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Der Betrieb, in dem nun Pokale, Trophäen und Medaillen produziert und verkauft werden, ist im denkmalgeschützten Marietta-Schlössel in der Maxingstraße in Wien-Hietzing untergebracht. Früher beherbergte das Gebäude das "Mädchenpensionat Metzger", Diplomatenfamilien wussten dort ihren Nachwuchs gut aufgehoben, um "Prämierungen" ging es damals noch nicht. Der heute 81-jährige Firmengründer Helmut Metzger war ein Händler verschiedenster Waren, vor allem von Lebensmitteln, bevor er 1972 auf die Idee mit den Sportpreisen kam und daraus, so viel darf man verraten, ein paar Jahrzehnte lang eine Gold-, Silber- und Bronzegrube machte mit Lieferungen bis nach Abu Dhabi (Pferderennen!).

Die Tante des designierten 35-jährigen Nachfolgers Robert Metzger, Birgitt Stiftel, führt die Geschäfte nun seit 40 Jahren als Prokuristin. Sie fing als Buchhalterin an, heute kalkuliert sie vor allem die Preise, kauft in großem Stil ein und betreut Großaufträge. Zur Not könnte sie sich aber auch noch ein Staubmanterl überwerfen und drüben in der Werkstatt Gravuren anfertigen oder Pokale zusammenschrauben.

Birgitt Stiftel und Robert Metzger inmitten der silbrig-goldenen Pokale.
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Ein Pokal für jede Hütte

Als Besucher ist man zunächst schier erschlagen, wenn man die Schauräume betritt. Es funkelt und glänzt in Gold, Silber, Bronze und immer öfter auch in Glas (nur das Holz, das aus Nachhaltigkeitsgründen als Trophäenrohstoff stark nachgefragt wird, funkelt nicht). Und wenn man beim Eintritt in den Laden noch heimlich gedacht hat: Hm, Pokale, wen könnte das überhaupt noch interessieren?, so erinnert man sich mit der Prokuristin Stiftel zusammen auf einmal daran, dass man ja eigentlich in jedem Wirtshaus des Landes, in jedem Partykeller, auf jeder Almhütte und in jeder Vereinskantine Pokale aufgereiht in der Ecke stehen sieht, kaum dass man eintritt. Und man erinnert sich weiters daran, dass man ja sogar selbst, obwohl man nun wirklich nicht Ski fahren konnte, einmal eine Bronzene gewonnen hat, weil halt in der Leistungsgruppe, in die man eingeteilt war, nicht mehr als drei Hatscherte mitgefahren sind.

Es geht wieder los

Tatsächlich springt das Geschäft nach Corona gerade wieder an, erzählt die Prokuristin, und bis zur vermaledeiten Pandemie war es nie abgebrochen, im Gegenteil. Österreich ist ja seit jeher ein Land der Vereinsmeier, Gschaftlhuber und Ehrenamtlichen, die sich in Kegelklubs, Kartendüpplerrunden, Dartsabenden oder auf der Eisbahn als Stockschützen organisieren, zu Beginn als "Jugend" und irgendwann auch als "Senioren". Und überall werden das ganze Jahr über Meisterschaften ausgetragen. Wobei: Die Hauptsaison seien natürlich die Wintermonate mit den klassischen Meisterschaften (alpin, Loipe, Schanze, Rodeln …) sowie die Monate Mai und Juni mit dem Abschluss der Fußballmeisterschaften.

Davor, danach und gleichzeitig gibt es aber Tennis und Golf, Fechten und Eishockey, Marathon und Triathlon, Berglauf und Seifenkiste oder Tontauben, Karpfen und Hundsis, die als prämierte Sieger bei einschlägigen Wettbewerben ein Leckerli kriegen, während die Besitzer mit dem Henkelpott in der Hand nach Hause gehen. Und weil heute viele Eltern das Weinen ihrer Zwutschgerln ("Ich bin nur Vierhundertste geworden!") nicht ertragen, kriegen bei den meisten Schulveranstaltungen buchstäblich alle irgendwas, jedenfalls eine Medaille als Erinnerung.

