Unternehmen müssen vor der "Workation" von Mitarbeitenden viele Steuer- und Versicherungsfragen klären.
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Eigentlich hatte Fabienne Kronenberghs längst ihren Job gekündigt. Schon lange wollte sie im Süden Europas reisen, dafür hätte die 23-Jährige ihre Vollzeitstelle bei einer Versicherung in Hamburg aufgegeben. Dann erfüllte ihr der Arbeitgeber aber einen Wunsch: Ihr wurde das Reisen innerhalb der EU erlaubt – während der Arbeit. "Das war der entscheidende Grund, warum ich doch geblieben bin", erzählt die Versicherungsmanagerin.

Das gleiche Bedürfnis wie Kronenberghs, dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen, haben mittlerweile sehr viele junge Menschen. In einer neuen Erhebung der Unternehmensberatung Deloitte zu flexiblen Arbeitsmodellen in österreichischen Betrieben mit rund 600 Unternehmen in Österreich zeigt sich eine deutliche Zunahme an dem Bedürfnis nach "Workation", also dem flexiblen Arbeiten im Ausland. 73 Prozent der befragten Betriebe haben laut der Studie angegeben, ihre Bewerberinnen und Bewerbern hätten sich verstärkt nach der Möglichkeit für das Arbeiten an Urlaubsorten interessiert. Außerdem hätten 93 Prozent der Jobanwärter der befragten Unternehmen geantwortet, völlig ortsunabhängig arbeiten zu wollen.

Zu Hause zu arbeiten ist vielen nicht genug

"Die angespannte Arbeitsmarktsituation und steigende Ansprüche auf Arbeitnehmerseite treiben zusätzlich weitere Veränderungen an", analysiert Juliana Wolfsberger, New-Work-Expertin bei Deloitte. Firmen wie Airbnb und Amazon bieten ihren Mitarbeitenden bereits die Möglichkeit, an Urlaubsorten zu arbeiten. Vor allem die Pandemie habe die Lust auf das Reisen während der Arbeit bestärkt, denn alleine im Lockdown zu Hause wäre vielen zu einsam geworden, sagt Wolfsberger. Freilich ist es nicht jeder berufstätigen Person möglich, ihre Arbeit einfach so von einem anderen Ort aus zu erledigen.

Wie die Umfrage ergibt, häufen sich die Wünsche nach Workation vor allem im Technologie- und Telekommunikationssektor. In der Banken- und Versicherungsbranche seien die Erwartungen hinsichtlich des Arbeitens aus dem Ausland hingegen weitestgehend unverändert geblieben. Branchenübergreifend sagen allerdings laut Deloitte 25 Prozent der Generation Z, zu der junge Menschen zwischen 19 und 26 Jahren zählen, dass eine besonders hohe Flexibilität bei Arbeitszeit und Arbeitsort der Topgrund sei, warum sie sich für einen Arbeitgeber entscheiden. Auch Angestellte Kronenberghs zählt zu dieser Altersklasse. Seit drei Monaten arbeitet sie nun in Mailand, betreut Industriekunden mit Großschäden über Zoom vom Strand aus, aus dem Zug, wenn sie reist, oder vom Balkon ihrer Wohngemeinschaft aus. Bald will sie für einen Monat nach Spanien wechseln. Derzeit ist sie die Einzige in ihrem Unternehmen, der dies versuchsweise erlaubt ist.

Steuer- und Versicherungshürden erschweren das Reisen

Ganz ohne weiteres ist ein Arbeitsort in einem anderen Land aber nicht immer möglich. Laut Jana Eichmeyer, Arbeitsrechtsexpertin bei Eisenberger Herzog, stellen sich viele rechtliche Fragen für das Unternehmen, und das Home office im Ausland sei weder gesetzlich noch kollektivvertraglich geregelt. Außerdem sollten Arbeitgeber vorab prüfen, ob im Ausland bestimmte Bewilligungen notwendig oder Meldepflichten zu beachten sind. Würden sich Arbeitnehmerinnen länger als 183 Tage in einem anderen Land aufhalten, könnten für sie sogar die Besteuerungspflicht des Gastlandes anfallen.

Neben den Steuer- und Sozialversicherungsbelangen kann es aber bei Workation auch zwischenmenschliche Schwierigkeiten geben. "Arbeitgeber, die auf das Vermitteln der Unternehmenskultur und die Förderung des Teamspirits vergessen, werden schnell austauschbar", warnt Christian Korunka, Professor für Arbeits-und Organisationspsychologie an der Universität Wien. Eine Hürde, die Kronenberghs in Kauf nimmt: "Viele Infos, die im Büro kurz kommuniziert werden, gehen an mir vorbei." Doch dafür bleibe die Freiheit, immer neue Orte kennenzulernen. (Melanie Raidl, 08.09.2022)