Webb enthüllt junge Sterne, die bisher hinter Staub verborgen waren.
Foto: NASA, ESA, CSA, and STScI

Die Nebel lichten sich – so lassen sich die ersten Monate der Arbeit des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) zusammenfassen. Das gilt nicht nur im übertragenen Sinn für die Erwartungen, die das Teleskop schon jetzt über die Maßen erfüllt hat, sondern auch buchstäblich: Mithilfe seiner im infraroten Lichtspektrum arbeitenden Sensoren kann es durch interstellare Staubwolken hindurchsehen, die bisher den Blick versperrten.

Zuletzt war es der 161.000 Lichtjahre entfernte Tarantelnebel (von seinem Entdecker Nicolas-Louis de Lacaille im 18. Jahrhundert auch 30 Doradus genannt), auf den das fast zehn Milliarden US-Dollar teure Instrument seinen Fokus richtete. Der Tarantelnebel ist für die Astronomie besonders interessant, weil er als Modell für das frühe Universum dient, in dem die ersten Sterne entstanden.

Die Formation, die sich in der großen Magellanschen Wolke befindet, ist mithin die größte und hellste Sternenfabrik in der sogenannten Lokalen Gruppe" die aus den Galaxien rund um die Milchstraße besteht. Hier befinden sich die größten, heißesten bekannten Sterne. Die in der Mitte des Bildes sichtbare Formation, die von weißen, spinnennetzartigen Staubstrukturen eingesponnen wird, ist eigentlich eine Lücke im Nebel, die der Sonnenwind junger Sterne, die hier blassblau erscheinen, gleichsam freibläst.

Einige besonders dichte Bereiche des Nebels widerstehen dem Wind, sie enthalten Protosterne: verdichtete Gaswolken, die sich zu Sternen entwickeln und bald selbst beginnen werden, den sie umgebenden Nebel zu formen.

Die Zerlegung des Lichts in seine Farben erlaubt es, die chemische Zusammensetzung des Nebels zu analysieren. So konnte ein besonders junger Stern identifiziert werden.
Foto: NASA, ESA, CSA, and STScI

Chemische Zusammensetzung bestimmt

Forschende konnten mithilfe der neuen Webb-Aufnahmen die Zusammensetzung des aufgenommenen Lichts bestimmen, was eine Untersuchung der chemischen Zusammensetzung eines der Sterne und des umgebenden Gases erlaubte. Dabei konnte ein sehr junger Stern identifiziert werden, den Fachleute bisher für älter hielten. Doch Webbs Spektrograf für Licht im Nahen Infrarot – damit ist Licht gemeint, das sich gerade außerhalb des sichtbaren Spektrums befindet – konnte zeigen, dass er noch von einer dichten Staubwolke umgeben ist und gerade erst beginnt, seine Umgebung zu säubern.

Einige der helleren Sterne zeigen acht auffällige Spitzen. Die sind ein charakteristisches Artefakt, das auf die Teleskopstruktur zurückzuführen ist und typisch für den Sensor für nahes Infrarot ist.

Die Europäische Weltraumagentur Esa hat einige der Ergebnisse in einem Video zusammengefasst.
HubbleWebbESA

Wieder ist es also die Sensitivität des JWST im infraroten Bereich, die seine Überlegenheit gegenüber anderen Teleskopen ausmacht. Technologisch ist Infrarotlicht eine echte Herausforderung: Da es sich dabei um nichts anderes als Wärmestrahlung handelt, muss das Teleskop selbst extrem kalt sein, um die Bilder nicht zu verfälschen. Ein fünfschichtiges Segel von den Dimensionen eines Tennisplatzes schirmt das Sonnenlicht ab, wodurch die wissenschaftlichen Instrumente zum Teil auf unter –267 Grad Celsius abkühlen, nur sechs Grad über dem absoluten Nullpunkt.

Der Lohn ist nicht nur ungetrübte Sicht durch Staubschleier, sondern auch der Blick auf extrem alte Himmelsobjekte aus der Frühzeit des Universums, die durch die sämtliche alten, weit entfernten Objekte betreffende Rotverschiebung nur noch als schwache Wärmestrahlung wahrnehmbar sind. Auch solche wurden hinter dem Nebel sichtbar. (rkl, 8.9.2022)