Im Gastblog schreibt der Forscher und Generalsekretär der Sinnbildungsstiftung Fabian Scholda über Pilotprojekte, in denen private und öffentliche Ressourcen zum Zweck der Bildung gebündelt werden.

Manche waren überrascht, andere fühlten sich wohl in ihrem Verdacht bestätigt, als eine ehemalige Mitarbeiterin des Unicorn Ende Juni erzählte, dass dem Nachhilfe-Start-up Go Student wenig am Lernerfolg der Nutzer und Nutzerinnen liege.

Auf der Website gibt Go Student an, Kindern dabei helfen zu wollen, die Schulnoten nachhaltig zu verbessern. Teil des Konzepts ist dabei das Erstellen eines Lernprofils, das Schüler und Schülerinnen mit der idealen Lehrperson verbinden soll. In Pitches soll davon gesprochen worden sein, dass Go Student noch größer dachte – man wolle die Bildung revolutionieren. Ein hehres Ziel, wenn auch ein lobenswertes. Denn dass unsere Bildung Veränderung braucht, darüber sind sich wohl alle Stakeholder, inklusive Politik und Verwaltung, einig. Ob ein kapitalgetriebenes Start-up, dessen Erfolgsbewertung allein in Euro gemessen wird, dafür die richtige Organisation ist, kann infrage gestellt werden.

Bildung als öffentliches Gut

Wenn das Ziel die Verbesserung der Bildung ist, liegt der Schluss nahe, dass diese Aufgabe jene Organisationen übernehmen sollten, deren Zielsetzung genau das ist: die Verbesserung der Bildung. Womöglich eines von vielen Argumenten dafür, dass Bildung eben doch eine staatliche Aufgabe sein und nicht dem freien Markt überlassen werden sollte.

Wie können innovative Elemente in das doch eher innovationsresistente Bildungssystem gebracht werden?
Foto: Imago/Lasse Kristensen/Shotshop

Doch auch das ist leichter gesagt als getan. Denn wie wohl den meisten bekannt ist, die ihre Schulbildung in Österreich absolviert haben oder im österreichischen Bildungssektor tätig sind, verfügt dieses Bildungssystem über eine gewisse Innovationsresistenz. Zwischen der großen Notwendigkeit zur Veränderung und dieser Hürde ergibt sich also ein Spannungsfeld. Eine logische Folge daraus ist wohl, dass Unternehmen ebendort hohe Gewinne wittern.

Dieses Spannungsfeld bietet aber auch die Möglichkeit, Bildungsorganisationen außerhalb des formalen Bildungssystems in ebenjenes einzubetten. So verkündete Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) vor einigen Wochen den Startschuss eines Schulversuchs, der das Schulfach Wirtschafts- und Finanzbildung in 30 Schulen pilotieren soll. Betreut wird dieser Versuch von der Stiftung für Wirtschaftsbildung, in der sich eine Vielzahl an öffentlichen und privaten Stakeholdern befinden.

Qualitätssicherung von Bildung

Wie soll der Staat Innovation ermöglichen und gleichzeitig die Qualität dieser Projekte kontrollieren? Seit 2017 hat die Innovationsstiftung für Bildung das Mandat der öffentlichen Hand, Innovation im Bildungssektor zu unterstützen. Gemeinsam mit privaten Stiftern und Stifterinnen hat diese bereits mehrere neue sogenannte Co-Stiftungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten im Bildungssystem gegründet, die die Vorteile beider Welten vereinen sollen. Durch enge Kooperation mit der Innovationsstiftung für Bildung und entsprechende Verpflichtungen im Stiftungszweck, soll sichergestellt werden, dass die Qualität der geförderten Bildungsprojekte gewährleistet bleibt.

Pilotprojekt Wirtschaftsbildung

Ein Beispiel für diesen kooperativen Ansatz ist die Arbeit der bereits genannten Stiftung für Wirtschaftsbildung, eine der Co-Stiftungen der Innovationsstiftung für Bildung. Der Schulpilot "Wirtschaftsbildung" unterstützt Schulen dabei, einen inhaltlichen und didaktischen Wirtschaftsbildungsschwerpunkt zu etablieren. Bereits 30 Pilotschulen österreichweit starten ab Herbst 2022 mit dem Schulpilot in der Sekundarstufe I (Mittelschulen und AHS-Unterstufen), der über vier Jahre von der ersten bis zur vierten Unterstufe umgesetzt wird. Die Pilotschulen erhalten ein umfangreiches Begleitmaßnahmenprogramm wie Lehr- und Lernmaterial, ein Lehrkräftefortbildungsprogramm, Schul-Coaching, Vernetzung und finanzielle Förderung.

Während die Stiftung als externe Akteurin einen großen Teil der Ressourcen stellt, unterstützt das Bildungsministerium durch Expertise, regelmäßigen Austausch sowie bei der aktiven Suche nach teilnehmenden Schulen. Das Ziel ist es, eine wissenschaftliche Evidenzbasis, wie Wirtschaftsbildung bestmöglich umgesetzt werden kann, zu erhalten. Dies soll Aufschluss darüber geben, wie der Schulpilot für alle Schülerinnen und Schüler zugänglich gemacht werden kann. Die Notwendigkeit einer Stärkung der Wirtschaftsbildung in der österreichischen Allgemeinbildung ist bereits lange bekannt – die Umsetzung erfolgt nun durch die Zusammenarbeit der privaten mit der öffentlichen Hand.

Wie auch die Tätigkeit der anderen Co-Stiftungen zeigt dieses Pilotprojekt allem voran eines: Gute Bildung braucht Kooperation. (Fabian Scholda, 30.8.2022)