Die Top Ten der FKK-Reiseziele in Europa.

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Erkundigte man sich vor drei Jahren bei Interessenvertreterinnen und Experten, war die Meinung recht einhellig: FKK ist total out, weil eine neue Prüderie und ein Nacktheitstabu vorherrschen. So sagte etwa der Leipziger Sexualforscher Kurt Starke 2019: "FKK ist irgendwie altmodisch und zugleich deliberalisiert." In Ostdeutschland war Nacktbaden lange Zeit auf vielen Stränden weit verbreitet. Nunmehr sei FKK an vielen Orten reduziert auf einen kurzen Abschnitt und kombiniert mit dem Hundestrand.

Ein FKK-Strand in Holland. Bis vor Beginn der Pandemie sind die Nacktbadezonen europaweit geschrumpft.
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Auch der Deutsche Verband für Freikörperkultur (DFK, 30.000 Mitglieder) vertrat noch vor drei Jahren die Auffassung: Naturismus habe nicht mehr den gleichen Stellenwert wie vor einigen Jahrzehnten, was mit der gesellschaftlichen Entwicklung als solcher zusammenhängen könnte. Die Pandemie hat nun aber offensichtlich wieder einen leichten Gegentrend befördert.

Mehr heimische Naturisten

Der Österreichische Naturistenverband (ÖNV, rund 10.000 Mitglieder) stellt aktuell fest: Durch die Corona-Pandemie sowie die hohe Inflation würden sich besonders junge Familien mit Kindern derzeit für FKK-Baden interessieren. Für viele Menschen seien wegen Corona und der Teuerung die Urlaubsmöglichkeiten der vergangenen Jahre weggebrochen. Gleichzeit würde man sich mehr auf Ursprünglichkeit besinnen, wie auch manche Freizeitforscher feststellen. Zusammengefasst kann man sagen: FKK ist auf insgesamt niedrigerem Niveau wieder zurück – und das an vielen Orten in Europa.

Ein aktueller Vergleich hat etwa einige der beliebtesten Reiseziele in Europa berücksichtigt, um herauszufinden, welche Länder die besten Bedingungen für FKK-Liebhaber bieten. Dazu wurde die durchschnittliche Jahres- und Wassertemperatur, die Anzahl der Sonnenstunden, die Wasserqualität, die Anzahl der FKK-Strände sowie Campingplätze und der UV-Index im Sommer genauer untersucht.

Spanien ist mit 8.000 Kilometer Küste prädestiniert für FKK-Urlaub. Öffentliche Nacktheit ist in dem Land per se nicht verboten.
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Das Ergebnis: Die 8.000 Kilometer lange spanische Küste entlang des Mittelmeers und des Atlantischen Ozeans bietet nicht nur quantitativ reichlich Möglichkeiten zum Nacktbaden, sondern auch qualitativ: In Spanien gibt es zahlreiche gesetzlich anerkannte FKK-Strände und FKK-Ferienanlagen. Grundsätzlich ist man in Spanien ziemlich entspannt, was das Nacktsein angeht – es gibt eigentlich kein spanisches Gesetz gegen öffentliche Nacktheit. Mit insgesamt 130 FKK-Stränden und fast 2.800 Sonnenstunden im Jahr ist das Land das perfekte Ziel für nahtlose Bräune. Auch die Wasserqualität kann überzeugen, 87 Prozent der Badeorte in Spanien werden als "ausgezeichnet" eingestuft. Allerdings muss beachtet werden, dass Spanien im Sommer einen hohen UV-Index von acht hat, demnach sollte man großzügig und regelmäßig Sonnenschutz auftragen.

Große Auswahl in Frankreich

Frankreich ist bekannt als die Heimat der FKK-Strände und bietet ebenfalls eine große Auswahl an FKK-Stränden (130) und Campingplätzen, mit fast 9.000 die meisten im gesamten Ranking. Gleichzeitig ist der UV-Index im Sommer mit sechs etwas niedriger, das bedeutet, die Sonneneinwirkung ist hier nicht ganz so gefährlich wie in Spanien. Ergibt insgesamt Platz zwei für Frankreich.

Die Seen um Berlin sind sehr beliebt bei FKK-Anhängern. Rund um die Hauptstadt suchen die meisten Deutschen nach textilfreien Bademöglichkeiten.
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Interessant: Deutschland belegt im Gesamtranking Platz drei. Die Tradition der Freikörperkultur ist in Deutschland über 100 Jahre alt, der erste FKK-Verein wurde 1898 in Essen gegründet. In den 1970er-Jahren erlebte die Bewegung in Ost- und Westdeutschland einen regelrechten Boom. Auch wenn sich dieser bis heute etwas abgeschwächt hat, gibt es in Deutschland immer noch unzählige ausgewiesene FKK-Strände (87). Bei einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von knapp zwölf Grad, ist es zwar etwas kälter als in Spanien oder Frankreich, dafür kann Deutschland insbesondere in Sachen Wasserqualität punkten (90 Prozent). In Deutschland gilt ähnlich wie in Österreich: FKK ist ein Hauptstadt-Phänomen. In und um Berlin gelten vor allem der Flughafensee und der Müggelsee als beliebte Reviere für Nacktbadende.

Norwegen hat einsame, feinsandige Strände – aber kaum Tradition bei der Freikörperkultur, was nicht nur an den niedrigen Außentemperaturen liegt.
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Und die übrigen Länder? Österreich überzeugt zwar mit der besten Wasserqualität (97,7 Prozent), doch im Ranking reicht es lagebedingt (null FKK-Strände am Meer) nicht für die Top Ten. Zypern hat das wärmste Wasser aller untersuchten Länder (mit einer durchschnittlichen Temperatur von 22,38 °C) und bringt es auf Platz vier. Norwegen landet aufgrund seiner jährlichen Durchschnittstemperatur von 1,5 °C und nur drei FKK-Stränden an letzter Stelle des Rankings. Schade eigentlich, der UV-Index wäre sehr unbedenklich. (saum, 6.9.2022)