So sah der Himmel im Frühjahr 2020 nicht aus, in den Hochphasen der Pandemiebekämpfung ging der Verkehr um etwa 90 Prozent zurück.

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Das krisenhafte Frühjahr 2020 bot Atmosphärenforscherinnen und Klimawissenschaftern eine einzigartige Gelegenheit. Die erheblichen Einschränkungen im Bereich der Mobilität und der Wirtschaft, mit denen die meisten europäischen Länder auf die Ausbreitung des Coronavirus reagierten, sorgten kurzzeitig für einen drastischen Emissionsrückgang. Allein der Flug- und Straßenverkehr ging um 90 Prozent zurück. Wie sich das auf Luftqualität und Klimabilanz auswirkte, war und ist Gegenstand vieler Untersuchungen.

Im Vorjahr kam eine britische Studie zum Schluss, dass der positive Einfluss des vorübergehenden Stillstands auf die Luftqualität geringer war als zunächst angenommen, da sich die Wetterlage trotz der Emissionsrückgänge ungünstig auf die Werte von Stickstoffdioxid (NO2) und Ozon (O3) auswirkte. Einen wichtigen Luftschadstoff hat sich nun ein deutsches Forschungsteam im Detail angesehen: Ruß, der bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entsteht und klima- wie gesundheitsschädlich ist. Hier haben die Lockdowns eine beeindruckende Wirkung gezeigt, wie die Forschenden im Fachblatt "Atmospheric Chemistry and Physics" berichten: Die Rußkonzentrationen in der Atmosphäre über West- und Südeuropa gingen fast um die Hälfte zurück.

Ruß als Klimatreiber

Für die Studie verglich das Team um Mira Pöhlker vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung die Daten zweier Messkampagnen des deutschen Forschungsflugzeugs "Halo" von 2017 und 2020. Die Ergebnisse würden die starke Auswirkung menschlicher Aktivitäten auf die Luftqualität und die Bedeutung von Ruß als Luftschadstoff und Klimatreiber widerspiegeln, schreibt das Team, dem auch Forschende des Max-Planck-Instituts für Chemie, der Universitäten Bremen, Mainz und Leipzig sowie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) angehörten.

Während der Lockdowns 2020 wurden unter anderem Deutschland, die Benelux-Staaten, Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien mit dem Forschungsflugzeug überflogen, also weite Teile von Mittel-, West- und Südeuropa. Dabei wurden die Masse von Ruß und die Partikelkonzentrationen in der unteren Troposphäre ermittelt. Anschließend verglichen die Forschenden die Daten mit Messergebnissen von 2017.

Dunkle Oberfläche heizt sich auf

Das Resultat zeigte eine erhebliche Auswirkung der Pandemiemaßnahmen: Im Mittel sank die Rußmenge in der unteren Troposphäre in Süd- und Westeuropa um 41 Prozent. Verifiziert wurde diese Zahl mit Hilfe von Verkehrsdaten und Angaben zum Benzinverbrauch. Ruß ist nicht nur in Bodennähe, wo er ein besonders gesundheitsschädlicher Teil des Feinstaubs ist, ein Problem. In der Atmosphäre tragen die winzigen Partikel zur Klimaerwärmung bei, weil sie sich durch ihre dunkle Oberfläche aufheizen und Wärme an die Umgebung abgeben. Im Gegensatz zu langlebigen Treibhausgasen wie Kohlendioxid ist Ruß jedoch kurzlebig und bleibt nur wenige Tage bis Wochen in der Atmosphäre.

"Weniger Ruß in der Atmosphäre würde einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten", sagte Pöhlker. "Verringerte Rußemissionen durch weniger Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Diesel, Kohle, Öl oder auch Holz würden auch relativ schnell der Gesundheit von Millionen Menschen helfen." Bei einem nur vorübergehenden Rückgang des Brennstoffverbrauchs, wie sie im Jahr 2020 zu beobachten war, würden die positiven Effekte aber auch schnell wieder verpuffen. (red, 28.8.2022)