In Österreich fallen jährlich mehr als 300.000 Tonnen an Kunststoffverpackung an.

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Wien – Sie dienen dem schnellen Konsum. Doch der Weg, sie möglichst umweltverträglich wieder aus dem Verkehr zu ziehen, ist ein langer. Auch wenn auf internationalen Recyclingmärkten ein Griss um sie herrscht.

Getränkeflaschen aus Plastik und Aluminium lassen Müllberge wachsen. Im Bemühen, sie zu recyceln, sieht Österreich im Vergleich zu vielen anderen EU-Ländern alt aus. In Wien landen allein 35 Prozent des PET-Gebindes in dafür vorgesehenen gelben Tonnen.

Politiker, Händler, Industrielle und Entsorger drehten sich im Zank um Flaschen und Dosen im Kreis, während sich andere europäische Staaten längst in Rückgabesystemen übten. Vor gut einem Jahr rang sich der Ministerrat dann doch angesichts des wachsenden Drucks der EU, die unter Androhung von Pönalen höhere Sammelquoten vorschreibt, zu einem neuen Abfallwirtschaftsgesetz durch.

Ein Pfand auf Einwegflaschen und Getränkedosen wurde beschlossen. Gelten soll es ab 2025. Zahlreiche Arbeitsgruppentreffen später, für die man sich Anregung aus Skandinavien holte, liegen erste Details auf dem Tisch.

Fix ist die Höhe des Pfandes. Umweltministerin Leonore Gewessler von den Grünen beziffert es mit 25 Cent. Österreich zieht damit mit Deutschland gleich. Der Viertel-Euro ist für alle Alu-Dosen und PET-Flaschen von 0,1 bis drei Liter zu bezahlen. Außen vor gelassen werden aus hygienischen Gründen nur Milchprodukte und entsprechende Mischgetränke. Massive Interventionen manches Getränkekonzerns im Vorfeld, das unliebsame Pfand erst ab einer Menge von 0,5 Litern wirken zu lassen, liefen letztlich ins Leere.

Erleichterungen für kleine Händler

Retour gibt es die 25 Cent grundsätzlich in jedem Geschäft, das die Einweggebinde verkauft. Wobei es für kleine Anbieter wie Kioske, Bäckereien und Gastronomen Erleichterungen gibt. Sie müssen nur Produkte zurücknehmen, die sie in Umlauf bringen – und das in verkaufsüblicher Menge. Flaschen und Alu-Dosen gegen Geld werden Automaten zudem an Altstoffsammelzentren und stark frequentierten Orten wie Bahnhöfen einwechseln.

Um Wildwuchs unter den Rücknahmesystemen vorzubeugen, einigte sich die Branche auf einen zentralen Trägerverein, der Industrielle und Händler in sich vereint, die gemeinsam die Abwicklung organisieren.

Wer zahlt dafür und wer verdient daran? Seit April kann der Handel Förderanträge für entsprechende Automaten stellen. 80 Millionen Euro stellt die EU vor allem kleineren Anbietern zur Verfügung. Gerungen wird bisher noch um die Höhe der Gebühr pro Gebinde, die den Händlern ihre laufenden Kosten ersetzen soll. Diese fließt aus einem Topf, den die Getränkeproduzenten füllen.

Lukrativer Schlupf

Die zweite äußerst lukrative Geldquelle ist der sogenannte Pfandschlupf. Wie Erfahrungen aus Deutschland zeigen, kehren zwei bis drei Prozent der Flaschen und Dosen nicht in die Geschäfte zurück, da Konsumenten auf die 25 Cent pfeifen. Österreichs Handel erwartet sich davon zweistellige Millionenbeträge. Viel Geld steckt auch im Verkauf der leeren Flaschen und Dosen. Denn Rezyklate aus Kunststoff werden mittlerweile vielfach teurer gehandelt als neue Ware. Ziel ist, dass sich das Pfandsystem finanziell selbst trägt.

In Österreich fallen jährlich 2,4 Milliarden Einweggetränkeverpackungen aus Metall und Plastik an. Weniger als ein Drittel des gesammelten PET-Gebindes wird unter hohem Energieeinsatz wieder zu Flaschen.

"Zu lange Vorlaufzeit"

Gewessler sieht im Pfand einen Schritt hin zum Schutz der Natur. Greenpeace-Sprecher Herwig Schuster schmerzt die lange Vorlaufzeit. "Die Wirtschaft hat offenbar gut verhandelt." Luft nach oben sieht er bei der Höhe des Pfandes für Mehrwegflaschen. Neun Cent für eine Bierflasche sei für viele Konsumenten ein zu geringer Anreiz, um diese nicht im Altglascontainer zu entsorgen. Auch drei Cent für ein Plastiksackerl im Gemüseregal der Supermärkte hätten keine lenkende Wirkung.

"Belastungshammer"

FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch wiederum nennt die Pfandhöhe angesichts der starken Teuerung einen Belastungshammer. Wer täglich Energydrinks aus Dosen trinke, bleche jährlich um 182 Euro mehr, rechnet er vor.

Billa-Vorstand Robert Nagele, der dem Trägerverein Einwegpfand vorsteht, hofft auf neue Förderungen für kostenintensive Umbauarbeiten. Christof Kastner, Vize-Bundesobmann des Lebensmittelhandels, hätte einen völligen Ausstieg aus Plastik vorgezogen. Mit dem Pfand werde das bisherige System einzementiert, sagt er. Noch ungeklärt sei, ob die 25 Cent netto oder brutto seien. Kastner plädiert für eine Befreiung aller Pfand- und Mehrweggebinde von der Mehrwertsteuer. (Verena Kainrath, 8.9.2022)