Die Ultraschalluntersuchung ist die wichtigste Methode der Pränataldiagnostik. Sie dient dazu, die Lage des Kindes zu bestimmen und die Plazenta zu kontrollieren.

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Werdende Mütter lernen das Prozedere im Laufe ihrer Schwangerschaft gut kennen: Mit drei Ultraschalluntersuchungen (Sonografien) können Lage und Entwicklung des ungeborenen Kindes überprüft werden. Ein Schallkopf sendet über Piezokristalle Schallwellen in den Körper, sobald er mit sanftem Druck auf die Haut gesetzt wird.

Gemessen wird, wo und wie die für das menschliche Gehör in der Regel wahrnehmbaren Wellen reflektiert werden. Ultraschalltöne liegen auf einer Frequenz von über 19.000 Hertz. Was schließlich auf dem Bildmonitor zu sehen ist, hängt von der Stärke der Reflexion, des Schallechos, ab. Knochen oder Luft sind echoreiche Strukturen und auf dem Bild daher weiß, Flüssigkeiten sind schwarz, und Organe sind in Grauabstufungen zu sehen.

Mit Ultraschalluntersuchungen kann man viele Details erkennen, sie sind günstig und für Mutter und Kind unschädlich – was man von Röntgen, Computertomografie und Magnetresonanztomografie nicht mit Sicherheit sagen kann.

Allerdings stößt die Ultraschalltechnologie längst an ihre Grenzen: Eine durch Muskel- oder Fettgewebe dickere Bauchdecke schränkt die Aussagekraft der Untersuchung ein, wie Otmar Scherzer, Mathematiker und wissenschaftlicher Leiter des Computational Science Center an der Universität Wien, erzählt.

Optimierte Sonografie

Deshalb wurde Anfang des Jahres das Christian-Doppler-Labor für die Modellierung und Simulation von neuen Ultraschallgeräten gegründet. Scherzer will als Laborleiter mit einem kleinen Team von einer Handvoll Forschenden und einer Ärztin in Ausbildung in insgesamt sieben Jahren die Voraussetzungen für optimierte Sonografien schaffen.

Die Mittel kommen von der öffentlichen Hand (Wirtschaftsministerium, Nationalstiftung) und vom Firmenpartner GE Healthcare Austria, einem Spezialisten für pränatale Diagnostik, der seine technischen Entwicklungen mithilfe des Doppler-Labors verbessern will.

Es gibt dabei ein wirtschaftliches und ein medizinisches Interesse: Viele Unternehmen mit neuen Sonografie-Geräten unterschiedlicher Qualität drängen in den Markt der Medizintechnikgeräte. Der Wirtschaftspartner des Labors will sich von ihnen deutlich abheben.

Genaue Diagnose

Dazu kommt die Verantwortung für die Gesundheit von Mutter und Kind, der man mit genauer arbeitenden Technologien auch eher gerecht wird: In der Pränataldiagnostik werde nicht nur die Lage des ungeborenen Kindes bestimmt, sondern auch die Plazenta kontrolliert, berichtet Scherzer. "Es geht um die Versorgung mit Sauerstoff, es geht um eventuelle Fehlbildungen, vor allem am Herzen." Eine genaue Diagnose sei die Voraussetzung, um derartige Probleme frühzeitig zu erkennen und, wenn nötig, eine Operation am Herz des Ungeborenen noch vor der Geburt durchzuführen.

Scherzer betont: "Es betrifft nicht nur werdende Mütter. Die Gewebestrukturen aller Menschen verändern sich sehr stark, viele werden dicker, viele werden aber auch durch Sport muskulöser." Als die den Untersuchungsgeräten zugrunde liegende Technologie entwickelt wurde, ging man von der theoretischen Annahme aus, der Mensch sei ein mit Wasser gefüllter Sack und medizinische Kontrollen daher leicht durchführbar.

Durch die starken körperlichen Veränderungen "ist das ein längst überholter Ansatz". Scherzer meint, dass man bei der Untersuchung dann auch nicht nur die eine Muskel- oder Fettschicht überwinden muss, sondern gleich mehrere.

Präzise Beschallung

Aber wie soll das gelingen? Scherzer erklärt es anhand eines Beispiels: Künftig wird errechnet, wie viel Gewebe um oder über Organen wie den Nieren liegt. Man rechnet die Dichte der Strukturen annähernd korrekt aus und beginnt mit der Beschallung, bildlich gesprochen, erst hinter diesen Schichten.

Die optimierten Ultraschallgeräte sollen also personalisierte Medizin ermöglichen. Scherzer kündigt Kooperationen mit der bodengestützten Astronomie an: Auch hier sei man gezwungen, Störungen für ungehinderte Beobachtungen "wegzurechnen", in diesem Fall sind es Wolken. Die Wissenschaft nützt dafür Spiegel, die sich an die Umweltgegebenheiten anpassen.

Mathematiker des Linzer Johann Radon Institute for Computational and Applied Mathematics der Akademie der Wissenschaften haben hier bereits mit der Europäischen Südsternwarte ESO zusammengearbeitet. Scherzer sagt, dass man bei Ultraschalluntersuchungen künftig die Piezokristalle als ausgleichende Variable nützen wird. Wann sie mit welcher Stärke aussenden sollten, das gilt es dann zu berechnen.

Eine Anwendung der Mathematik, die Scherzer immer mehr interessiert hat als mathematische Grundlagen. Der Wissenschafter sieht somit auch keinen Widerspruch in der Bezeichnung "anwendungsorientierte Grundlagenforschung", der sich die Christian-Doppler-Gesellschaft, Trägerin seines Labors, verschrieben hat. Wissenschaft, die nach strengen Kriterien evaluiert wird, von der die Publikation neuer Erkenntnisse gefordert wird, deren Ergebnisse aber dennoch in Planungen eines Firmenpartners fließen. (Peter Illetschko, 4.9.2022)