Das Unternehmen Newsguard bewertet die Glaubwürdigkeit und Transparenz von Nachrichten-Websites und startet ab sofort in Österreich. Bürgerinnen sollen dabei unterstützt werden, vertrauenswürdige Information von Desinformation zu unterscheiden. Anhand von neun journalistischen Kriterien erhält jede überprüfte Website eine Punktzahl von 0 bis 100, eine rote oder grüne Bewertung und eine detaillierte Erläuterung in Form eines "Mediensteckbriefs". Die Kriterien beinhalten unter anderem, ob eine Website wiederholt Falschinformationen veröffentlicht oder ob sie irreführende Überschriften vermeidet.

Websites werden damit nicht zensiert, das Ziel sei es, "Quellen von Desinformation im Internet transparent" zu machen. Das Programm selbst ist im Prinzip eine Browser-Erweiterung, die beim Surfen im Internet die Website-Ratings von Newsguard anzeigt. Zu Beginn sollen die Websites erfasst werden, die für 90 Prozent der Social-Media-Interaktionen in Österreich verantwortlich sind. Zum Vergleich: In den USA haben 40 Prozent der von Newsguard eingestuften Websites ein rotes Rating erhalten.

Einige Nachrichten-Seiten in Österreich wurden bereits bewertet. So erhält die Website des STANDARD 100 von 100 Punkten. Die Online-Auftritte der Tagezeitungen "Presse" und "Heute" genauso wie orf.at 95 von 100 Punkten.

"Bibliothekar für das Internet"

US-Medienunternehmer Steven Brill und der ehemalige "Wall Street Journal"-Verleger Gordon Crovitz gründeten Newsguard 2018. In einem CNN-Bericht bezeichnete Crovitz ihre Idee als einen "Bibliothekar für das Internet", der die Verlässlichkeit, den Hintergrund und die Vertrauenswürdigkeit von Nachrichtenseiten abwägt. Ihr Ratingsystem vergleichen sie mit einem "Nutrition Label" für Lebensmittel, durch das die Nährwerte von Lebensmitteln auf den ersten Blick erkennbar sind. Sie verlassen sich dabei auf "menschliche Intelligenz", Analysten und Analystinnen arbeiten an den Bewertungen. Auch das Feedback der jeweiligen Websites wird eingearbeitet, sollte sich jemand falsch bewertet fühlen. Mehr als 1.600 Seiten hätten ihre Praktiken nach der Bewertung durch Newsguard bereits verbessert.

Kaltenbrunner als Berater

Nach Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Kanada und den USA startet das Programm nun auch in Österreich. Medienexperte und Politikwissenschafter Andy Kaltenbrunner ist neues Mitglied des internationalen Beirats und wird Senior Advisor für Österreich von Newsguard. Er freut sich über den Start, gerade hierzulande würden wir "aktuell eine eklatante Glaubwürdigkeitskrise des Journalismus" erleben. Die Analysen würden eine Hilfe bei der "Orientierung in einer komplexen Kommunikationswelt" bieten und gegen die "weitere Erosion des Vertrauens in unabhängigen Journalismus" wirken.

Kostenpflichtige Browser-Erweiterung

Das Angebot ist kostenpflichtig und kann als Browser-Erweiterung auf Chrome, Firefox und Safari für 4,95 Euro pro Monat abonniert werden. In Österreich arbeitet man mit A1 zusammen, A1-Nutzerinnen zahlen nur 1,10 Euro pro Monat.

Microsoft setzt bereits auf das Programm, durch eine Lizenzvereinbarung können Nutzerinnen des Edge-Browsers Newsguard kostenlos nutzen. Auch für österreichische Bibliotheken wird das Programm im Rahmen eines Partnerschaftsprogramms zur Förderung von Medienkompetenz kostenlos zur Verfügung gestellt.

Auch für Werbekunden

Werbetreibende Unternehmen, Werbeagenturen und Ad-Tech-Firmen können Newsguard-Produkte ebenfalls nutzen, um Werbeanzeigen in "unzuverlässigen Websites" zu vermeiden. Werbekampagnen sollen so ihre Zielgruppen erweitern und "hochwertige Nachrichtenmedien" gleichzeitig neue Einnahmequellen erhalten. (awe, 25.8.2022)