Ein Smartphone und ein Tablet – auch in seinem vierten Auftritt präsentiert sich das Fold als spannende Alternative zum Smartphone-Einheitsbrei.

Foto: STANDARD, aam

Ach der Zoom arbeitet verlässlich und reiht sich damit in eine Reihe kleiner Verbesserungen im Vergleich zum Vorgänger.

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Farben wirken kräftig, sowohl Helligkeit als auch dunkle Töne werden ausreichend betont.

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Im Test war das Kamera-Setup mit keiner Aufgabe überfordert.

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Nur wenige Smartphone-Enthusiasten werden das Samsung Fold 4 kaufen. Ein Preis ab 1.799 Euro im freien Handel dürfte eine große Hürde sein, sich die bereits dritte Iteration des Faltwunders vom südkoreanischen Hersteller genauer anzuschauen. Das ist schade, denn wenn man sich einmal an die Dualität zweier Bildschirme beziehungsweise einen großen Bildschirm aus der Hosentasche gewöhnt hat, will man das kaum noch missen.

Teil 4

Natürlich drängt sich zunächst der Vergleich mit dem Vorgängermodell auf. Tatsächlich halten sich die Verbesserungen in Grenzen, sie sind allerdings dennoch erwähnenswert. So ist etwa der Frontbildschirm einige Millimeter breiter und damit ansprechender und praktikabler in der Nutzung. Egal ob man darauf tippt oder seine Lieblingsnachrichtenwebsite durchblättert, in diesem Fall machen ein paar Millimeter wirklich etwas aus.

Apropos Millimeter. Der Frontscreen hat ein ungewohntes 6,2-Zoll-Format, das mit 2.316 x 904 auflöst. Das daraus resultierende Seitenverhältnis beträgt 23,1:9, was ungewohnt schlank wirkt, aber so auch für kleinere Hände gut zu bedienen ist. Damit ist man etwas breiter als der Vorgänger, was wie erwähnt der Bedienbarkeit und vor allem der Optik guttut. Faltet man das Gerät auf, erhält man 7,6 Zoll mit einer Auflösung von 2.176 x 1.812 und ein Seitenverhältnis von 21,6 zu 18. Mit Abmessungen von 155,1 x 130,1 x 6,3 mm ist es entfaltet etwas schmaler, aber auch höher als der direkte Vorgänger, das Seitenverhältnis ändert sich von 5:4 auf 6:5. Dazu passend wurde der Rahmen rund um den Bildschirm eine Spur verkleinert. Das ist auch diesmal kein vollwertiger Ersatz für beispielsweise ein iPad, aber tatsächlich kann man in dieser Größe alle wesentlichen Aufgaben erfüllen, die man sonst auf einem Tablet erledigen würde.

Videos schauen, Mails beantworten oder auch nach dem nächsten Schnäppchen suchen – alles wunderbar möglich bei dieser Größe. Ebenfalls praktisch ist die Möglichkeit, die beiden Bildschirme, die sich zu einem formen, mit zwei unterschiedlichen Apps zu belegen. Auf der einen Seite kann man so Notizen machen, während auf der anderen Seite ein Video läuft. Tatsächlich gibt es nicht unendlich viele Anwendungsfälle für diese Zweifaltigkeit, aber dennoch hat es sich im Test immer wieder als nettes Feature präsentiert. Auch die Möglichkeit, das Telefon ohne zusätzliche Hilfe auf den Tisch zu stellen und so ein Video schauen zu können, erweist sich regelmäßig als praktisch.

Bevor die Frage aufkommt: Ja, die zwei Bildschirme gehen im ausgeklappten Zustand nicht ohne merkbare Wölbung ineinander über, die seh- und spürbar ist. Diese Einbuchtung ist allerdings so gering, dass sie bei keiner Anwendung stört.

Der Formfaktor ist Ziegelstein-light, die gute Verarbeitung ist Samsung-typisch auffällig.
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Zwei Bildschirme gleichzeitig nutzen kann praktisch sein.
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Schwergewicht

Mit 263 Gramm gehört das Fold 4 nicht zu den Leichtgewichten, und durch die zwei zusammengeklappten Bildschirme ist man noch immer verleitet, das Gerät mehr mit einem hippen Ziegelstein zu vergleichen als mit einem praktikablen Smartphone. Da aber auch andere Flagship-Phones mittlerweile über 200 Gramm haben und von den Dimensionen zumindest in der Höhe Hosentaschengröße längst überschritten haben, kann man ein Fold 4 genau an den Stellen verstauen, die auch schon ein iPhone 13 Max oder ein Samsung S22 Ultra gut ausfüllen.

