Container-Flair statt Luxus-Interieur: Das Fräuleins am Donaukanal hat seit kurzem geöffnet.

Foto: Kevin Recher/Der Standard

Die Grillplätze kann man sich für mehrere Stunden online mieten.

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250 Sitzplätze umfasst das neue Lokal am Donaukanal.

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Eines hat Inhaberin Stephanie Edtstadler seit der Eröffnung von "Fräuleins fabelhafter Sommergarten" Ende Juli gelernt: Sag niemals Biergarten zu deinem Lokal. "Damit verwechseln die Leute immer das Oktoberfest." Blau-weißes Karo und Lederhosen sieht man hier am Wiener Donaukanal direkt beim Eingang des Nachbarlokals Badeschiffs nicht. Seither sagt die gebürtige Bayerin immer Gastgarten.

Grillen in der Innenstadt

Was sie eigentlich meint, ist der bayerische Usus, in einem Gastgarten zu sitzen und sich seine eigenen Speisen und Getränke mitzubringen. Der Fokus im "Fräuleins" liegt dabei auf Grillen. Vor Ort kann man sich freitags bis sonntags Elektrogriller mieten, sein eigenes Fleisch grillen oder aber auch Grillgut im Lokal kaufen.

Ein Grillticket kostet 6,50 Euro und enthält nicht nur die Miete, sondern auch diverse Gewürze und Saucen. Das Fleisch stammt von Wiesbauer Gourmet, ein Karree kostet 5,90 Euro, für Ripperln werden 11,90 Euro verlangt, und wer sich an ein Beiried wagen möchte, zahlt 29 Euro für 400 Gramm. Vegane Alternativen hat Edtstadler auch im Angebot: Es gibt Würstel und Burger. Getränke kann man ebenso mitbringen oder vor Ort bestellen, der Service kümmert sich um den Rest.

Im Gegensatz zu neuen Lokalitäten am Donaukanal besticht das "Fräuleins" durch grobschlächtige Einfachheit. Klappholzstühle, große Sonnenschirme mit Bier-Logos, etwas verloren wirkende Liegestühle in der konsumfreien Zone – es ist ein Widerspruch zur High-End-Aufmachung von "Blumenwiese", "Neni am Wasser" und Co, die den urbanen Donaukanalflair immer mehr verdrängen. Die gesamte Gastro ist in Containern untergebracht, aber nur auf Zeit, wie Edtstadler betont. "Derweil ist es sehr basic, weil alles sehr schnell stehen hat sollen." Schöner gestalten will sie, aber erst nächstes Jahr.

Überwältigende Fläche

Sechs Jahre hat es gedauert, bis der Sommergarten eröffnen konnte. 2017 hat sich Edtstadtler für die Neuausschreibung am Donaukanal beworben und – überraschend für sie – den Zuschlag bekommen. "Ich hab mir gedacht, probieren muss ich's, aber funktionieren wird es eh nicht. Da müsste man entweder eine Gastro-Größe sein oder Beziehungen haben. Und ich bin weder das eine, noch hab ich das andere." Edtstadler führt seit acht Jahren das Café Fräuleins auf der Lerchenfelder Straße im 7. Bezirk. Wie in ihrem Café will die 40-jährige Gastronomin, dass sich in der Donaukanal-Dependance von Familien über Studierende "bis hin zu den Schickimickis" alle willkommen fühlen.

Expandieren wollte sie eigentlich nicht, aber "eine Fläche am Donaukanal zu haben wäre schon cool", dachte sie sich damals. Diese hat sie bekommen, ganze 800 Quadratmeter sind jetzt ihre, 250 Sitzplätze stehen zur Verfügung. Ein gewaltiger Unterschied zu den nicht einmal 50 Quadratmetern Fläche ihres Cafés. Und manchmal auch überfordernd, wie die "Fräuleins"-Chefin zugibt. Für Grillareal, Spielplatz für Kinder und zwei konsumfreie Zonen braucht es eben auch Platz.

Spätes Opening

Rechtsstreitigkeiten und Corona haben die Eröffnung immer weiter nach hinten verschoben. Der Ukraine-Krieg und Lieferschwierigkeiten für Rohstoffe und die Stahlcontainer, in denen das "Fräuleins" provisorisch untergekommen ist, verzögerten das Aufsperren in diesem Jahr noch weiter. Ende Juli, fast schon zu spät für die Donaukanal-Saison, wurde dann mit einem "Mini-Opening" eröffnet – so mini, dass nicht einmal Freunde davon wussten. Edtstadler wollte nicht mehr auf Fehlendes warten und hat von heute auf morgen aufgesperrt. Am ersten Wochenende musste sie in Plastikbecher ausschenken, weil der Geschirrspüler noch nicht funktionierte.

Die Sonne knallt mit 34 Grad unermüdlich auf die Betonwüste Donaukanal. Eine leichte Brise macht es etwas erträglicher, noch sitzen wenige Leute im Gastgarten bei Spritzer und bayerischem Bier. Auf der anderen Seite tummeln sich am Badeschiff die Menschen im kühlen Pool, eingeölte Adonisse lassen ihre Muskeln in der Sonne gleißen, andere rubbeln ihre halbnackten Körper mit Handtüchern trocken – es ist Hochsommer pur. Das "Fräuleins" bekommt oft Gäste, die am Badeschiff keinen Platz finden, und umgekehrt, wie Edtstadler erzählt.

Zweifel am Wintergeschäft

Die Wirtin ist seit der Eröffnung mit der Auslastung zufrieden, Luft nach oben sei aber natürlich immer. Dass man in der Innenstadt grillen kann, muss sich erst herumsprechen. Mit Sorge und Zweifel schaut sie dagegen in den Winter. Wie fast alle Neuausschreibungen am Donaukanal muss auch sie das ganze Jahr offen halten, selbst in der kalten Jahreszeit.

Spruchreif sind Edtstadlers Pläne noch nicht, vorstellen kann sie sich ein kleines Winterdorf, ausgeschenkt wird Glühwein, Winter-Grillerei will sie ebenfalls anbieten – aber ohne Heizstrahler, denn warme Luft in die kalte Luft blasen findet sie unsinnig. Einen eigenen Gastraum, den man schließen und beheizen kann, ähnlich wie es "Neni am Wasser" hat, gibt es noch nicht. "Das ist sich finanziell heuer nicht ausgegangen", soll aber in den nächsten Jahren in Form einer Pergola kommen. Derweil will man den Container im Winter zumachen und ein paar Tische hineinstellen.

Wirklich überzeugt ist die "Fräuleins"-Chefin aber nicht von den Plänen – und den Vorgaben der Stadt Wien: "Es dauert ein paar Jahre, bis die Leute checken, dass man am Donaukanal auch nett Glühwein trinken kann. Er war halt nie eine Winterlocation." (Kevin Recher, 20.8.2022)