Glücklich sind jene, die den Kauf eines Hauses oder einer Wohnung mit einem Kredit mit fixen Zinsen finanziert haben – sie brauchen keine höheren Kreditraten zu befürchten.

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Nach sechs Jahren Nullzinsphase befinden sich die Zinsen im Euroraum wieder im Aufwind. Nach einem ersten Zinsschritt im Juli um einen halben Prozentpunkt wird die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag den Leitzins weiter anheben, womöglich sogar um einen Dreiviertelprozentpunkt. Probleme für die heimischen Banken erwarten die Vorstände der Finanzmarktaufsicht FMA, Helmut Ettl und Eduard Müller, derzeit nicht, da Österreichs Banken mehr variable Kredite aushaften hätten als etwa die deutsche Kreditwirtschaft. Soll heißen, das Zinsänderungsrisiko befindet sich meist auf der Seite der Kreditnehmer.

Für alle, die einen Kredit mit variabler Verzinsung haben, brechen allerdings härtere Zeiten an. Anzunehmen sei, "dass jene, die variable Kredite und auch nicht ein entsprechendes Einkommen haben, jetzt belastet werden", sagte Ettl. "Es wird für einige schwerer werden." "Vor dem haben wir seit Jahren gewarnt", ergänzte Müller. Genau deswegen seien auch die strengeren Regeln für die Vergabe von Wohnkrediten Mitte dieses Jahres eingeführt worden.

Für eine Generation Neuland

"Inflation und steigende Zinsen sind für eine Generation der Österreicher unbekannt", erklärt Ettl. Landsleute, die derzeit 30 oder auch 40 Jahre alt sind, hätten Erfahrungen damit, wie hoch langfristig realistische Durchschnittszinsen sind. Ob es deshalb und als Folge einer höheren Belastung durch Kreditzinsen und Inflation auch zu mehr Pleiten bei Privaten kommen werde, dazu wollten die Vorstände keine Prognose abgeben.

"Wir haben die Erfahrung, dass in Österreich die Disziplin der Kreditnehmer sehr hoch ist", sagte Ettl. Das habe man bei den Fremdwährungskrediten gesehen, als es trotz hoher Belastungen kaum zu Ausfällen gekommen sei. Zudem setzt Ettl auf die anstehenden Lohnrunden: "Wenn die Inflation jetzt in den Lohnrunden abgegolten wird, wird es vielleicht unmittelbar gar nicht so einen großen Effekt haben", ergänzte der FMA-Vorstand.

Notleidende Kredite

Die Quoten für notleidende Kredite seien seit der Finanzkrise von rund 13 auf derzeit etwa zwei Prozent gesunken, Müller zufolge ein extrem niedriges Niveau. "Weiter runter wird es wahrscheinlich nicht gehen."

Kann die Krise in der Energiewirtschaft auf die Finanzbranche überspringen? Derzeit sehen die FMA-Chefs diese Gefahr nicht. Ganz ausschließen könne man aber nicht, dass es noch zu Problemen komme. "Wir befinden uns in einer sehr angespannten Situation", sagte Ettl. "Wenn die Energiekrise dazu führt, dass die gesamte Wirtschaft stillsteht, dann wird es auch eine Belastung für die Finanzindustrie geben, das ist klar. (Alexander Hahn, 6.9.2022)