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Wie teuer darf ein Smartphone sein? Apple testet diese Frage gerade in Europa aus.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/JUSTIN SULL

Bei Produktpräsentationen ist es oft so: Nach einem langsamen Start packen die Hersteller immer mehr neue Features aus, sodass zumindest bei echten Fans die Begeisterung kontinuierlich wächst – nur um dann am Ende die Abkühlung zu präsentieren: den Preis.

Im Falle der Vorstellung der iPhone-14-Reihe kam der wahre Schock für viele jedoch erst nach der eigentlichen Veranstaltung. Stellte sich doch schnell heraus, dass die neue Gerätegeneration in Europa empfindlich teurer als seine Vorgänger ist – und Apple dabei in ganz neue Preisregionen vordringt.

Rekorde

Das teuerste iPhone – das iPhone 14 Pro Max mit 1 TB Speicherplatz – wird für stolze 2.099 Euro angeboten: ein Preis, der vor kurzem noch unvorstellbar schien. Doch die Teuerung beschränkt sich nicht auf das oberste Ende der Produktpalette. In der neuen Produktgeneration gibt es gerade mal noch ein einziges Modell, das unter 1.000 Euro kostet, das iPhone 14 mit 128 GB ist genau einen Euro günstiger.

Zum Vergleich: Das iPhone 13 kostete bei seiner Vorstellung noch 899 Euro. Dazu kommt, dass der Sprung zur zweitgünstigsten Ausführung dann noch einmal signifikant ist, das wäre das iPhone 13 mit 256 GByte, für das 1.129 Euro veranschlagt werden. Wie sehr sich das Preisniveau nach oben verschoben hat, lässt sich noch an einer anderen Zahl festmachen: Sechs der vierzehn verfügbaren iPhone-14-Varianten kosten mehr als 1.500 Euro.

Ursachenforschung

All das wirft natürlich die Frage nach den Gründen auf. Die einfachste Antwort ist das Gewohnte: Weil es Apple kann. Solange die Konsumenten bereit sind, solche Preise zu zahlen, ist aus Unternehmenssicht jede nicht erfolgte Preissteigerung eine vertane Chance.

Ob Apple sich dabei verkalkuliert, muss sich natürlich erst in den kommenden Monaten zeigen.

Doch wenn die Vergangenheit eines gezeigt hat, dann das: Zunächst ist die Aufregung groß, und dann werden iPhones doch wieder in Rekordstückzahlen gekauft – und oftmals gerade die teureren Modelle.

Externe Faktoren

Gleichzeitig greift die Erklärung "Gewinnoptimierung" auch zu kurz. Immerhin gibt es sehr wohl externe Faktoren, die den Preis bestimmen. Aus europäischer Perspektive ist dabei der derzeit sehr schwache Euro das größte Problem. Aktuell liegt der Umrechnungskurs mit dem Dollar fast genau bei 1:1. Als das iPhone 13 im Vorjahr auf den Markt kam, war ein Euro noch 1,18 Dollar wert, also beinahe 20 Prozent mehr.

Warum sind dann trotzdem die US- und Euro-Preise nicht 1:1 in ihren Werten? Das liegt an einem Unterschied, den viele bei solchen Vergleichen gerne vergessen: US-Preise sind immer ohne Steuer angegeben – und jene in Europa mit. Das liegt daran, dass in den USA die Steuerraten von Bundesstaat zu Bundesstaat massiv variieren.

Puffer

Das erklärt also, warum die genannten Preise in Europa rund 20 Prozent höher sind. Allerdings sind viele der Modelle im direkten Vergleich 30 und mehr Prozent teurer. Besonders drastisch ist das beim anfangs erwähnten teuersten iPhone 14 Pro Max. Dieses kostet in den USA 1.599 US-Dollar. Hier liegt der Verdacht nahe, dass sich Apple einen gewissen Puffer für den Fall vorbehält, dass der Euro noch schwächer wird.

Schlechte Nachricht für alle

Die Preissteigerung ist aber nicht nur eine schlechte Nachricht für Apple-Nutzer. Ist doch davon auszugehen, dass andere Anbieter schon bald nachziehen werden. Das liegt einerseits daran, dass die Gründe für die Teuerung alle gleich treffen – also der schwache Euro und die Inflation.

Gleichzeitig hat Apple aber auch eine Vorbildwirkung in der Branche – in diesem Fall aus Kundensicht im negativen Sinne. Hat der iPhone-Hersteller einmal vorgezeigt, dass es akzeptabel ist, die europäischen Preise dermaßen stark zu erhöhen, werden sicher viele Anbieter nachziehen – anstatt wie bisher die Euroschwäche über einen geringeren Gewinn auszugleichen.

Anders gesagt: Smartphone-User müssen sich generell auf deutlich höhere Preise einstellen, und zwar quer durch alle Gerätekategorien und dauerhaft. Denn wer die Branche kennt, der weiß auch: Dass die Preise wieder sinken, falls sich die Wirtschaftslage wieder verbessert, ist eher unwahrscheinlich. (Andreas Proschofsky, 8.9.2022)