Charlie Crist will "keinen Bully, der uns spaltet". Damit ist natürlich Ron DeSantis gemeint.

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Er gilt als "neuer Trump", als "Trump mit Gehirn", als Shootingstar der Republikaner: Ron DeSantis ist schon seit geraumer Zeit in aller Munde, wenn es um kommende Machtkämpfe um Topposten in den USA geht. Dem republikanischen Gouverneur von Florida wird nachgesagt, 2024 bei den Präsidentschaftswahlen antreten zu wollen. Und mit seinen 43 Jahren sei er genauso schlagfertig wie Trump, aber jünger; ebenso provokant in seinen Aussagen, aber geschickter. Als Rockstar der Konservativen, der mit ultrakonservativen Ideen aufhorchen lässt, gilt er als neuer Stern am Himmel der Republikaner.

Zuvor, nämlich diesen November, finden in den USA aber noch die bedeutenden Zwischenwahlen statt, die sogenannten Midterms. Da muss DeSantis seinen Gouverneursposten verteidigen. Die Demokraten hoffen ihrerseits, dem Shootingstar ebenda die Segeln aus dem Wind nehmen zu können. Am Dienstag fiel die Entscheidung, auf wen dieser Job fällt: In demokratischen Vorwahlen machte der Kongressabgeordnete Charlie Crist das Rennen gegen die Landwirtschaftskommissarin von Florida, Nikki Fried. Bei fast 80 Prozent ausgezählten Stimmen lag er am Mittwoch mit 60 Prozent gegen 35 Prozent der Wählerstimmen klar vorn.

Bei den Midterms am 8. November wird ein Großteil des Zwei-Kammern-Kongresses neu gewählt. Alle Sitze im Repräsentantenhaus und etwa ein Drittel der Sitze im Senat stehen zur Wahl. Dabei geht es vorrangig um die Frage, ob die Demokraten von Präsident Joe Biden die Mehrheit halten können. Ihnen droht vor allem im Repräsentantenhaus der Verlust der Mehrheit. Damit könnten die Republikaner Bidens Gesetze blockieren. Außerdem werden einige Gouverneursposten neu vergeben.

Wechselkandidat Crist

Florida gilt als einer der besonders wichtigen Swing-States, also jener Bundesstaaten, die traditionell weder sichere Gewinne für die Demokraten noch für die Republikaner bedeuten. Auch der 66-jährige Crist selbst gehörte früher der Republikanischen Partei an: Von 2007 bis 2011 war er selbst republikanischer Gouverneur Floridas. 2012 wechselte er zu den Demokraten. Im aktuellen Wahlkampf hat er sich als einer positioniert, der die polarisierte Bevölkerung der USA einen könne.

In einer Rede nach der Vorwahl sagte Crist, dass die Menschen in Florida mit der Wahl gezeigt hätten, was sie wollen: jemanden, der "echte Probleme lösen" und "unsere Freiheit erhalten" würde. Sie wollten "keinen Bully, der uns spaltet".

Ron DeSantis (im Bild) liegt in Umfragen aktuell etwas vor Crist.
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Der Bully, der spaltet – das ist klarerweise DeSantis. Der 43-Jährige vertritt ultrakonservative Positionen, reglementierte etwa den Aufklärungsunterricht mit strengen Gesetzen und ist entschiedener Gegner verschiedener Corona-Maßnahmen wie etwa von Masken oder Impfungen. Dementsprechend ließ er selbst von Miami aus wissen: "Wir werden uns nie einer Woke-Agenda ergeben." Florida sei ein Bundesstaat, in dem "Woke" sterben würde. Laut Meinungsumfragen liegt Crist aktuell um wenige Prozentpunkte hinter DeSantis.

Abtreibung zieht als Wahlkampfthema

In New York kam es außerdem im 19. Wahlbezirk zu einem spannenden Rennen in einer Kongressnachwahl: Denn dieser Bezirk kennt ebenfalls keine klare parteipolitische Zugehörigkeit, das Wahlverhalten gilt somit als wichtiger Stimmungstest. 2012 gewann dort Barack Obama, 2016 Donald Trump und 2020 Joe Biden. Bei einer Nachwahl zu einem Kongresssitz am Dienstag konnte der Demokrat Pat Ryan den Sieg für sich erringen, allerdings stach er seinen republikanischen Konkurrenten Marc Molinaro nur sehr knapp aus. Ryan warb dezidiert mit dem Abtreibungsthema und der Zukunft der Demokratie. Seitdem das US-Höchstgericht das Recht auf Abtreibung in den USA gekippt hat, gehört es zu den heißesten Themen im Wahlkampf.

Wenige Monate vor den Midterms unterstützen einer Umfrage zufolge wieder mehr Bürger die Politik von Präsident Biden. Einer Reuters/Ipsos-Erhebung vom Dienstag zufolge liegt sein Zustimmungswert bei 41 Prozent. Es ist das erste Mal seit Anfang Juni, dass der Wert über die Marke von 40 Prozent steigt. Bidens Demokraten haben zuletzt im Kongress Reformen durchsetzen können. Zudem gibt es Anzeichen für ein Nachlassen der Inflation, etwa einen Rückgang des Benzinpreises. (saw, Reuters, 24.8.2022)