Anton Mattle schwor sein Team in Galtür auf den bevorstehenden Intensivwahlkampf ein.

Foto: Florian Lechner

Das Wetter spielte allerdings nur bedingt mit.

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Auf der Dachterrasse des Alpinariums herrschte Gedränge, als sich Mattle seinen Weg nach oben bahnte.

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Von der Baustelle gegenüber warfen Mattle-Fans einen Blick auf die Baustelle ÖVP.

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Schlechte Umfragewerte und die klare Absage an die FPÖ lassen Mattle in den eigenen Reihen oft etwas alleine dastehen.

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Galtür – "Wetterfest" lautet einer der vielsagend nichtssagenden Wahlkampfslogans auf den Wahlplakaten der Tiroler Volkspartei (ÖVP). Diese Eigenschaft musste Spitzenkandidat Anton Mattle beim offiziellen Wahlkampfauftakt in seiner Heimatgemeinde Galtür am Samstag gleich unter Beweis stellen. Denn am Dach des Alpinariums, einem örtlichen Veranstaltungs- und Ausstellungszentrum, setzte just während Mattles Rede leichtes Tröpfeln ein und die Temperaturen über 1500 Metern Seehöhe waren schon recht herbstlich.

Das Wetter stand sinnbildlich für die Situation, in der sich die Tiroler Regierungspartei derzeit befindet. Die Umfragewerte sagen das womöglich historisch schlechteste Wahlergebnis voraus, von zuletzt mehr als 44 Prozent droht ein Absturz auf unter 30. Und nicht nur deshalb rumort es intern gehörig. Denn Mattles überraschende Absage an eine Koalition mit der FPÖ schmeckt vielen in der ÖVP gar nicht. Dadurch haben sich die Koalitionsoptionen deutlich verringert.

Auftakt im kleinen Kreis, ohne Platter

Zum Auftakt in Galtür galt es daher Einigkeit zu zelebrieren. Das gelang aber mehr schlecht als recht. So fehlte etwa der amtierende Landeshauptmann Günther Platter, der am Samstag lieber zur Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei nach Meran gefahren ist. "Das ist so passiert, ein Zufall", erklärte Mattle die Absenz des Noch-Amtsinhabers. Er sei aber am Freitagabend dabei gewesen, als Mattle sein 72-köpfiges Team auf die letzten und intensiven Wochen des Wahlkampfes eingeschworen hat.

Dieses Team scharte sich am Samstag um den Spitzenkandidaten, als der auf der Dachterrasse des Alpinariums seine Rede hielt. Man habe auf Mattles Wunsch hin auf eine große Inszenierung verzichtet, er wollte lieber in Galtür im kleinen Kreis starten. Selbst hochrangige VP-Funktionäre wie Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser glänzten durch Abwesenheit. In seiner Rede ging Mattle auf die großen Themen des Wahlkampfes ein: Teuerung, Energiewende, Arbeitsmarktpolitik und Pflege. Auffallend viel Redezeit widmete er der FPÖ und deren Spitzenkandidat Markus Abwerzger.

Duell mit FPÖ im Fokus

Denn der Freiheitliche hat am Freitag das "Duell um Tirol" ausgerufen und erklärt, Landeshauptmann werden zu wollen. Mattle ziert sogar die neuen FPÖ-Plakate, eine Werbung, die der schwächelnden ÖVP nicht ganz ungelegen kommt, wie manche aus dem VP-Team bestätigten. Mattle bekräftigte erneut sein Nein zu einer Koalition mit der FPÖ und erklärte die Wahl am 25. September zur "Richtungsentscheidung" für Tirol. Er selbst sei in diesem Duell der Kandidat der Mitte, Abwerzger jener "von Kickls Gnaden". Das direkte Duell mit der FPÖ, auf das Mattle sich damit einlässt, soll wohl auch die eigenen Wählerinnen und Wähler mobilisieren.

Auf die schlechten Umfragewerte seiner Partei ging der Spitzenkandidat ebenfalls ein. Er verstehe diese als "Signal für eine Aufholjagd", die nun bevorstehe. Mattle wird dazu die kommenden Wochen in einem Bus durch Tirol touren. Er und sein Team wollen "auf die Menschen zugehen", um dabei neue Ideen zu entwickeln für das Land. Atmosphärisch blieb die Stimmung während der Rede wie das Wetter: etwas unterkühlt und wechselhaft.

Wahlziel "deutlich über 30 Prozent"

Inhaltlich bot Mattles Rede wenig neues, bis auf den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, den er nun fordert. Die meisten Themen sind altbekannt – vom Transit, den er mit Blockabfertigung und Korridormaut in den Griff bekommen will, bis zum qualifizierten Zuzug von Fachkräften, da Tirols Wirtschaft unter eklatantem Arbeitskräftemangel leidet. Und die Ausgangslage für die Wahl ebenfalls. Als Ziel rief Mattle aus, "deutlich über 30 Prozent" landen zu wollen, um künftig als Landeshauptmann eines "Tirol der Mitte" zu regieren. Sein Team quittierte die Ansage mit "Toni"-Sprechchören und Applaus. Wirkliche Aufbruchstimmung war aber nicht zu spüren.

Auf Mattle warten drei anstrengende und intensive Wochen. Die Herausforderung, die er mit seiner Kandidatur als Landeshauptmann eingegangen ist, beschrieb er mit einem Vergleich: Seine Heimatgemeinde Galtür, wo er 30 Jahre lang als Bürgermeister regierte, habe 780 Einwohner. Tirol wiederum hat 780.000 Einwohner: "Die Verantwortung als Landeshauptmann ist also tausend mal größer."(Steffen Arora, 3.9.2022)