Die britische Innenministerin Priti Patel gilt als Hardlinerin, wenn es um die Unterwanderung von Messenger-Verschlüsselung geht.

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Die geplante Einführung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung beim Facebook Messenger mag Privacy-Verfechter weltweit erfreuen, in der Politik ist die Reaktion weniger begeistert. Die britische Innenministerin Priti Patel wirft dem Unternehmen in einem Kommentar für das konservative Blatt "The Telegraph" nun gar wörtlich einen "grotesken Verrat" vor.

Sicherheit?

Es könne nicht sein, dass Meta bei einer weiteren Plattform Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einführe, ohne sich dabei Gedanken über die Sicherheit von Kindern zu machen. Was Patel damit meint: Sowohl in der EU als auch in Großbritannien ist in den vergangenen Monaten eine Debatte über Hintertüren für verschlüsselte Messenger entbrannt.

Die bei Whatsapp, Signal und Co bereits eingesetzte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung würde nämlich Behörden effektiv aussperren, was wiederum jenen helfe, die Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder verbreiten wollen. Also sollen künftig über fixe Schnittstellen sämtliche über so einen Messenger verschickte Bilder mit einer Datenbank voller digitaler Fingerabdrücke von einschlägigem Material abgeglichen werden – und im Fall des Falles eine Meldung an die Behörden erfolgen.

Einigkeit

Dieses "Client Side Scanning" genannte Verfahren soll direkt am Smartphone vorgenommen werden, womit die Erfinder solcher Verfahren Privacy-Probleme ausgeräumt sehen. So haben sich etwa das britische National Cyber Security Centre (NCSC) sowie der Geheimdienst GCHQ unlängst für diesen Ansatz ausgesprochen. Das eint sie mit iPhone-Hersteller Apple, wo man ein sehr ähnliches System bereits im Vorjahr präsentiert, aber nach massiver öffentlicher Kritik vorerst auf Eis gelegt hat.

Kritik

Bei anderen ist die Begeisterung nicht gar so groß. Bürgerrechtsorganisationen verweisen etwa darauf, dass die damit geschaffene technische Infrastruktur auch für Scans nach beliebigen Materialien eingesetzt werden könnte – womit die Grundlage für eine Totalüberwachung der Kommunikation gesetzt wäre.

Zudem könnten solche Systeme auch nicht fehlerfrei arbeiten, womit unschuldige Personen ins Visier der Behörden kommen könnten. Derzeit macht etwa das Beispiel eines Vaters die Runde, der Fotos vom Genitalbereich seines Kindes an einen Arzt schickte und dafür nicht nur von Google gesperrt wurde, sondern auch mit der Polizei Schwierigkeiten bekam.

Was ändert sich?

Bislang erfolgt die Kommunikation beim Facebook Messenger – zumindest von Haus aus – nicht Ende-zu-Ende-verschlüsselt, was ihn vom hauseigenen Konkurrenten Whatsapp unterscheidet. Das heißt aber auch, dass der Hersteller selbst Einblick in die Kommunikation bei Facebook Messenger nehmen kann. Wie viele andere Anbieter nutzt Meta diese Position, um die Inhalte nach CSAM zu durchsuchen – also "Child and Sex Abuse Material". Das wäre mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht mehr möglich.

Meta hat unlängst die ersten Tests für die Aktivierung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Facebook Messenger angekündigt. Die breite Masse an Usern soll im kommenden Jahr auf das neue System umgestellt werden, das die Privatsphäre der Chats besser schützen soll.

Unsicherer Ausblick

Doch zurück nach Großbritannien, denn wie es dort weitergeht, ist längst nicht gesagt. Nach der Ankündigung des Rücktritts von Premierminister Boris Johnsons ist derzeit unklar, wie es mit dem Entwurf für jene "Online Safety Bill", in deren Rahmen Messenger-Anbieter zu solchen Scans verpflichtet werden hätten sollen, weitergeht. (apo, 22.8.2022)