Die Wien Energie ist mit ihren Problemen längst nicht alleine.

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Viel Konkretes brachte das Treffen der EU-Energieministerinnen und -minister am Freitag nicht. Sie sollten Notmaßnahmen im Kampf gegen die Energiekrise besprechen, doch echte Entscheidungen gab es kaum. Ein Preisdeckel auf russisches Gas wird immerhin weiterhin debattiert, genauso wie Steuern auf Übergewinne.

Doch es stand noch ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung, der es weniger ins öffentliche Rampenlicht schaffte – und doch auch für Österreich höchst relevant ist. Geplant sind, wie es in der Mitteilung der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft zum Gipfel heißt, "Notfall-Liquiditätsinstrumente, die sicherstellen, dass Marktteilnehmer ausreichend Sicherheiten zur Verfügung haben, um Margin Calls entsprechend der gestiegenen Volatilität auf Future-Märkten zu erfüllen".

"Notfall-Liquiditätsinstrumente"

Es geht also um das Problemfeld, das in Österreich bezüglich der Wien Energie für Aufregung sorgt. Mehrere Energiekonzerne Europas stehen vor derselben Schwierigkeit wie der Wiener Versorger: Aufgrund stark gestiegener Strom- und Gaspreise müssen bei Termingeschäften enorm gestiegene Sicherheiten an den Börsen hinterlegt werden – wofür den Unternehmen das Geld fehlt.

Insgesamt wird der europäische Energiehandel laut Bloomberg durch Nachschussforderungen in der Höhe von knapp 1,5 Billionen Euro belastet. Die Regierungen von Finnland und Schweden etwa verkündeten Anfang September ein 33-Milliarden-Dollar-Paket an Krediten und Kreditgarantien für Unternehmen. Die finnische Regierung sprach in Anlehnung an die US-Bankenkrise gar von einem "Lehman-Moment", den es mit den Finanzspritzen zu verhindern gelte. Auch beim Düsseldorfer Gasriesen Uniper trugen die Kosten für Sicherheiten dazu bei, dass das Unternehmen im Juli teilverstaatlicht werden musste.

Droht ein "Lehman-Moment"?

Die Wien Energie hat insgesamt 3,5 Milliarden Euro an Kreditlinien von Bund und Stadt Wien zur Verfügung gestellt bekommen, um die Belastung stemmen zu können. Am Freitag hat ein Team aus Wirtschaftsprüfern, Investmentbankern und Anwälten in einer vorläufigen Schnellprüfung festgestellt, dass "keine Anzeichen für Spekulationsgeschäfte" vorlägen – darüber berichtete DER STANDARD. Derartige Spekulationen waren beim Bekanntwerden der Probleme Ende August zunächst als Grund für den Engpass angenommen worden; die Prüfungen laufen weiter.

Nun soll Unternehmen EU-weit geholfen werden. Laut EU-Insidern könnten ihnen Kreditlinien bei der EZB eingeräumt werden, wofür sich diese aber nicht zuständig fühlt. Jedenfalls ist die Brüsseler EU-Kommission beauftragt, bis Mitte September Vorschläge auszuarbeiten, wie das Liquiditätspaket aussehen soll. (Joseph Gepp, 11.9.2022)