Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) forderte von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) mehr Polizei für Wien. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) betonte die Kooperation mit Wien im Bereich der Polizeiarbeit, die "auf Zuruf" funktioniere.

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Die Eröffnungsfeier war etwas gewöhnungsbedürftig. Da nahmen eine Polizeiseelsorgerin und ein Polizeiseelsorger mit bedächtigen Worten gerade die Segnung des neuen Gebäudes vor. Und im Hintergrund waren just in diesen Minuten die meisten Schussgeräusche zu vernehmen. Darauf wurden die Anwesenden aber von der Polizei vorbereitet: Immerhin ist die Anlage in Wien-Süßenbrunn bereits seit dem Frühjahr im Testbetrieb.

Im letzten Winkel Wiens im Nordosten der Hauptstadt, wo es schon viel mehr nach Land als nach Stadt aussieht, wurde das nach Eigenangaben der Exekutive größte Polizeieinsatztrainingszentrum (ETZ) Mitteleuropas errichtet. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach bei der Eröffnung am Mittwoch gar von der modernsten derartigen Einrichtung in Europa.

Die Investitionskosten für das Polizeieinsatztrainingszentrum betrugen 34 Millionen Euro.
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34 Millionen Euro Investitionen

Die bestehende Schießstätte wurde teils abgerissen und durch ganzjährig nutzbare Indoor-Schießanlagen sowie Trainingsräume ersetzt. Hier können verschiedene Einsatzszenarien – auch in abdunkelbaren Stiegenhäusern oder auf außenliegenden Übungsplätzen – geprobt und Einsatztaktiken besprochen werden. Insgesamt gibt es sechs sogenannte Raumschießanlagen sowie drei Langwaffenstände. Vom offenen Obergeschoß des langgezogenen Gebäudes aus können Ausbildner die Übungseinsätze im Erdgeschoß beobachten und analysieren. Dazu kommen weitere Übungs-, Büro- und Verwaltungsräume.

Bei der Eröffnung wurden Übungsszenarien gezeigt: Hier "verhaftete" die Wega ein Mitglied eines Drogenrings.
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Der Betrieb ist – verglichen mit der offenen Schießstätte davor – nach Angaben der Polizei lärmreduziert. Bis Dezember 2022 soll aber noch eine 100-Meter-Schießanlage im Freien dazukommen. Insgesamt betrugen die Investitionen 34 Millionen Euro, umgesetzt wurde das Projekt von der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG).

Auch Polizeihunde kamen bei den Übungsszenarien zum Einsatz.
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Innenminister Karner sprach im Bereich der Exekutive von großen Herausforderungen, die zu bewältigen seien. Im Bereich Extremismus gebe es "latente Gefährdungen", dazu kämen Cyber- sowie Schlepperkriminalität. Vor allem bei Letzterem sei Österreich "in diesen Tagen und Wochen gefordert".

Ludwig: "Wien benötigt mehr Polizeikräfte"

Wiens Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ) meinte: "Sicherheit ist ein Menschenrecht." Sicherheit sei auch wichtig für die hohe Lebensqualität in Wien. Ludwig nützte die Eröffnung auch, um Innenminister Karner direkt zu adressieren: Um die Lebensqualität aufrechtzuerhalten, benötige Wien mehr Polizeikräfte. Nur 25 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ganz Österreich seien in Wien tätig, sie müssten aber "60 Prozent der Aktivitäten abdecken".

Zudem würden geburtenstarke Jahrgänge nun in die Pensionsjahre kommen. Daher gelte es, mehr Polizistinnen und Polizisten nach Wien zu bekommen. In diesem Zusammenhang würde die Wiener Polizei mit der Stadt auch gemeinsame Rekrutierungsmaßnahmen setzen, "die wir jetzt starten", sagte Ludwig.

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) betonte, dass die Zusammenarbeit mit Wien im Bereich der Exekutive "auf Zuruf" funktioniere. Österreich gehöre "zu den sichersten Regionen der Welt". Dennoch gebe es aktuell "die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg" zu bewältigen.

Das Land Niederösterreich werde die Polizeianlage in Süßenbrunn zu einem Sechstel mitbenützen, sagte Wiens Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl. Mit der Inbetriebnahme des neuen ETZ seien andere Anlagen bereits aufgelassen worden. "Weitere werden noch folgen." In Süßenbrunn werde jedenfalls "bundesländerübergreifend zusammengearbeitet", sagte Pürstl, der betonte, dass es "eine Polizei" gebe. (David Krutzler, 24.8.2022)