Matt Walsh spricht in Youtube-Videos über rechte Themen, etwa dass die "Gender-Ideologie" den "Westen korrumpieren" würde.

Foto: Matt Walsh / Screenshot YouTube

Gudrun Kugler und Norbert Sieber (beide ÖVP) laden zu einem Filmabend zum Thema "Transgender und Gender", wie es in einer Ankündigung heißt. Stattfinden sollte die Veranstaltung ursprünglich im Palais Epstein, das zu den Räumlichkeiten des österreichischen Parlaments gehört. Die Dokumentation "What Is a Woman", die am Donnerstag gezeigt werden soll, stammt von dem Rechtskonservativen Matt Walsh, der sich selbst als "theokratischen Faschisten" bezeichnet.

Wegen Hassrede gesperrt

Neben Tweets darüber, dass etwa das Ozonloch nie ein "ernsthaftes Problem" gewesen sei, vergleicht er Hormonbehandlungen und geschlechtsanpassende Operationen für jugendliche Transpersonen mit einer Vergewaltigung. SPÖ-Gleichstellungssprecher Mario Lindner sieht darin eine "eindeutige Überschreitung der demokratischen Grundsätze". Parlamentsräume sollten nicht zur Bühne für "Propaganda eines Filmemachers" werden, der sich "selbst als Faschisten bezeichnet", so Lindner.

Am Dienstag gab Kugler auf Nachfrage bekannt, dass die Veranstaltung doch außerhalb des Palais Epstein stattfinden werde, der Grund dafür sei allerdings das große Interesse an dem Film. Es habe viermal so viele Nachfragen wie Plätze gegeben, "deshalb wird der Vorführort des Films verlegt in einen größeren Saal außerhalb des Parlaments".

Kugler selbst beschreibt in ihrer Ankündigung Walsh als "politischen Kommentator", der Film biete "gesellschaftskritisch böse" viel "Stoff zur Reflexion und Diskussion".

Transgender-Aktivist:innen werfen Walsh vor, in seiner Arbeit an dem Film unter dem Label "Gender Unity Project" Transpersonen unter falschem Vorwand zur Teilnahme an der Doku verlockt zu haben. Der Twitter-Account "Gender Unity Project" wurde aufgrund dieser Vorwürfe gesperrt. Anfang des Jahres wurde Walsh selbst vorläufig von Twitter wegen Hassrede gesperrt. Walsh hat auch ein Kinderbuch publiziert, in dem er die Identität von Transgenderpersonen mit dem Wunsch vergleicht, ein Walross zu sein.

Die Veranstaltung wurde ausschließlich durch den ÖVP-Klub organisiert. Jeder Parlamentsklub habe die Möglichkeit, Räume zu reservieren, erklärt Parlamentssprecher Karl-Heinz Grundböck. Die Klubs könnten Veranstaltungen wie diese in eigener Verantwortung organisieren – auch inhaltlich. Die Parlamentsdirektion habe bei Klubveranstaltungen keinen Einfluss.

Alles Satire?

Grünen-Frauensprecherin Meri Disoski teilt die Kritik an der Veranstaltung. Die Arbeit von Walsh "zeichnet sich durch Frauenfeindlichkeit, Homo- und Transphobie und Rassismus aus", sagt Disoski zum STANDARD. "Er ist der Ansicht, dass zwölfjährige Vergewaltigungsopfer zum Kinderkriegen gezwungen werden sollen, transidente Menschen denunziert er pauschal als 'Kinderschänder' und bezeichnet sie in rechtsextremer Diktion als 'Gift'." Walshs Haltungsei menschenfeindlich und rechtsextrem. Disoski fordert die Organisator:innen Gudrun Kugler und Norbert Sieber dazu auf, die Veranstaltung abzusagen.

Auch der Neos-Abgeordnete Yannick Shetty kritisiert die Veranstaltung. Der "klerikale Flügel der ÖVP" veranstalte dabei einen Abend mit einem "rechtsextremen und menschenverachtenden" TV-Kommentator, schreibt er auf Twitter. Kugler sei schon einschlägig aufgefallen, etwa indem sie die "Ehe für alle" mit einer "Vorstufe" zur "Polygamie und Geschwisterehe" in Verbindung brachte. ÖVP-Klubobmann August Wöginger solle ein Machtwort sprechen, so Shetty.

Laut Kugler ist die Selbstbezeichnung "Theocratic Fascist" sarkastisch und satirisch gemeint. "Man muss Satire und Sarkasmus auch auf Englisch verstehen können, um einer inhaltlichen Debatte gerecht zu werden", sagt sie. Sie habe im Büro von Walsh allerdings darauf hingewiesen, dass dieser Begriff "gerade für uns Mitteleuropäer dennoch unerträglich ist". (Beate Hausbichler, 13.9.2022)