Wasch mich, aber mach mir den Pelz nicht nass. Diese Redensart fällt einem ein, wenn man auf den Atomkurs des deutschen Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) schaut.

Grundsätzlich besteht kein Zweifel: Er will die drei noch am Netz befindlichen deutschen Atomkraftwerke nicht bis über den 31. Dezember hinaus am Netz lassen. Der Kampf um den Atomausstieg gehört zur grünen DNA, deshalb sind viele damals Anfang der 1980er-Jahre der neuen Partei beigetreten.

Zwischen den Stühlen: der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck.
Foto: EPA/CLEMENS BILAN

Andererseits wird Energie immer teurer, die Versorgungslage unsicherer, und die Rufe nach einem Weiterbetrieb der drei Kraftwerke sind mittlerweile sehr laut. Habeck sitzt also zwischen den Stühlen. Er lehnt Atomkraft für das Jahr 2023 ab, möchte aber auch nicht den schwarzen Peter zugeschoben bekommen, wenn die Lage noch finsterer wird.

Also hat er nach dem Stresstest der Netzbetreiber einen Kompromiss ersonnen, dem man das Winden und Zögern deutlich anmerkt: Zwei von drei Kernkraftwerken werden nicht komplett heruntergefahren, sondern bleiben als Notreserve. Es ist nicht der geplante endgültige Ausstieg, aber auch kein echter Weiterbetrieb.

Ob das im Notfall reicht, lässt sich heute noch nicht sagen. Sein Vorgehen jedenfalls ist derzeit ein Stresstest nicht nur für die Energieversorgung, sondern auch für die Ampelkoalition. Das letzte Wort ist vermutlich noch gar nicht gesprochen. (Birgit Baumann, 6.9.2022)