Graham Potter sitzt nun auf Chelseas Schleudersitz.

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Raheem Sterling ist einer von neun Neuzugängen bei Chelsea. Der neue Trainer Graham Potter muss sie zu einem Team formen.

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Graham Potter hat Vertrauen. Wenn Chelseas neuer Trainer heute (21 Uhr, Servus TV) vor seinem Debüt gegen Salzburg die Champions-League-Hymne hört, soll das der Beginn einer langen Reise sein. Die Klubführung eiste ihn per Fünf-Jahres-Vertrag von Brighton los, doch Vertragsdauern sind bei Chelsea eher theoretischer Natur. Der letzte Trainer, der fünf Jahre bei den "Blues" überstand, war Dave Sexton von 1967 bis 1974.

Aber jetzt, jetzt wird alles anders. Das gelobt zumindest Todd Boehly, der gemeinsam mit der Investmentfirma Clearlake Capital das Konsortium anführt, das Chelsea Ende Mai um rund fünf Milliarden Euro vom sanktionierten Roman Abramowitsch übernahm. Die Vision der Klubführung habe ihn überzeugt, sagte Potter. "Ich war wirklich beeindruckt von ihnen."

Milliardär mit Sporterfahrung

Der US-Milliardär Boehly hat Sporterfahrung, er ist Miteigentümer der L.A. Lakers und L.A. Dodgers. Der 48-Jährige machte sich zum interimistischen Sportdirektor und zeigte Trainer Thomas Tuchel nach einem holprigen Saisonstart die Tür – wohlgemerkt erst, nachdem er in der Transferphase die Vorlieben des eigenwilligen Deutschen berücksichtigt hatte und Sturmgenie Romelu Lukaku sowie Timo Werner für Scherzpreise abgab, weil das Duo nicht in Tuchels System passte.

Boehly soll sich in Verhandlungen teils patschert angestellt haben, ein Insider kritisierte laut The Athletic eine "Baseball-Mentalität": Wie im US-Sport üblich bot Boehly statt reiner Ablösesummen ergänzend eigene Spieler zum Tausch an. Ein Schema war bei der Einkaufstour nicht zu erkennen. "Wie ein Kind im Süßigkeitenladen" sei Boehly durch den Transfermarkt gehüpft, kritisierte TV-Experte Gary Neville. Ein Raheem Sterling hier, ein Kalidou Koulibaly da, ein 65 Millionen Euro teurer Marc Cucurella dort. Neun Transfers wickelte der neue Chef von seinem temporären Stützpunkt im Nobelhotel The Connaught aus ab. Gesamtrechnung des Transfersommers: 288 Millionen Euro. Es abramowitschelt wieder an der Stamford Bridge.

Gezündete Strohfeuer

Trotz aller Geldkoffer gingen Boehly einige der Hauptziele durchs Netz: Raphinha und Robert Lewandowski zogen den FC Barcelona vor, Matthijs de Ligt ging zu Bayern, Milan wollte Rafael Leão nicht hergeben. Bleibt vielleicht etwas Geld, um Potter im Winter Wunschspieler zu besorgen. Es ist wohl auch seine Aufgabe, Chelseas strukturellen Rückstand auf Manchester City oder Liverpool aufzuholen und ein System zu etablieren, das länger als eine Traineramtszeit hält. Genau das fehlte dem Londoner Traditionsklub unter Abramowitsch, die Erfolge des letzten Jahrzehnts (CL-Sieg 20/21, Meistertitel 14/15 und 16/17) waren von Trainergenies gezündete Strohfeuer.

Das sind Probleme, die man in Salzburg seit Ralf Rangnick nicht mehr kennt. Trotzdem ist das Duell laut Trainer Matthias Jaissle eine "Herkulesaufgabe", Chelsea sei im Vergleich zu Auftaktgegner Milan "nochmal eine Schippe drauf". Potter bringe Ungewissheit, aber: "Er steht für eine klare Idee, darauf sind wir vorbereitet." Diese Idee heißt geduldiger Spielaufbau, gepaart mit hohem Pressing. Sind die Abläufe noch wacklig, könnte Salzburg das liegen. So sprach Noah Okafor: "Ich bin überzeugt, dass wir für eine Überraschung sorgen können." (Martin Schauhuber, 14.9.2022)

Gruppe E – 2. Runde

Chelsea FC – Red Bull Salzburg (London, Stamford Bridge, 21.00 Uhr MESZ/live ServusTV, Sky, DAZN, SR Kruzliak/SVK)

Chelsea: Kepa – Fofana, Thiago Silva, Koulibaly – James, Jorginho, Kovacic, Cucurella – Mount, Sterling, Havertz

Es fehlen: Kante (Oberschenkel), Mendy (Knie)

Salzburg: Köhn – Dedic, Pavlovic, Bernardo, Ulmer – Capaldo, Seiwald, Sucic/Kameri, Kjaergaard – Fernando, Okafor

Es fehlen: Solet (Oberschenkel), Wöber (Adduktoren)

Fraglich: Sucic (Leiste)