Ex-OMV-Chef Gerhard Roiss am Dienstag vor dem U-Ausschuss.

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Vom früheren OMV-Aufsichtsratschef Wolfgang Berndt und seinem Nachfolger als OMV-Chef Rainer Seele hat Gerhard Roiss offensichtlich keine besonders hohe Meinung. Berndt habe jene OMV-Strategie mitunterschrieben, die er später öffentlich massiv kritisierte – "mehr möchte ich zu dem Herrn nicht sagen", so Roiss vor dem ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss. Zu Seele habe er hingegen "gar kein Verhältnis"; auch wenn Roiss dessen Strategie indirekt drastisch kritisierte.

Wäre er OMV-Chef geblieben, stünde die österreichische Energieversorgung heute anders da – das will Roiss in seiner Befragung jedenfalls durchblicken lassen. Vor weiteren Investments in Russland habe er in seiner Zeit als OMV-Chef bis 2014 gewarnt und immer auf eine Diversifizierung bei den Gaslieferanten gedrängt, erklärte der einstige Spitzenmanager.

Einen "Knebelvertrag" mit Gazprom wie Seele bis 2040 hätte er jedenfalls nicht abgeschlossen, auch wenn eine lange Vertragsdauer normal sei. Man merkt Roiss an, dass ihn die Art und Weise seines Abgangs bei der OMV nach wie vor wurmt. Da spielen alte Bekannte eine Rolle, die in den aktuellen Verwerfungen wieder auftauchen: etwa der russophile Manager Siegfried Wolf, dem gemeinsam mit Thomas Schmid, einst Generalsekretär im Finanzministerium, Bestechung einer Finanzbeamtin vorgeworfen wird. Wolf war damals bei der ÖIAG, der Vorgängerin der Staatsholding Öbag, bei der ja dann später Schmid als Alleinvorstand landen sollte. Als ÖIAG-Aufsichtsratschef soll Wolf mehrfach Kritik an Roiss geäußert und ihm gesagt haben, "dass die OMV-Strategie nicht passt". Im September 2014 musste Roiss vorzeitig weichen, später sei es zu "massiven Medienkampagnen" gegen ihn gekommen, erzählte er im Ausschuss.

Die Gazprom-Connection

Als Nachfolger agierte damals schon der deutsche Manager Rainer Seele, der bereits beim Kasseler Energiekonzern Wintershall eng mit Russland zusammengearbeitet hatte. Habe Seele im Interesse Russlands gehandelt, wie manche Geheimdienste streuen? Dazu wollte sich Roiss nicht äußern.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), der bis Dezember 2017 auch für die ÖIAG und somit für die OMV zuständig war, heuerte nur drei Monate nach seinem Ausscheiden aus der Politik jedenfalls als Berater für das schon damals umstrittene Gazprom-Projekt Nord-Stream-2-Pipeline an – und auch mit Siegfried Wolf heckte er laut Chats Ideen für Projekte aus. Mittlerweile ist Schelling in Wolfs Steuercausa selbst Beschuldigter, für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Ganz als Opfer sinistrer Kräfte präsentieren konnte sich Roiss allerdings nicht: Ins Schwimmen geriet er, als SPÖ-Fraktionschef Jan Krainer ihn zu seinen Aktivitäten als einstiger Aufsichtsratschef des Verbunds (2017 bis 2019) fragte. In dieser Zeit wurde der frühere oberösterreichische Wirtschaftslandesrat Michael Strugl (ÖVP) zum Verbund-Chef. Welche Hintergrunddeals gab es da? Roiss bestritt jegliche Intervention aus der Politik, Strugl sei jedenfalls mit klarer Mehrheit im Aufsichtsrat bestellt worden, aber: "Ich habe mich nicht vorbereitet zu Fragen des Verbunds, sorry."

Weiterbohren will der U-Ausschuss am Mittwoch mit dem früheren OMV-Aufsichtsratschef und ÖVP-Spender Wolfgang Berndt; am Nachmittag ist dann eine OMV-Managerin geladen. Die OMV-Woche bleibt aber inkomplett, weil sowohl Seele als auch eine frühere Betriebsrätin abgesagt haben.

Streit mit Innenminister

Eine Ladung von Seele wird ohnedies schwierig, da er deutscher Staatsbürger mit Wohnsitz im Ausland ist.

Parallelen gibt es da zu Thomas Schmid: Der ist zwar Österreicher, wohnt aber in den Niederlanden. Trotzdem gab es für sein Nichterscheinen eine Beugestrafe, gegen die sein Anwalt berufen will. Der U-Ausschuss möchte jedenfalls, dass die Polizei ihn vorführt, sobald er in Österreich auftaucht – dem erteilte nun das Innenministerium eine Abfuhr, basierend auf einer Beurteilung des Verfassungsdienstes im Kanzleramt. Das will sich wiederum Krainer nicht bieten lassen – und Innenminister Gerhard Karner fragen, "warum er Schmid schützt". Der richtete schon per Sprecher aus: "Der Innenminister würde Thomas Schmid sofort vorführen lassen. Aber er darf nicht, weil die gesetzliche Grundlage fehlt". (Renate Graber, Fabian Schmid, 6.9.2022)