Zwei Insider haben ausgepackt und hoffen auf Strafmilderung. JP Morgan soll auch in den milliardenschweren Steuerskandal involviert sein.

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Im milliardenschweren Cum-Ex-Steuerskandal hat es abermals eine Razzia bei einer Bank in Frankfurt gegeben. Mit JP Morgan gerät ein weiterer prominenter Name in den Sog der Causa. Wie eine Sprecherin der US-Bank am Mittwoch bestätigte, durchsuchten seit Dienstag in der Früh rund 50 Staatsanwälte, Steuerfahnder und Polizisten die Räumlichkeiten im Frankfurter Taunusturm und mehrere Privatwohnungen von verdächtigen Personen. Es soll mehr als 20 Beschuldigte geben, wie das deutsche Handelsblatt berichtet – darunter auch Führungskräfte und Mitarbeiter aus der Compliance-Abteilung.

Bei den sogenannten Cum-Ex-Geschäften ließen sich die Beteiligten eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer auf Aktiendividenden mithilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag für die Auszahlung der Dividende herum untereinander Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren.

Gesetzeslücke ausgenutzt

Möglich wurden diese Geschäfte, weil eine Gesetzeslücke ausgenutzt wurde. Weltweit soll ein Schaden von etwa 150 Milliarden Euro entstanden sein. In den Skandal waren aber nicht nur in Deutschland zahlreiche Banken verwickelt, Cum-Ex spielt auch in Österreich und in der Schweiz eine große Rolle.

JP Morgan soll einerseits klassische Cum-Ex-Geschäfte durchgeführt, andererseits auch verwandte Modelle zur Steuerhinterziehung genutzt haben. Zwei Insider haben laut Handelsblatt ihr Wissen offengelegt und versprechen sich dadurch Strafmilderung. Die Vorwürfe wolle man aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht kommentieren, sagt die Sprecherin. Sie fügte hinzu, dass "JP Morgan mit den Behörden kooperieren will".

Steuerhinterziehung

Im Sommer 2021 stellte der Bundesgerichtshof fest, dass Cum-Ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung zu bewerten sind. Das Steuerschlupfloch wurde bereits im Jahr 2012 geschlossen. Mehrere Staatsanwaltschaften und Gerichte deutschlandweit arbeiten den Skandal seit Jahren auf, wobei es immer wieder zu Razzien bei Banken kommt. Druck macht vor allem die Staatsanwaltschaft Köln. In den vergangenen Monaten hat sie Büros der US-Banken Merrill Lynch und Morgan Stanley, der britischen Barclays, der schwedischen Bank SEB sowie der Dekabank in Frankfurt durchsucht.

Über 1.600 Beschuldigte

Staatsanwaltschaften in Köln, Frankfurt, München und Stuttgart ermitteln aktuell in über 100 Verfahren mit mehr als 1.600 Beschuldigten. Bisher hat das Landgericht Bonn drei Personen schuldig gesprochen. Fünfeinhalb Jahre Haft lautete die bisher höchste Strafe. In Österreich ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den Steuertricks mittlerweile gegen mindestens 60 Personen. (and, 31.8.2022)