Bei den Kameras hat sich Samsung besonders viel Mühe gegeben. Hier sind sogar die größten Sprünge im Vergleich zum Vorgänger erkennbar. So verfügt die Hauptkamera statt lediglich über zwölf jetzt über satte 50 Megapixel, und das Teleobjektiv wächst von einem zweifachen auf einen dreifachen Zoom. Porträtfotos können sich ebenfalls sehen lassen und reichen im Hinblick auf die Qualität fast an jene der S22-Serie heran. Die eigenen Social-Media-Kanäle werden es einem danken. Zu guter Letzt finden sich noch zwei Selfie-Kameras auf dem Fold 4. Im zugeklappten Zustand lächelt uns eine Punchhole-Kamera mit immerhin zehn Megapixel an, die Innenkamera im Tabletmodus bietet magere vier Megapixel und ist mit Sicherheit für viele Anwendungsfälle eine Notlösung. Für den Call mit dem Chef am Morgen reicht es allerdings.

Software sells Hardware

Android für Tablets genießt seit Jahren einen eher zweifelhaften Ruf. Gut, dass Samsung für das Fold 4 versucht, hat zumindest ein paar Lücken der Vergangenheit zu schließen. So wurde etwa die Taskbar von der Seite an die Unterseite verschoben. Die Möglichkeit, zwei Screens zu nutzen, wurde ja bereits erwähnt, aber dies gelingt jetzt etwas komfortabler als noch vor einem Jahr. So kann man nicht nur eine zweite App auf das Display ziehen, um zwei gleichzeitig benutzen zu können, man kann jetzt auch mit einer gleichzeitigen Wischbewegung von zwei Fingern den Splitscreen starten – sofern man dies in den Einstellungen diesbezüglich angepasst hat. Eine Auswahl an Apps kann hier immer in der Schnellauswahl angezeigt werden, damit man nicht erst in die Auswahl gehen muss, um die richtige Second-Screen-Applikation zu finden.

Kurze Reaktionszeiten, 120-Hz-Displays und der für viele Anwendungsfälle ausreichend große Bildschirm ergeben damit tatsächlich eine gewisse Bequemlichkeit, die so manchen Weg zum Laptop oder Tablet erspart. Klar, 16:9-Videos können auch auf einem großen fast quadratischen Display nicht größer dargestellt werden als auf einem S22, aber egal ob Shoppingseite, Gemüsebestellung oder das Lesen von Artikeln, alles fühlt sich auf dem Fold 4 wunderbar einfach an. Besonders wenn man Google Maps oder ähnliche, formunabhängige Apps nutzt, freut man sich über die neue Übersichtlichkeit, die auf einem Smartphone schwierig zu erreichen ist.

Was die Stimmungskurve nach unten gehen lässt, sind die nicht angepassten Apps. Für das ungewohnte Format werden die meisten Anwendungen einfach größer gezogen, um dennoch viel an ungenutztem Schwarz an den Seiten zu zeigen. Probleme gibt es damit sowohl in dem für viele Apps zu langen Frontdisplay, aber auch im ausgefalteten Zustand. Hier kann man sich entscheiden, ob die Apps verzerrt oder abgeschnitten dargestellt werden. Manche Apps haben das Problem natürlich nicht nur mit dem Fold, sondern bieten einfach keine Android-Tablet-Version an, das macht die Nutzbarkeit aber eben auch nicht besser.

Das ungewöhnliche Seitenverhältnis stellt so manche App vor eine Herausforderung.
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Die Rückseite erinnert an andere Flagships des Herstellers.
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Technik, die begeistert

Ausgestattet mit einem Snapdragon-8-Plus-Gen-1-Prozessor und 12 GB RAM sind diese Mehrfachanwendungen in keinster Weise einschränkend. Auch das Spielen aktueller Titel wie "Apex Legends Mobile" oder diverser Rennspiele erwies sich im Test technisch einwandfrei. In Sachen Speicher starten die Modelle bei 256 Gigabyte, was für die meisten Anwender wohl gut ausreichen wird. Der S Pen Stylus, der auch beim Fold 3 schon gut funktionierte und separat erworben werden muss, wird auch vom Fold 4 unterstützt. Allerdings nur auf der "Innenseite". Das Frontdisplay muss weiterhin mit den Fingern bedient werden.