Auf die Größe kommt’s an

Traditionell ist "der Pokal" oder "die Trophäe" (Unterbau mit Figur drauf) eine Sponsorleistung. Versicherungen, Banken und Parteien kaufen gerne mal 200 Stück à zehn bis 20 Euro in der beliebtesten Größe 25 bis 30 Zentimeter ("Die kann man gut in der Hand halten, und sie passen auch ins Regal"), um sie an Bittsteller zu vergeben, sobald diese deswegen anläuten. Magistrate und Bezirksämter schicken die Sponsorsuchenden gerne mit einem Zettel zu den Metzgers, auf dem die Adresse steht, an welche sie die Rechnung schicken sollen. Die Pokalteile werden längst einzeln geliefert, aus China, sodass einschlägige "europäische Betriebe vor allem in Italien, Skandinavien oder Tschechien leider verloren gegangen sind", so Stiftel.

Für alles gibt es heutzutage Pokale: Jodeln, Eisstockschießen, den größten Karpfen.
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Flagge zeigen

In der Werkstatt werden die Teile dann auftragsbezogen zum Pokal zusammengebaut, der aus Sockel, Mittelteil und Oberteil besteht. Oft auch in letzter Minute, wenn der Bürgermeister am Freitagmorgen anruft, weil die Feuerwehr zu Mittag ihren schönsten Schlauch prämiert und auch er schlicht darauf vergessen hat. Auf Kundenwünsche werde dabei selbstverständlich eingegangen, zunächst natürlich auf die Größe: Dem Ringerbröckerl kann man keine Medaille in der Größe einer Zahnfüllung umhängen, der Turnerin keinen Amboss. Und dann gibt es immer wieder Fragen wie "Habts das in Gold? Kann ich Silber mit Blau haben? Acryl statt Goldfolie?".

Kann man natürlich alles. Und seit Corona kann man auch wieder "Pokale mit Österreich-Flagge drauf" haben, die sich verkaufen wie trockenes Brennholz. Das gestärkte Heimatfeeling zeigt sich also nicht nur bei den Impfgegnerdemos, sondern auch beim Jodelcontest oder bei der "Die geilste Lederhose!"-Prämierung auf Volksfesten. Dort freilich eh schon immer. Interessant sei, so Birgitt Stiftel, dass auch im ersten Katalog von 1974 schon ein Pokal mit Rot-Weiß-Rot-Banderole abgebildet war. Solche Kataloge produzierten sie früher jährlich in einer Stückzahl von 15.000 bis 20.000 und verteilten sie an Vereine und Wiederverkäufer. Aber die gebe es heute nicht mehr, denn Uhrenfachgeschäfte und Juweliere, wo man früher zur Firmuhr auch gleich einen Pokal dazukaufen konnte, den man dem Zögling bei Abschluss der Maurerlehre überreichen wollte, hätten dafür schlicht keinen Platz mehr.

Zinnteller für die Gattin

Graviert wird "von der Geburt bis zum Sterben. Von Baufirmen kriegen wir Maurerkellen und vom Militär die Säbel, von der Polizei die Taschenlampen und von den Eltern die Trinkflaschen und Lunchboxen der Kinder", damit diese in der Sandkiste richtig zugeordnet werden können. Und wer denkt, es gebe keine Eheleute, die einander Zinnteller mit "Danke, dass du es schon drei Jahre mit mir aushältst, Schnauzimausi!" darauf schenken, der täuscht sich. Die größte Freude hätten aber nach wie vor die Kinder: "Was gibt es Schöneres, als in seinem Zimmer die Pokale herzuzeigen?", fragt Robert Metzger. Und was gibt es später für den erfahrenen "Trophäensammler" Schöneres, als einen erotischen Abend mit dem Satz "Darf ich dir meine Pokalsammlung zeigen?" anzubahnen? (Manfred Rebhandl, 14.9.2022)