Vergorene Vogelbeeren stehen beim Gewinner in der Kategorie "Beziehungen in der Natur" farblich im Vordergrund. Sie gehören auf den Speiseplan der Seidenschwänze: Die Vögel können mehrere hundert Beeren pro Tag verzehren. Sie haben sogar eine vergrößerte Leber entwickelt, um den Alkohol beim häufigen Beerenverzehr verarbeiten zu können.

Foto: Alwin Hardenbol

Eine gute Platzierung in der Kategorie "Bedrohte Biodiversität" erzielte auch dieses Bild der Biologin Lindsey Swierk: Ein männlicher Waldfrosch klammert sich an ein Meer an Froscheiern. Viele Populationen dieser Tiere pflanzen sich nur innerhalb einer Woche im Jahr fort und produzieren dabei große Mengen an Laich. Die Eier werden meist in kleinen Tümpeln abgelegt, die nur kurzfristig Wasser führen. So wird der Nachwuchs nicht von Fischen gefressen. Doch wenn die seichten Gewässer austrocknen, bevor sich die Eier zu Kaulquappen und dann zu winzigen Fröschen weiterentwickeln konnten, stirbt die Brut.

Foto: Lindsey Swierk

Besonders gut kam in diesem Jahr ein makabres Motiv an. Den Fotowettbewerb gewann dieses Bild einer Fliege, die von einem parasitären Pilz befallen ist. Seine Fruchtkörper haben den Körper des Insekts durchbrochen.

Das Foto wurde im Tambopata-Nationalreservat in Peru aufgenommen. "Die Sporen des sogenannten 'Zombie'-Pilzes haben das Exoskelett und den Verstand der Fliege infiltriert und sie gezwungen, sich an einen Ort zu begeben, der besser für das Pilzwachstum ist", sagt Fotograf Roberto García-Roa von der Universität Valencia (Spanien). "Die Fruchtkörper sind dann aus der Fliege herausgewachsen und werden abgeworfen, um weitere Opfer zu infizieren."

Das beeindruckte die Jury der Fachzeitschrift: Das Bild sei "wie aus einem Science-Fiction-Film", sagt Christy Anna Hipsley, die der Chefredaktion angehört. "Es veranschaulicht gleichzeitig Leben und Tod, da der Tod der Fliege dem Pilz das Leben ermöglicht."

Foto: Roberto García-Roa

Leben und Tod sind auch das Thema dieses Fotos, das in der Kategorie "Beziehungen in der Natur" den zweiten Platz belegte. Die Fledermaus konnte den Paarungsruf des Frosches wahrnehmen – und sich so das Abendessen sichern.

Foto: Alexander T. Baugh

Zu den Gewinnerbildern gehört auch dieses Foto von der Biologin und Fotografin Samantha Kreling im Mapungubwe-Nationalpark in Südafrika. Die Schwarzweißaufnahme einer Gruppe Elefanten im Schatten eines riesigen Affenbrotbaums (Baobab) zeigt eine Problematik, die immer häufigere Dürren verursachen. Forschende veröffentlichten kürzlich eine Studie darüber, dass der Klimawandel in Kenia bereits mehr Elefanten tötet als Wilderei.

Zu erkennen ist, dass die Elefanten die Rinde des Baumes auf der Suche nach Wasser abgezogen haben: "Baobab-Bäume können mehr als 2000 Jahre alt werden und speichern bei Knappheit Wasser in ihren fassartigen Stämmen", sagt Kreling. Normalerweise können die Bäume Verletzungen wie bei der abgezogenen Rinde schnell selbst heilen. Doch das Ausmaß dieses Schadens sei größer, als Baobabs bei den klimawandelbedingt steigenden Temperaturen aushalten können, erklärt die Forscherin: "Das Foto unterstreicht die Notwendigkeit von Maßnahmen, um den dauerhaften Verlust dieser ikonischen Bäume zu verhindern."

