Anubispaviane (Papio anubis), die auch als Grüne Paviane bekannt sind, wurden aufgrund ihrer hundeähnlichen Schnauze nach dem altägyptischen Gott Anubis benannt. Während der Lockdowns, als weniger Menschen zuschauten, waren sie in einem britischen Safaripark sexuell aktiver.
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Tiergärten sind umstrittene Territorien. Viele Aktivistinnen und Aktivisten sprechen sich dafür aus, sie ganz abzuschaffen und möglichst keine wilden Tiere in Gefangenschaft zu halten. Dass den "Insassen" nur wenig Platz und kaum Abwechslung zur Verfügung stehen, ist keine Seltenheit. Andere argumentieren, dass zumindest gut geführte zoologische Gärten eine wichtige Aufgabe erfüllen: Sie bringen Menschen Lebewesen und Lebensräume aus verschiedenen Ecken der Erde nahe und wecken nicht nur Faszination, sondern auch den Willen, die Tiere in freier Wildbahn zu schützen.

Auch wenn sich diese durchaus anders verhalten als Zootiere: Durch Forschung in Tiergärten lassen sich unter kontrollierten Bedingungen viele neue Erkenntnisse gewinnen. Kürzlich gab es auch eine besondere Gelegenheit, zu beobachten, was sich ändert, wenn die Tiere nicht mehr tagtäglich von neugierigen (und oftmals lauten) Menschen beobachtet werden. Während der pandemiebedingten Lockdowns waren oftmals auch die Zoos gesperrt. Eine aktuelle Studie im Fachjournal "Animals" zeigt, welches Verhalten bestimmte Menschenaffen in dieser Zeit an den Tag legten.

Allein unter Gorillas

Dafür untersuchte das Team etwa 200 Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Paviane in einem britischen Safaripark und einem Zoo mit Primatenschwerpunkt. "Primaten gehören zu den kognitiv am weitesten entwickelten Arten in Tiergärten, ihre Beziehung zu Besuchern und Besucherinnen ist komplex", sagt Samantha Ward von der Nottingham Trent University, die an der Studie beteiligt war.

Die beobachteten Westlichen Flachlandgorillas – Artbezeichnung: Gorilla gorilla gorilla – suchten seltener die Gesellschaft ihrer Artgenossen, als die menschlichen Zoobesucher Covid-19-bedingt fehlten, und legten sich öfter auf die faule Haut.
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Beim Vergleich mit den üblichen Öffnungszeiten zeigte sich, dass die Gorillas im Lockdown durchschnittlich mehr Zeit zur Entspannung aufwandten und weniger aktiv waren. Bei ihnen und den Zwergschimpansen (Bonobos) fiel auf, dass sie generell öfter allein statt in Gesellschaft ihrer Artgenossen waren. Womöglich fühlten sie sich weniger gestört als während des regelmäßigen Besucherandrangs.

Weniger Appetit

Die Forscherinnen und Forscher beobachteten zudem bei Schimpansen, dass sie weniger fraßen, wenn die Zoos geschlossen hatten. Und sie nutzten zu dieser Zeit auch Beschäftigungsmöglichkeiten im Gehege seltener. Bonobos, Gorillas und Schimpansen werden durch Besuch eher stimuliert, schließt das Team aus den Beobachtungen.

Schimpansen waren während der Lockdowns dem Schlemmen weniger zugetan als sonst.
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Im Gegensatz dazu wurden die im Safaripark analysierten Anubispaviane eher durch die Abwesenheit der Menschen stimuliert, zumindest sexuell. Sie nutzten den Lockdown für mehr Geschlechtsverkehr und zeigten häufiger Dominanzverhalten. Außerdem kommen sie Besucherautos im Park relativ häufig nahe. Fehlten die Gäste, blieben die Paviane auch dem Fahrzeug der Parkranger, das das Gehege durchquerte, eher fern.

Veränderte Bedingungen

Prinzipiell ist das Verhalten stark vom individuellen Tier und dessen Vorerfahrungen abhängig, schreibt das Forschungsteam. Es lasse sich auch nicht allgemein sagen, ob das beobachtete Gebaren, das sich nach der Rückkehr der Besucherinnen und Besucher wieder anpasste, per se positiv oder negativ zu bewerten sei.

Erstautorin Ellen Williams von der Harper Adams University in Newport ist jedenfalls nicht nur davon überzeugt, dass es weitere Studien brauche, um auch das Verhalten anderer Tiere besser zu verstehen. Sie betont auch, wie wichtig es sei, den Primaten "ein Gehege zu geben, das ihnen ermöglicht, sich aktiv an neue Bedingungen anpassen zu können". (red, 6.9.2022)