Erosion legte die prähistorischen Baumstämme frei.
Foto: Patrick Fonti

In der Arktis gab es einst Bäume, deren Jahresringe Aufschluss über vergangene Temperaturänderungen geben können. Forschende der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) haben nun Bäume von der sibirischen Jamal-Halbinsel untersucht, die durch Erosion freigelegt wurden. Dank ihrer Jahresringe ließen sie sich datieren und erlaubten eine Rekonstruktion der damaligen klimatischen Bedingungen. Die nun in der Fachzeitschrift "Nature Communications" publizierten Ergebnisse zeigen, dass es in den vergangenen 7.500 Jahren in der Arktis nie so warm war wie jetzt.

Die ältesten Jahresringe konnten auf das Jahr 5618 vor Christus datiert werden. Es handelt sich damit um die längste Jahresring-Chronologie aus der arktischen Region. Da die Jahresringe in direktem Zusammenhang mit den Sommertemperaturen stehen, ließ sich so analysieren, wie rasch sich die Jamal-Halbinsel erwärmte. Dabei habe sich gezeigt, dass die aktuellen Temperaturen beispiellos seien, berichten die Forschenden.

Die Jahresringe gaben Aufschluss über das Alter des Holzes und die Umweltbedingungen zur damaligen Zeit.
Foto: Patrick Fonti

Wegloses Gelände

In über 20 Expeditionen wurden über 40 Jahre die Baumproben gesammelt. Dazu mussten sich die Forscherinnen und Forscher mit Booten auf Flüssen bewegen, weil es auf der Jamal-Halbinsel keine Straßen gibt. Im Flusssediment grub man die Bäume frei und zersägte sie.

Die Bäume stürzten einst ins Wasser, wenn Flussläufe sich laufend veränderten und Uferzonen unterspülten. Von Sediment zugedeckt, wurden sie vom Permafrost konserviert. 3.500 Baume konnte man insgesamt bergen, von denen 1.425 für chronologische Untersuchungen der Jahresringe verwendet werden konnten.

Neben der WSL waren das Institute of Plant and Animal Ecology der Ural Division der Russischen Akademie der Wissenschaften, die Universität Genf und die Abteilung Klimaforschung der University of East Anglia in England an der Studie beteiligt.

Erst kürzlich zeigte eine Studie, dass sich die Arktis schneller aufheizt als alle anderen Regionen der Welt. Die Erwärmung geschieht fast viermal so schnell wie im globalen Durchschnitt. Verantwortlich dafür könnten Rückkopplungseffekte sein. Das birgt verschiedenste Gefahren, einerseits durch Veränderungen großer Meeresströmungen oder durch eine mögliche Freisetzung gigantischer Mengen Kohlenstoff aus gefrorenen Böden. (red, APA, 25.8.2022)