Österreichs Pute in der Krise? Höhere Preise lassen ihre Mäster im Supermarkt den Kürzeren ziehen, klagt die Landwirtschaft.

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Wien – Österreichs Landwirtschaft klagt über steigenden Kostendruck und die sinkende Bereitschaft der Konsumenten, sich Lebensmittel etwas kosten zu lassen. Zum einen stiegen die Preise im Handel zu wenig, um die explodierenden Kosten in der Produktion zu decken, sagt Bauernbund-Präsident Georg Strasser. "Wir brauchen Gewinne, um die Betriebe zu modernisieren." Zum anderen greife der Konsument zusehends zu Billigware.

Die große Mehrheit der Österreicher wünsche sich in aktuellen Umfragen mehr Lebensmittel aus dem eigenen Land und Unabhängigkeit von internationalen Konzernen. Zugleich achteten jedoch 65 Prozent vermehrt auf niedrige Preise, skizziert Josef Moosbrugger den Widerspruch. Der Präsident der Landwirtschaftskammer holt in der Folge zu einem Rundumschlag gegen "Wunschkonzerte" an die Bauern aus. Denn jede neue Auflage mache ihre Lebensmittelproduktion teurer.

"Kein Zukunftsmodell"

Tierschutz sei gut und schön. Wenn der Konsument in der Realität jedoch nach einem anderen Sortiment verlange, habe man dem Rechnung zu tragen. Österreich produziere derzeit in manchen Bereichen am Markt vorbei, meint Moosbrugger mit Blick auf Puten und Tierwohl-Schweine. Wenn der Konsument diese nicht zu den notwendigen Preisen abnehme, dann seien diese eben "kein Zukunftsmodell".

Strasser zufolge ist die österreichische Putenwirtschaft in Turbulenzen, da höhere Standards den Preis ihres Fleisches im Vergleich zu internationaler Ware verdoppelten. Der Lebensmittelhandel wiederum positioniere die günstige internationale Konkurrenz prominent im Regal. "Wir brauchen Fairness entlang der Versorgungskette", appelliert er an die Konsumenten.

Strasser zeigt sich dankbar für die zahlreichen staatlichen Hilfen für die Landwirtschaft. Dennoch dürften nicht nur Symptome bekämpft werden. Auf internationaler Ebene gehörten etwa Gaspreise von den Strompreisen entkoppelt. "Dieses System gehört reformiert."

Landwirtschaftsminister Nobert Totschnig (ÖVP) skizziert ein weiteres Entlastungspaket für Österreichs Bauern und Forstwirte, auf das sich die Regierung am Freitag geeinigt hat. So wird die Umsatzgrenze in der steuerlichen Pauschalierung von 400.000 auf 600.000 Euro erhöht.

Auch der Einheitswert für die Teilpauschalierung wird angehoben. Die bisherige Grenze lag bei 130.000 Euro, künftig soll der Wert 165.000 Euro betragen. Beschlossen wurde zudem eine Erhöhung der Einnahmengrenze für landwirtschaftliche Nebentätigkeiten von 40.000 auf 45.000 Euro. (Verena Kainrath, 9.9.2022)