Foto: Samantha Kreling

"Leben in Nahaufnahme" heißt die Kategorie, in der das hier gezeigte Foto den ersten Platz gewann. Zu sehen sind heranwachsende Kaulquappen einer Laubfroschart, die in Zentralamerika vorkommt. Die Eier werden in der Regenzeit teils auf der Oberseite von Blättern abgelegt, die über kleine Tümpel und mit Wasser gefüllte Ausbuchtungen in Baumstämmen hängen. Wenn die Kaulquappen nach sechs Tagen schlüpfen, fallen sie in das darunterliegende Wasser.

Foto: Brandon André Güell

Nicht nur Amphibien haben beim diesjährigen Wettbewerb als Fotomodelle offensichtlich gut abgeschnitten. Unter Wasser macht ihnen in dieser Hinsicht etwa diese Anolis-Echse Konkurrenz, die den zweiten Platz in der Nahaufnahmen-Kategorie belegte. Sie benutzt eine Luftblase, um auch unter der Wasseroberfläche atmen zu können.

Foto: Lindsey Swierk

Lobend erwähnt wurde dieser Beitrag des deutschen Ökologen Julian Schrader, der biolumineszierende Pilze im Regenwald von Borneo zeigt.

Foto: Julian Schrader

Von der Jury hervorgehoben wurde zudem ein Foto der Küstenforscherin Letizia Campioni. Zu sehen ist das beleuchtete Ei eines Bermuda-Sturmvogels. Die Tiere sind nachtaktiv und werden daher auch bei Nacht von Forschenden beobachtet. Sie zählen zu den seltensten Vögeln der Welt, ihr Bestand wurde in der Vergangenheit immer wieder geschädigt – von hungrigen Menschen, eingeschleppten Ratten, konkurrierenden Vögeln und Hurrikans. Insektengifte wie DDT sorgten dafür, dass viele Eier unfruchtbar wurden.

Foto: Letizia Campioni

Auch dieses eindrucksvolle Bild veranschaulicht bedrohte Fauna an den Küsten der Erde. Man blickt auf den Magen eines Meeresvogels, in dem sich zahlreiche Plastikteile angesammelt haben.

Foto: Marine Cusa

Gewinner in der Kategorie "Forschung in Aktion" ist ein Foto, das zwei Forschende der Staatlichen Universität von Rio de Janeiro (Brasilien) zeigt. Auf einem der Höhepunkte der Covid-19-Pandemie widmeten sie sich der Feldforschung und trotzten stürmischem Wetter. Vielleicht konnten sie dabei auch die leuchtenden Sterne am Nachthimmel genießen.

Fotograf Jeferson Ribeiro Amaral von der US-amerikanischen Cornell-Universität zufolge stehen die beiden stellvertretend für viele andere, die während der Pandemie Einsatz zeigten und dazu beitrugen, dass wir die Welt besser verstehen. Sie wollen herausfinden, ob einzeln stehende Bäume negative Umwelteinflüsse von Menschen zumindest teilweise abfangen können – etwa, indem sie mehr Tieren Lebensraum bieten und Nährstoffkreisläufe in Teichen verbessern.

Foto: Jeferson Ribeiro Amaral

Auf Platz zwei landete in dieser Kategorie ein weiteres Bild von Brandon André Güell, der schon mit den sich entwickelnden Kaulquappen in Nahaufnahme einen Preis einheimste. Es zeigt den Forscher und Fotografen bei der Arbeit – umgeben von tausenden Laubfröschen, die sich gerade paaren und umeinander buhlen.

Bereits zum zweiten Mal wurden 2022 vom biologischen Fachmagazin "BMC Ecology and Evolution" die bestechendsten Naturfotografien von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern ausgewählt, um die Schnittstelle zwischen Forschung und Kunst zu feiern. Jury und Publikum sind bereits gespannt auf neue faszinierende Bilder im kommenden Jahr. (Julia Sica, 21.8.2022)

Foto: Brandon André Güell