Ankie Spitzer verlor 1972 durch das Olympia-Attentat ihren Mann André.

Foto: EPA / Ronald Wittek

Es war eine emotionale Reise für Ankie Spitzer. Sie kam von Israel nach Deutschland, um am Montag im bayerischen Fürstenfeldbruck am Gedenken für die Opfer des Münchner Olympia-Attentats von 1972 teilzunehmen.

Vor 50 Jahren war ein Foto der heute 76-Jährigen um die Welt gegangen: Die junge Ankie Spitzer steht im olympischen Dorf und schaut entsetzt jenen Ort an, an dem ihr Ehemann André Spitzer, der Fechttrainer der israelischen Mannschaft, von palästinensischen Terroristen als Geisel genommen worden war. Einen Tag später starben er und zehn weitere Israelis bei der missglückten "Befreiungsaktion" in Fürstenfeldbruck.

Sie hatte damals, erzählt Ankie Spitzer später, nur einen Gedanken: "Wenn André, dieser friedliebende Mensch, das alles durchmachen musste, werde ich nicht schweigen." Daran hielt sie sich.

Eigentlich hätte Olympia 1972 in München für das junge Ehepaar Spitzer ein heiteres Sportfest werden sollen. Ankie stammt aus den Niederlanden, dort lernte sie auch André kennen, er trainierte sie im Fechten. Die beiden heirateten 1971, gingen gemeinsam nach Israel. Tochter Anouk wurde zweieinhalb Monate vor den Spielen geboren.

Doch nach dem Attentat hatte die junge Ankie Spitzer von Deutschland vor allem einen Eindruck: dass überhaupt niemand an offizieller Stelle Interesse an Aufklärung oder Entschädigung hatte.

Späte Akteneinsicht

Das aber wollte sie nicht akzeptieren und begann den Kampf ihres Lebens, an mehreren Fronten. In Deutschland verlangte sie immer wieder eine Untersuchung der Geschehnisse, erst nach Jahrzehnten bekam sie erstmals Akteneinsicht.

Und sie kämpfte 50 Jahre lang hart um Entschädigung. Erst wenige Tage vor dem fünfzigsten Jahrestag gelang die Einigung mit der deutschen Seite auf 28 Millionen Euro für die Hinterbliebenen.

Auf olympischer Ebene hatte Spitzer auch erst 49 Jahre nach dem Attentat einen Erfolg erzielt: Erstmals gab es 2021 während der Eröffnungsfeier in Tokio eine Schweigeminute für die israelische Mannschaft.

Obwohl das Attentat immer präsent war, habe sie ein gutes Leben geführt, sagt Spitzer. Sie lebt in Israel, arbeitete für das niederländische Fernsehen, heiratete erneut und bekam noch drei Kinder. Heute hat sie acht Enkelkinder.

Immer noch besitzt sie den Stoffdackel Waldi. Er war das Maskottchen der Spiele in München. Ihr Mann hatte ihn damals, vor 50 Jahren, für die gemeinsame Tochter Anouk gekauft. (Birgit Baumann, 5.9.2022)