Anna Pieri Zuercher (Isabelle Grandjean), Carol Schuler (Tessa Ott) im neuen "Tatort" aus Zürich.

Foto: ORF/SRF/Sava Hlavacek Staat

Die ersten Szenen gehen an die Nieren. "Du weißt, dass du anderen kranken Kindern schadest, wenn Volmelia deinetwegen nicht zugelassen wird", herrscht die Anwältin des Pharmakonzerns Argon Klara, ein schwerkrankes Mädchen im Rollstuhl, an.

Doch Klara will das Medikament, das noch nicht zugelassen ist, nicht nehmen. Es verschlechtert ihren Zustand.

Wenig später geht am Sonntag im "Tatort" aus Zürich ("Risiken mit Nebenwirkungen", 20.15 Uhr in ORF 2 und ARD) keine Gefahr mehr von der impertinenten Juristin aus. Sie treibt tot im See. Der Mord bringt die Ermittlerinnen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) in ihrem vierten Fall in die Pharmabranche, wo das Klischee fröhliche Urständ feiert.

Sehr kühl ist es dort, es dominieren die Geschäfte. Ein Menschenleben oder eine Liebesbeziehung zählen wenig, wenn es die Bilanz stört. Eisig kalt und starr sind auch die vielen Bilder der winterlichen Stadt, durch die Kommissarin Ott mit ihrem Fahrrad düst. Das ist allerdings lange Zeit der einzige Schwung in diesem Krimi. Es dominiert die gepflegte Langeweile.

Streit um ein Gutachten, Vertuschung, Gewinnstreben – man lässt keine klassische Zutat für einen Pharma-Tatort aus. Erfreulich ragt aus dieser Melange Therese Affolter heraus, die die Chefin des Mordopfers spielt – so hart wie Dürrenmatts "alte Dame".

Erst zu fortgeschrittener Stunde weicht der "Tatort" dann doch von vorhersehbaren Pfaden ab, und es zeigt sich, dass nicht alles vermeintlich Schwarze tatsächlich so dunkel ist. Doch da ist es zu spät, um noch Spannung zu erzeugen. Es bleibt ein Krimi ohne Risiken und daher auch ohne Nebenwirkungen. (Birgit Baumann, 10.9.2022)