Die Idee versunkener Geheimnisse, die durch Umweltveränderungen ans Licht kommen, ist Gegenstand unzähliger Geschichten. In seiner klassischen, ursprünglichsten Form findet sie sich wahrscheinlich in der Erzählung "Dagon" des Horrorpapsts H. P. Lovecraft – als Symbol für verborgenes Wissen, das unsere Existenz bedroht.

Wenn zuletzt immer wieder durch sinkende Pegel von Gewässern in aller Welt historische Relikte zum Vorschein kommen, dann ist das Bild der schon lange Zeit lauernden und zunehmend an die Oberfläche tretenden Gefahr angesichts des Klimawandels aktueller denn je. Die auftauchenden Spuren vergangener Zivilisationen selbst haben aber nichts Bedrohliches an sich, sondern bieten der Wissenschaft oft Möglichkeiten für neue Entdeckungen.

Sogenannte Hungersteine sind Zeitkapsel und Protokoll zugleich: Bereits im 15. Jahrhundert begannen Menschen an den Flüssen Elbe und Rhein, bei Niedrigwasser Nachrichten für kommende Generationen samt Jahreszahl in die zum Vorschein kommenden Steine zu ritzen. Manche Inschriften wurden beim Wiederauftauchen der Steine durch neue Jahreszahlen ergänzt, auch in den letzten Jahren.
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Der Yangtse hat nach 45 Prozent weniger Regen im Juli südlich der Stadt Chongqin drei Buddhastatuen freigegeben, die vermutlich 600 Jahre alt sind.
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Seit den Sechzigern war die Megalithanlage von Guadalperal teilweise von Wasser bedeckt. 2019 kam sie erstmals wieder zum Vorschein, bei den diesjährigen Dürren erschien sie von neuem. Nun wird überlegt, das Monument zu verlegen.
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Im Dinosaur Valley State Park bei Dallas kamen für kurze Zeit neue Dinosaurierspuren von Fleischfressern und Pflanzenfressern zum Vorschein. Ihr Alter wird auf 113 Millionen Jahre geschätzt. Die meisten der nun entdeckten Spuren stammen vom Fleischfresser Acrocanthosaurus.
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In Rom tauchten Reste einer historischen Tiberbrücke auf. Die "Pons Neronianus" stammte womöglich aus der Zeit vor Nero und verfiel bereits im dritten Jahrhundert. Ein Teil der Fundamente ist immer sichtbar, nun gab der niedrige Wasserstand größere Teile des Relikts frei.
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Bereits Anfang des Jahres gab der aus dem Wasser des Tigris gespeiste Mossul-Stausee im Irak dank ungewöhnlicher Trockenheit die Ruinen einer Stadt frei, die vor 3.400 Jahren ein Zentrum des mesopotamischen Mittani-Reichs war.
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Versinken ist kein unausweichliches Schicksal. Die Tempelanlage Abu Simbel wurde in den Jahren 1963 bis 1968 in über 1000 Blöcke zersägt und 180 Meter versetzt, um sie vor dem Versinken durch den neuen Assuan-Staudamm zu bewahren. Es war die Geburtsstunde der Unesco-Welterbekonvention.
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(rkl, 29.8.2022)