Das US-Unternehmen Moderna hat den Mainzer Corona-Impfstoff-Hersteller Biontech und dessen amerikanischen Partner Pfizer wegen Patentverletzung geklagt.

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Cambridge (Massachusetts) – Das US-Biotechunternehmen Moderna verklagt den Mainzer Corona-Impfstoff-Hersteller Biontech und dessen amerikanischen Partner Pfizer wegen Patentverletzung. Biontech und Pfizer hätten bei der Entwicklung ihres Impfstoffs Technologien kopiert, die Moderna Jahre vor der Pandemie entwickelt habe, teilte der Konzern am Freitag mit. Moderna habe Klage bei einem Bundesbezirksgericht in Massachusetts sowie beim Landgericht Düsseldorf eingereicht und fordere Schadenersatz.

Pionierarbeit "Jahre vor der Pandemie" geleistet

Moderna und Biontech gelten als Vorreiter bei der neuartigen mRNA-Technologie, auf der die Coronaimpfstoffe beider Seiten beruhen und die ihnen Milliardenerlöse einbrachten. Mit den Klagen wolle Moderna seine mRNA-Technologieplattform schützen, mit deren Entwicklung das Unternehmen Pionierarbeit geleistet, in die es Milliarden Dollar investiert und die es schon in den Jahren vor der Pandemie patentiert habe, erklärte Konzern-Chef Stephane Bancel.

Moderna hatte zu Beginn der Pandemie erklärt, auf eine Durchsetzung seiner Covid-19-Patente zu verzichten, um so andere Unternehmen bei der Entwicklung eigener Impfstoffe zu unterstützen. Im März konkretisierte der Konzern dann seine Zusage: Es sollte künftig nur für die 92 ärmeren Länder im Rahmen der internationalen Impfallianz Gavi gelten. Unternehmen wie Pfizer und Biontech könnten jedoch eine Lizenz für andere Märkte beantragen. Beide hätten dies aber nicht getan, erklärte Moderna.

Biontech will sich "energisch" wehren

Biontech wies die Vorwürfe zurück. Das Mainzer Unternehmen erklärte, es respektiere valide geistige Eigentumsrechte. Die Arbeit von Biontech sei originär und man werde sie entschieden gegen alle Anschuldigungen der Patentverletzung verteidigen, erklärte Biontech. Angesichts des Erfolgs von Comirnaty sei es nicht ungewöhnlich, dass Pharmaunternehmen nun behaupteten, der Impfstoff verletze möglicherweise ihre geistigen Eigentumsrechte.

Das Landgericht Düsseldorf erklärte, es könne den Eingang einer solchen Klage zunächst nicht bestätigen. In einer E-Mail erklärte Pfizer, man habe die Klage noch nicht vollständig geprüft, sei jedoch von ihr überrascht. Man werde sich "energisch gegen die Anschuldigungen der Klage zur Wehr setzen". Nach der Veröffentlichung der Klage lagen die Aktien der drei Unternehmen im Verlauf in New York und Frankfurt bis zu 1,7 Prozent im Minus in einem schwachen Umfeld. Dem Experten Tyler Van Buren von der Investmentbank Cowen & Co zufolge dürfte sich das Verfahren über mehrere Jahre hinziehen.

Jahrelanges Verfahren erwartet

Patentstreitigkeiten sind bei neuen Technologien in der Pharmabranche nicht ungewöhnlich. Biontech hatte auch schon im Bereich mRNA gearbeitet, bevor es sich für den Coronaimpfstoff mit Pfizer zusammenschloss. Die Partner sind bereits mit mehreren Klagen anderer Unternehmen wie der Tübinger Biotechfirma CureVac konfrontiert, die ebenfalls an einem Coronaimpfstoff gearbeitet hat. Moderna wurde auch schon in den USA wegen Patentverletzung verklagt und befindet sich in einem laufenden Rechtsstreit mit den National Institutes of Health über die Rechte an der mRNA-Technologie.

Modernas Coronaimpfstoff ist das einzige kommerzielle Produkt des Unternehmens. In diesem Jahr erzielte es bisher einen Umsatz von 10,4 Milliarden Dollar, das Pfizer-Mittel etwa 22 Milliarden. Experten zufolge könnten Medikamente auf der Grundlage von Boten-RNA (mRNA) nicht nur den Kampf gegen Covid-19, sondern auch gegen andere zukünftige Pandemien und sogar Krebs umkrempeln. Sie vermittelt den menschlichen Zellen die Information zur Produktion von Proteinen und damit zur Bekämpfung der Krankheitserreger. (APA, Reuters, 27.8.2022)