Der Chef der nationalen Polizeibehörde Itaru Nakamura (Bild) gab am Donnerstag seinen Rücktritt bekannt.

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Tokio – Japans Polizeichef will nach der Ermordung des früheren Regierungschefs Shinzo Abe die Verantwortung für den unzureichenden Schutz des Politikers übernehmen. Itaru Nakamura kündigte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz seinen Rücktritt an. "Da wir neue Sicherheitsvorkehrungen vorantreiben, ist es selbstverständlich, mit einer neuen Aufstellung von Leuten an die Sache heranzugehen", sagte Nakamura.

Abe war am 8. Juli während einer Wahlkampfrede auf einer Kreuzung der Stadt Nara von einem Ex-Militär mit einer selbstgebauten Waffe aus nächster Nähe von hinten erschossen worden. Das Attentat hatte in dem für seine niedrige Kriminalitätsrate und seine äußerst strengen Waffengesetze bekannten Land wie auch weltweit Entsetzen ausgelöst.

Untersuchungsbericht zu dem Attentat

Die Rücktrittsankündigung des Polizeichefs erfolgte bei der Vorlage eines Untersuchungsberichts zu dem Attentat. Demnach befanden sich an dem Tag ein von der Tokioter Stadtpolizei entsandter Beamter und mehrere örtliche Polizeibeamte in unmittelbarer Nähe von Abe. Dennoch konnte sich der Täter unbemerkt von den Beamten von hinten Abe nähern, seine selbstgebaute Waffe aus einer Umhängetasche ziehen, anlegen und zwei Schüsse auf den konservativen Politiker abfeuern.

Abe stand dabei auf einer Verkehrsinsel hinter Leitplanken. Kurz bevor er zu reden begann, sei einer der örtlichen Beamten, der von außen Abes Rücken zugewandt war, in die abgesperrte Zone getreten und habe sich dem Publikum zugedreht, ohne die anderen Beamten oder den Einsatzleiter zu informieren, erklärte die Polizeibehörde.

Täter wird psychiatrisch untersucht

In Japan war es bisher üblich, dass Politiker auf belebten Straßenkreuzungen, vor Bahnhöfen oder großen Geschäften Reden halten, ohne dabei groß abgeschirmt zu sein. Abes Täter war noch am Tatort festgenommen worden. Bis Ende November soll er psychiatrisch untersucht werden. Er gab als Motiv für die Tat Hass auf die umstrittene Vereinigungskirche des koreanischen Sektengründers San Myung-mun an, zu der Abe Verbindungen gehabt habe. Horrende Spenden seiner Mutter an die Sekte hätten die Familie in den Ruin getrieben.

Seit dem Attentat stehen die Verbindungen von Abes regierender Liberaldemokratischer Partei (LDP) zu der als Mun-Sekte bekannten Organisation im Rampenlicht. Die Sekte ist für ihre konservative, antikommunistische Gesinnung und für Massenhochzeiten bekannt. (APA, 25.8.2022)