Zwei Milchtanker stehen im Zentrum von Langen. Gefüllt sind sie mit 30.000 Liter Brauchwasser – für die Feuerwehr.

Foto: Elisa Tomaselli

Es war ein Regen, den das Ländle zuvor noch nicht gesehen hat: Allein in Bregenz fielen am Freitag 200 Liter pro Quadratmeter. Murenabgänge, überflutete Keller, Unterführungen und ein gesperrter Autobahnabschnitt im Rheintal waren die Folgen – und machten 1.300 Feuerwehreinsätze nötig. Nach 24 Stunden stellte sich der Niederschlag ein, verletzt wurde niemand. Es gab aber auch ein Dorf, das an diesem Freitag aufatmen konnte. "Endlich kriegen die Gärten wieder Wasser", freute sich der Bürgermeister von Langen, Josef Kirchmann (ÖVP), am Telefon. Das Wasserproblem in seiner Gemeinde scheint zumindest vorerst gelöst zu sein. Zwei Tage zuvor, als ihn DER STANDARD in Langen bei Bregenz besuchte, sah die Lage noch anders aus.

Koordinationstreffen, Krisensitzungen und stündlich eintrudelnde Redakteure und Kameraleute, die sich ein Bild der Lage machen – und kurz in die Gärten der Einheimischen spähen wollen –, ließen Kirchmann am Mittwoch von einem Termin zum nächsten hetzen. "Ich fühle mich wie in Trance", sagte der Bürgermeister. Der Grund dafür war das Trinkwasser, das den Langenern ausging.

Wasser als Luxus

Vergangene Woche bekamen das die ersten Haushalte zu spüren: Während es in manchen Häusern aus Wasserhähnen nur noch rauströpfelte, floss bei anderen vorübergehend gar nichts mehr. Die beschauliche 1.500-Einwohner-Gemeinde, zehn Kilometer von Bregenz entfernt, saß plötzlich auf dem Trockenen; und das in einer Region, die im Gegensatz zu Ostösterreich nicht gerade für Wasserknappheit bekannt ist. Innerhalb eines Tages bekamen die Menschen die Folgen der anhaltenden Dürre hautnah zu spüren.

Am Mittwoch war bei der Inspektion des Bürgermeisters nur wenig Wasser im Quellschacht – seit Freitag sei dieser nun wieder gefüllt.
Foto: Elisa Tomaselli

Das, was für die meisten zuvor selbstverständlich war, wurde plötzlich zum verbotenen Luxus: "Rasen gießen, Pools füllen, Vorplätze reinigen, Auto waschen sind bis auf Weiteres strengstens untersagt", hieß es auf der Website der Gemeinde. Einzig für die "kleine Körperpflege" und als "Trinkwasser für Mensch und Tier" durfte das verbliebene Wasser verwendet werden. Um diese Grundbedürfnisse überhaupt noch abdecken zu können, musste die Gemeinde rasch Wasser besorgen.

Und das erhielt Langen von den umliegenden Dörfern, zunächst im Tankwagen von Sulzberg-Thal. Und dann über eine überirdische Leitung, die sich den Waldweg nach Eichenberg zum rettenden Hydranten entlangschlängelt. 30 Feuerwehrleute hatten die 2.500 Meter lange Wasserleitung in der Nacht binnen weniger Stunden verlegt, erzählt Kirchmann, während sein Pkw über die Straße ruckelt. "Net an d’ Leitung anepinkla!", ruft er einem Hund zu, der sich gerade an ebendieser erleichtert. Bis Freitag wurde über diese Leitung ein Liter pro Sekunde nach Langen eingespeist, ehe die Menge wieder gedrosselt werden konnte.

Fehlende Wasserpumpe

Eine Wasserpumpe hätte der Gemeinde das ersparen können. Diese könnte vier Liter von der wasserreichen Ortschaft Fluh und im Herbst 2022 von Bregenz im Rahmen des Notverbunds zuspeisen. Seit Mai wartet Langen aber wegen Lieferschwierigkeiten auf diese Pumpe. Am Freitag, als der Spuk vorbei war, kam sie an. Zu spät will der Bürgermeister dennoch nicht reagiert haben. "Bislang mussten wir nie auf Reserven zurückgreifen", sagt er, daher sei die Verzögerung zunächst auch nicht dramatisch gewesen. Vor ein paar Wochen änderte sich die Lage: Der Zulauf der beiden Hauptquellen, die Langen mit Trinkwasser versorgen, wurde immer geringer. Die anhaltende Trockenheit in der Region führte dazu, dass sie nur noch die Hälfte der üblichen Wassermenge lieferten.

Der rettende Hydrant in der Ortschaft Eichenberg. Von dort lief bis Freitag ein Liter pro Sekunde über eine 2,5 Kilometer lange Wasserleitungen nach Langen.
Foto: Elisa Tomaselli

Dass der Wasserengpass nun eintrat, kam für eine Langenerin, die mit ihrer Tochter im Garten sitzt, nicht überraschend – nicht zuletzt, weil ihr Mann bei der Feuerwehr aktiv ist. Den eigenen Wasserverbrauch zu drosseln sei für sie aber kein Problem. "Wir sind so erzogen worden, dass wir sehr sparsam mit Wasser umgehen", sagt die Frau. Dass sie nur ein kleines Hochbeet hat, spiele ihr dabei auch in die Hände. Aber auch diejenigen mit Pools hätten kreative Lösungen parat gehabt. Eine Bekannte hätte prompt das Poolwasser abgeschöpft, um es für die Toilettenspülung verwenden zu können, erzählt sie.

A'zapft war's

Gerade die Poolbesitzer waren es, die vergangene Woche ins Zentrum der Wasserdebatte rückten. "Natürlich gibt es diesen Boom, aber der ist nicht größer als in anderen Ortschaften", streitet Kirchmann einen besonderen Hang zu Swimmingpools in Langen ab. Doch auch ihn wurmt eine Frage: Wie konnte es neben dem geringen Zulauf in der Nacht auf Montag zu Spitzenabflusswerten kommen? Zwölf Liter pro Sekunde flossen um drei Uhr nachts, normal wären zwei Liter. "Ich möchte wirklich niemanden verdächtigen", aber bei so einer Menge dürfte sich wer an einem Hydranten bedient haben, glaubt er. Poolbesitzern hätte man davor ob der heiklen Lage jedenfalls kein Wasser mehr zur Verfügung gestellt. Deshalb fänden nun "Eruierungen" dazu statt.

Entwarnung gab es jedenfalls zum Wochenende: Die Behälter seien nun wieder gefüllt, 80 Kubikmeter pro Tag hatte die Bevölkerung eingespart. Die Bitte, sich einzuschränken, bleibt dennoch aufrecht. Dass die Bevölkerung nach so einem Ereignis achtsamer wird, davon ist Kirchmann überzeugt. Dem widerspricht eine Fußgängerin, der Langen zu klein ist, als dass sie ihren Namen in der Zeitung lesen will. Den Leuten gehe es immer noch zu gut, um den Klimawandel wirklich ernst zu nehmen. "Da müsste schon mehr passieren." (Elisa Tomaselli, 22.8.2022)