatsächlich haben die Terroraktivitäten in Mali aber kaum abgenommen. Zudem ist von einer Demokratisierung des Landes nichts zu spüren. Wieder einmal wird es von einer Militärjunta geführt. Und diese hat sich immer mehr von der EU abgewendet – vielmehr macht sich russischer Einfluss in Mali breit.

Deutsche und britische Soldaten der UNO-Mission Minusma beobachteten am Montag offenbar russische Einsatzkräfte auf dem Flughafen Gao. Es seien 20 bis 30 Personen in militärischen Uniformen, die nicht den malischen Streitkräften zuzuordnen waren, beim Entladen von Ausrüstung aus einer Transportmaschine beobachtet worden, berichtet der "Spiegel".

Außerdem seien zwei Erdkampfflugzeuge – eine EMB 314 Super Tucano und eine L39 Albatros – ausgemacht worden, schrieb das Einsatzführungskommando am Dienstag an den Verteidigungsausschuss des Bundestages.

Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hat sich bereits zurückgezogen. Die deutsche Bundeswehr, die zuletzt immer mehr Schikanen seitens der malischen Regierung ausgesetzt war, tut es ihr demnächst gleich.

Mandat bis 2024

Und Österreich? Laut Mandat ist die Mission bis 18. Mai 2024 genehmigt. Aber vor Ort ist der Ausbildungszweck kaum noch zu erreichen. Schon in der ersten Jahreshälfte (da führte der österreichische Brigadier Christian Riener mit einem 64-köpfigen Stab die damals noch 1.000 Mann starke internationale EU-Truppe) musste der Ausbildungsbetrieb für die malischen Streitkräfte eingeschränkt werden, inzwischen sind die EUTM-Soldaten vor allem mit Selbstschutz in dem zunehmend unfreundlichen Umfeld beschäftigt. 16 österreichische Soldaten sind noch Teil der Trainingsmission im Land. Und bleiben vorläufig.

Und die Frage, wie es weitergehen soll, ist offen. Denn die EU unterzieht den gesamten Mali-Einsatz (zu dem auch die größere, von Österreich aber nur mit zwei Mann beschickte Uno-Mission Minusma gehört) gerade einer "strategic review". Aufgrund unterschiedlicher Interessen vor allem der von Migration besonders betroffenen Mittelmeer-Anrainerstaaten ist auch EU-weit noch nicht klar, was in der Sahelzone künftig möglich ist.

"Zurzeit wird ein neues Missionsprofil entwickelt, wie bereits auch in der Vergangenheit von uns gefordert und auch an die derzeitige Situation angepasst. Das heißt für den Einsatz unserer österreichischen Soldaten, dass unsere Truppe nach geltendem Mandat und nach aufrechten Ministerratsbeschluss, bis die Entwicklung des Missionsprofils abgeschlossen ist in Mali verbleiben", erklärt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) dem STANDARD.

Verlässlichkeit unter Beweis stellen

Im Interesse Österreichs ist dabei nicht nur die Verringerung von Migrationsdruck und Terrorgefahr – das internationale Engagement hat nicht zuletzt den Zweck, unser Land als international verlässlichen Partner zu positionieren. Das war schon zu Beginn der internationalen Einsätze so: Ging es bei der ONUC-Mission (1960 im Kongo) zunächst nur um humanitäre Hilfe, so folgten zahlreiche Blauhelm-Missionen in Nahost (UNEF auf dem Sinai 1974, UNDOF auf den Golanhöhen 1974–2013 und UNIFIL im Libanon seit 2013) und auf Zypern (UNFICYP 1964–2001, derzeit sind noch drei Bundesheer-Angehörige auf der Insel).

Seit den 1990er-Jahren hat sich der Westbalkan als Schwerpunkt österreichischer Außen-, Wirtschafts- und Sicherheitspolitik etabliert. Teilweise stehen die Einsätze auch im Zusammenhang mit den Migrationsbewegungen: So sind fünf österreichische Militärpersonen in Rom an der EU-Operation gegen Schleuserkriminalität beteiligt. Ein Offizier ist nach Moldawien abgestellt, um die OSZE beim Sichern und Verwahren alter Waffenbestände zu unterstützen, und einer beteiligt sich in Mosambik an der EU-Mission zur Bewältigung der Krise in der Provinz Cabo Delgado. (Conrad Seidl, 16.8.2022)