Der Akku ist mit 4.400 mAh gut, aber nicht sehr gut ausgestattet. In der Regel bringt er den Nutzer sicher durch den Tag, wer allerdings viel mit dem Innendisplay und mehreren Apps hantiert, sollte das Ladekabel zumindest in Griffreichweite behalten. Geladen wird mit 25 Watt, ein Netzteil ist in der Packung aber wie bei den meisten Smartphones mittlerweile nicht enthalten. Ohne Kabel darf zumindest mit 15 Watt geladen werden.

Staub und Wasser

Dank IPX8 ist das Fold 4 gut gegen kurze Ausflüge in bis zu zwei Meter tiefes Wasser geschützt, mit dem Schutz gegen Staub und feine Körner ist es dagegen schlechter bestellt. Dies liegt vor allem daran, dass das bewegliche Scharnier beim Bewegen eine Lücke freigibt, die unter das Display führt. Kleine Bürsten sollen zwar das Schlimmste verhindern, ganz auszuschließen sind Körner unter dem Display aber nicht. Zudem faltet sich das Fold 4 nicht ganz zusammen, und so ist immer Raum für kleine Teile, die zwischen die beiden Innendisplays rutschen können. Es gibt zwar Hüllen für das Gerät, aber auch die können diesen Nachteil nicht wettmachen und machen das ohnehin schon dicke Gerät noch ein wenig klobiger.

Zumindest die Außenseiten sind dank gepanzerten Aluminiums für den Rahmen gut geschützt, sowohl Vorder- als auch Rückseite des Geräts sind durch Gorilla Glass Victus+ für die meisten Gefahren ausreichend ausgestattet. Für das innere Display wird erneut Samsungs weicheres "ultradünnes Glas" verwendet.

Auch bei schlechterem Licht kann man sich auf scharfe Aufnahmen verlassen.
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Mahlzeit: wer noch immer Fotos von seinem Mittagessen auf Instagram stellt, wird ebenfalls glücklich mit der Kamera sein.
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Der Preis

Wenn man sagt, das Fold 4 ist sowohl Smartphone als auch Tablet, dann kann man für rund 1.800 Euro tatsächlich zwei sehr gute Geräte kaufen. Auch das Fold 3 startete vor einem Jahr mit diesem Preis, heute ist es für rund 1.200 Euro im Onlinehandel zu bekommen. Für ein Gerät, das man vielleicht nicht fünf bis sechs Jahre nutzen kann, ist das verdammt viel Geld.

Das Galaxy Z Fold 4 gibt es in den Farben Graugrün, Beige und Schwarz.

Fazit

Man kann sich aus vielerlei Gründen schnell in das Fold 4 verlieben. Die Vielseitigkeit aufgrund der zwei Nutzungsarten werden sicher nicht alle potenziellen Kunden ausnutzen können – für jene, die Gefallen daran finden, wird es allerdings kein Zurück mehr geben. Auch die Qualität der Kameras oder der Displays sind eines Flagship-Phones würdig, aber natürlich bietet ein so großes Smartphone auch ausreichend Platz für Schattenseiten.

Der möglicherweise fehlende Schutz gegen Staub unter dem Display kann für ein Gerät, das man über Jahre jeden Tag nutzen möchte, eventuell zu einem Problem werden. Die Dicke des Fold 4 muss man auch akzeptieren wollen – viele werden sich daran stoßen –, und die teilweise mit dem Format überforderten Android-Apps haben Potenzial für den einen oder anderen ausgestoßenen Unverständnisseufzer. Und dann ist da natürlich noch der astronomische Preis, den wohl nur Apple mit seiner kommenden iPhone-Generation noch einmal relativieren wird.

Wer sich mit diesen Nachteilen anfreunden kann und noch kein Fold 3 besitzt, der sollte sich das Fold 4 zumindest einmal aus der Nähe anschauen. Spannender als das Gros der Mitbewerber ist es in jedem Fall. Ach ja, telefonieren kann man mit dem Gerät natürlich auch. (Alexander Amon, 28.8.2022)