Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern hat Österreich die Emissionen im Verkehrsbereich seit den 1990ern nicht gesenkt – im Gegenteil, sie sind sogar deutlich gestiegen.
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Ein Viertel der globalen Treibhausgas-Emissionen entsteht im Verkehrsbereich. Doch vor allem im Straßenverkehr ist die Klimapolitik bislang wenig erfolgreich gewesen. Gerade in Österreich sind die Emissionen in diesem Bereich seit den 1990ern sogar gestiegen, obwohl eine drastische Reduktion dringend notwendig wäre, um die Pariser Klimaziele einzuhalten.

Wie schlecht Österreich in der Klimapolitik im Verkehrsbereich abschneidet, geht nun aus einer internationalen Studie hervor, die am Montagnachmittag im Fachblatt "Nature Energy" erschienen ist. Demnach hat Österreich im Studienzeitraum von 1995 bis 2018 "keine einzige wirkungsvolle Maßnahme im Verkehrsbereich umgesetzt", wie Studienkoautor Moritz Schwarz von der Universität Oxford betont. In einigen anderen EU-Ländern ist es im Vergleichszeitraum gelungen, Emissionsreduktionen im Verkehr von acht bis sogar 26 Prozent zu erzielen.

Konkret untersuchten die Forscher der Universität Oxford, der University of Victoria und des Berliner Mercator Research Institute die Emissionen des Straßenverkehrs von 1995 bis 2018 in 15 Ländern – die EU-Länder vor der Ost-Erweiterung inklusive Großbritannien.

Mittels Methoden des maschinellen Lernens wurde in diesen Daten nach Emissionseinbrüchen gefahndet, die keine Folge der Wirtschaftslage waren, und mit einzelnen oder mehreren klimapolitischen Maßnahmen in Verbindung gesetzt.

Zehn effektive Maßnahmen

Dabei identifizierten die Forscher 345 Ansätze, darunter haben sich aber "nur zehn Beispiele für erfolgreiche Klimapolitik im Straßenverkehr gefunden", sagt Nicolas Koch vom Mercator Research Institute, der Erstautor der Studie.

Bei genauerer Analyse dieser Best-Practice-Beispiele zeigten sich mehrere Parallelen: "Alle zehn Fälle stehen in Verbindung mit mindestens einer Maßnahme, die die Kosten des Autofahrens erhöht hat – in der Regel über höhere Spritpreise durch CO2-Bepreisung, manchmal auch über Energiesteuern oder Mautgebühren", sagt Koch. "Zudem setzte die Politik in fast allen Fällen Anreize, emissionsfreie oder -ärmere Fahrzeuge zu kaufen."

Die zehn ermittelten Strategien zur Emissionsminderungen deuten auf ein erhebliches Potenzial bestimmter Lenkungseffekte im Verkehr hin. Am größten war die relative Reduktion in Luxemburg, wo der Staat mit einer Kombination aus höheren Spritpreisen und Bonus-Malus-Regelungen beim Fahrzeugkauf die Emissionen ab dem Jahr 2015 um 26 Prozent senken konnte. Es folgten Finnland (um 17 Prozent ab dem Jahr 2000), Irland (um 13 Prozent ab 2011) und Schweden (um elf Prozent ab 2001); auch Dänemark und Portugal verzeichneten mit dieser Kombination Erfolge.

Richtige Schritte, trotzdem kein Effekt

Vergleicht man die österreichische Verkehrspolitik mit jener anderer untersuchter Länder, zeigt sich im Studienzeitraum, dass hierzulande durchaus Maßnahmen gesetzt wurden, die in anderen Ländern zum Erfolg führten – in Österreich blieb der gewünschte Effekt aber aus. Das gilt etwa für die Lkw-Maut oder die Besteuerung von Treibstoff.

Als Grund dafür nennt Schwarz, dass verkehrspolitische Maßnahmen als Bündel gesehen werden müssten. "Wenn ich einerseits eine Lkw-Maut einführe, aber im Europavergleich einen sehr niedrigen Dieselpreis habe, wirkt sich die Maut nicht auf die Emissionen aus", sagt Schwarz. "In anderen Ländern hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass Regierungen ein langfristiges Signal setzen, was sie in der Verkehrspolitik erreichen wollen, damit sich Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen darauf einstellen können."

Weniger Verkehrstote und CO2-Reduktion

Für die Effekte einer Geschwindigkeitsreduktion, wie sie derzeit in mehreren Ländern diskutiert wird, konnte das Forschungsteam keine umfassenden Daten sammeln, da so eine Maßnahme in der Vergangenheit kaum umgesetzt worden ist. Vom physikalischen Standpunkt her ist für Schwarz allerdings unumstritten, dass eine Geschwindigkeitsbeschränkung sowohl zu weniger Verkehrstoten als auch zu einer CO2-Reduktion führen würde.

Für die Zukunft empfiehlt das Forschungsteam eine steigende CO2-Bepreisung im Straßenverkehr, flankiert von einem ambitionierten Bonus-Malus-System: moderate Zuschüsse für E-Autos und stark gespreizte Kfz-Steuersätze für Verbrennerfahrzeuge. (Tanja Traxler, 22.8.2022)