In allen Reden des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dieser Woche nahm das Atomkraftwerk Saporischschja eine zentrale Rolle ein. Am Freitag schlugen dann europäische Spionagevorwürfe gegen Russland hohe Wellen in mehreren Ländern, in denen die mutmaßliche Agentin aktiv war.

Die Lage rund um das Atomkraftwerk in Saporischschja bereitet der Ukraine bereits seit Anfang März Sorgen.
Imago/Konstantin Mihalchevskiy

·Kernkraftwerk Mit Sorge blickte die Welt in dieser Woche auf Europas größtes Atomkraftwerk im ostukrainischen Saporischschja. Das Gebiet um die Anlage war bereits kurz nach Kriegsbeginn von russischen Truppen besetzt worden. Auch wegen des Beschusses, für den sich die Ukraine und Russland gegenseitig beschuldigen, hatte die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) immer wieder Sorge über einen möglichen Zwischenfall geäußert.

Gefahr geringer als bei Tschernobyl

Am Donnerstag wurden schließlich beide aktiven Reaktorblöcke des AKW zwischenzeitlich abgeschaltet, nachdem es durch einen Brand auf dem Areal zu Stromausfällen gekommen war. Bereits vor Wochen hatte die Ukraine gewarnt, Russland wolle das Kraftwerk vom Netz nehmen und so die Stromversorgung der Ukraine behindern. Am Freitag gelang es aber schließlich, einen der Reaktoren wieder an das ukrainische Netz anzuschließen.

Die Folgen eines möglichen Zwischenfalles dürften laut Experten allerdings auch in Worst-Case-Szenarien nicht mit jenen der Katastrophe von Tschernobyl 1986 vergleichbar sein. Dennoch ist die IAEA rund um ihren Chef Rafael Grossi äußerst bemüht, sich endlich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. An letzten Details werde geschliffen, er wolle die Mission persönlich anführen, sagte der IAEA-Chef.

Mutmaßliche russische Spionin enttarnt

·Spionage Recherchen von "DerSpiegel", "Bellingcat", "The Insider" und "Repubblica" haben eine mutmaßliche russische Spionin identifiziert, die zwischen 2014 und 2018 in Italien aktiv gewesen sein soll. In Neapel habe sie über einen von Angehörigen der dortigen US-Marinebasis getragenen Klub Zugang zu Treffen mit Militärs von Nato und den US-amerikanischen Truppen erhalten.

Auch zuvor sei sie unter dem Namen Maria Adela K. an verschiedenen Orten Europas aufgetaucht. Ihre Ausweispapiere sollen aus derselben Nummernserie wie diejenigen von Mitgliedern einer Eliteeinheit des russischen Militärgeheimdienstes stammen. Der Spiegel betont, dass sich die Spionage wie meist in solchen Fällen nicht letztgültig belegen lässt.

Aufregung um Reisen von Putins Tochter

In Deutschland regt sich indes die Befürchtung, Russland könne die Ausbildung ukrainischer Soldaten an Militärstandorten in Bayern und Rheinland-Pfalz ausgespäht haben. Man habe in Kasernennähe verdächtige Fahrzeuge wahrgenommen.

Auch um Reisen von Wladimir Putins Tochter, Jekaterina Tichonowa, gab es Kontroversen. Wie "DerSpiegel" berichtete, reiste diese seit 2015 mindestens zwanzigmal nach Deutschland, ohne dass dies den Behörden bekannt gewesen wäre. Wiederholen wird sich das aber wohl nicht: Tichonowa steht auf der Sanktionsliste der EU, die Einreise ist ihr mittlerweile also untersagt.

Zivile Opfer durch russische Raketenangriffe

·Raketenschläge Im Laufe der Woche beklagte die Ukraine eine Vielzahl ziviler Opfer. Am schwersten wog ein russischer Raketenangriff auf den Bahnhof sowie auf Wohngebäude der Ortschaft Tschaplyne in der Oblast Dnipropetrowsk. Bei dem Angriff am Abend des ukrainischen Unabhängigkeitstages kamen laut dortigen Behörden 25 Menschen um, über 30 weitere wurden verletzt. Moskau bekennt sich zu dem Angriff, behauptet aber, militärische Ziele beschossen zu haben.

Auch am Freitag berichteten ukrainische Medien wieder über Raketeneinschläge. Durch Beschluss der Oblast Charkiw sei eine Frau ums Leben gekommen, berichtete die ukrainische Nachrichtenagentur "Unian". Außerdem seien die Regionen Charkiw und Dnipropetrowsk beschossen worden. In Letzterer seien laut dem Vorsitzenden der dortigen Militärverwaltung, Valentin Resnitschenko, Stromleitungen beschädigt worden und in der Folge etwa 1000 Einwohner ohne Strom. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.

Datum für Referenden in Volksrepubliken

·Volksabstimmung Laut dem russischen oppositionellen Medium "Werstka" sollen in den selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk am 14. September Referenden über einen Beitritt der Gebiete zur Russischen Föderation durchgeführt werden. Die Journalisten stützen sich in ihrem Bericht auf mehrere Quellen innerhalb des russischen Staatsapparates. Offiziell wurde das Datum jedoch noch nicht bestätigt.

Bislang war stets über den 11. September als Tag der Abstimmung spekuliert worden. Dann finden in Russland Regionalwahlen sowie die Moskauer Stadtratswahlen statt. Dass die Wahlen tatsächlich frei ablaufen, halten Fachleute bereits im Voraus für kaum denkbar. (Thomas Fritz Maier, 26.8.2022)