Olaf Scholz äußerte sich nicht persönlich zum Eklat.

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Berlin – Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Holocaust-Vorwurf von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gegen Israel in einem Telefonat mit dem israelischen Regierungschef Yair Lapid erneut verurteilt. Der Kanzler habe in dem Gespräch deutlich gemacht, dass Abbas' Äußerungen "für ihn persönlich und die gesamte Bundesregierung unerträglich und völlig inakzeptabel" seien, teilte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Donnerstag in Berlin mit.

Er habe auch betont, "dass er jeden Versuch, den Holocaust zu leugnen oder zu relativieren, scharf verurteilt", heißt es. Scholz selbst äußerte sich am Donnerstagmittag nach dem Gespräch mit Lapid bei einem Auftritt vor Journalisten im Kanzleramt nicht zu dem Holocaust-Eklat. Thema dieses kurzfristig angesetzten Termins war die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Erdgas. Fragen waren nicht zugelassen.

Heftige Kritik aus der Opposition

Abbas hatte Israel am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz in Berlin vielfachen "Holocaust" an den Palästinensern vorgeworfen und damit Empörung ausgelöst. "Israel hat seit 1947 bis zum heutigen Tag 50 Massaker in 50 palästinensischen Orten begangen", sagte Abbas und fügte hinzu: "50 Massaker, 50 Holocausts." Der deutsche Kanzler erwiderte darauf in der Pressekonferenz nichts und distanzierte sich erst später deutlich. Das wurde von vielen als zu spät kritisiert.

Hebestreit hat die Verantwortung dafür übernommen, dass Scholz nicht sofort reagierte. Die Pressekonferenz sei von ihm, Hebestreit, zu schnell beendet worden.

Aus der CDU kam dennoch die Forderung nach einer Entschuldigung des Kanzlers. Es sei ein Skandal, dass er nach Abbas' Äußerungen geschwiegen "und Abbas dann auch noch die Hand gereicht" habe, sagte die Vize-Vorsitzende der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe, Gitta Connemann, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das Schweigen des Kanzlers schade Deutschland außenpolitisch, "vorneweg gegenüber Israel". Der Kanzler müsse den Schaden begrenzen und sich erklären. "Und er muss sich entschuldigen."

Persönliches Treffen mit Lapid angekündigt

Das Gespräch zwischen Scholz und Lapid war nach dem Eklat im Kanzleramt vereinbart worden. Scholz habe in dem Telefonat auch betont, die Erinnerung an den Zivilisationsbruch des Holocaust wachzuhalten sei eine immerwährende Verantwortung dieser und jeder Bundesregierung, teilte Hebestreit mit. Scholz und Lapid hätten sich außerdem über die aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten ausgetauscht. Beide hätten zudem ein baldiges persönliches Treffen in Berlin vereinbart.

Auch Lapids Büro teilte mit, dass Scholz zu Beginn des Gesprächs die Äußerungen von Abbas zurückgewiesen und verurteilt habe. Scholz sei es wichtig gewesen, dies persönlich und öffentlich klarzustellen. Lapid ist selbst Sohn eines Holocaust-Überlebenden. Beide betonten nach israelischen Angaben die Bedeutung der Beziehungen zwischen Israel und Deutschland und vereinbarten, die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen fortzusetzen. (APA, 18.8.2022)