Moskau – Der Verwaltungsratschef des russischen Ölgiganten Lukoil, Rawil Maganow, ist Insidern zufolge nach einem Sturz aus einem Fenster im sechsten Stock eines Moskauer Krankenhauses ums Leben gekommen. Der Vorfall habe sich im zentralen Krankenhaus ereignet, sagte eine mit der Sache vertraute Person am Donnerstag. Auch russische Medien berichteten vom Tod des 67-Jährigen unter Berufung auf ungenannte Quellen.

Staatsnahe russische Medien sprachen rasch von Suizid. Laut der Nachrichtenagentur "Tass" habe diese Version auch eine nicht genannte Quelle innerhalb der Polizei bestätigt. ,Aufgrund von Umbauarbeiten seien jedoch keine Bilder von Überwachungskameras verfügbar, hieß es. Wie die Klinik selbst am Nachmittag mitteilte, werden vor Ort derzeit Ermittlungen durchgeführt.

Rawil Maganow gemeinsam mit Wladimir Putin im November 2019.
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Lukoil, der zweitgrößte russische Ölkonzern, sprach in einer ersten Stellungnahme den Angehörigen von Maganow sein Beileid aus und sprach nur von einem Tod infolge einer "schweren Krankheit". Kreml-Sprecher Dmitri Peskow lehnte eine Stellungnahme ab, der Fall sei "nicht die Angelegenheit" des Kremls.

Behandlung wegen Herzproblemen

Maganow, geboren 1954 in der heutigen russischen Teilrepublik Tatarstan, arbeitete seit 1993 bei Lukoil und wurde 2020 Vorstandschef. Er war ein enger Mitarbeiter von Wagit Alekperow, einem der Gründer von Lukoil, und anfangs für die Raffinerie, die Produktion und die Erkundung neuer Ölreserven verantwortlich. Alekperow trat im April als Präsident von Lukoil zurück, nachdem Großbritannien wegen der Russland-Sanktionen sein Vermögen eingefroren und ihm ein Einreiseverbot auferlegt hatte.

Im Gegensatz zu Alekperow und vielen weiteren Funktionären russischer Energieunternehmen stand Maganow nicht auf der Sanktionslisten von EU und USA. Gegen Lukoil hingegen wurden in den USA Sanktionen verhängt, in Europa ist das Unternehmen von den allgemeinen Sanktionen gegen Erdöl betroffen.

Maganow soll wegen Herzproblemen in dem renommierten Spital, in dem diese Woche auch Michail Gorbatschow nach langer Krankheit verstarb, behandelt worden sein. Die Sicherheitsvorkehrungen gelten dort ob der prominenten Gäste für gewöhnlich als besonders hoch. Die Klinik liegt entgegen ihres Namens am westlichen Stadtrand Moskaus.

Mehrere Vorfälle

Bereits in der Vergangenheit sind jedoch zahlreiche Personen, die sich kritisch gegenüber der Regierung oder den Behörden in Russland geäußert hatten, "aus dem Fenster gefallen" und verstorben, wie russische Medien infolge der Todesfälle berichteten. Prominente Fälle sind etwa ein Journalist, der über die russische Söldnergruppe Wagner recherchierte, sowie russische Ärzte, die sich zu Beginn der Corona-Pandemie kritisch gegenüber der Regierung geäußert hatten. Aber auch Alexander Subbotin, ein ehemaliger Lukoil-Manager, starb im Mai unter ungeklärten Umständen – angeführt wurde ein Tod durch eine okkulte Behandlung gegen Alkoholsucht.

Wie der STANDARD im Mai berichtete, starben laut unabhängiger russischer sowie westlicher Medienberichte innerhalb der ersten fünf Monate des Jahres 2022 acht Oligarchen eines nicht natürlichen Todes. In mehreren dieser Fälle war, wie nun nach Maganows Tod, von Suiziden die Rede.

Bereits im Mai starb ein ehemaliger Lukoil-Manager unter ungewöhnlichen Umständen.
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Lukoil hatte sich Anfang März offiziell auf seiner Website zum Krieg in der Ukraine geäußert. Der Vorstand von Lukoil brachte darin seine "tiefe Besorgnis über die tragischen Ereignisse in der Ukraine" zum Ausdruck. Man fordere die schnellstmögliche Beendigung des bewaffneten Konflikts, einen dauerhaften Waffenstillstand sowie eine Lösung der Probleme auf diplomatischem Wege und bringe aufrichtiges Mitgefühl für alle Opfer zum Ausdruck, die von dieser Tragödie betroffen sind, war darin zu lesen.

Bei dem Ölkonzern war auch Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) tätig, er hat im März seine Funktion im Aufsichtsrat von Lukoil zurückgelegt. (faso, Reuters, APA, 1.9.2022)