Industriedesignerin Chiara Croci aus Italien ist Teil des diesjährigen Festival University in Linz.

Foto: JKU

Die japanische Faltkunst des Origami lässt erstaunlich plastische Tier- und Pflanzenmodelle entstehen. Könnte man sich dieses Prinzip des Faltens auch für effizientere, digital designte Produktionsprozesse zunutze machen? Über diese Frage denkt Chiara Croci nach, die an der Universität Johannesburg in Südafrika Industrial Design studiert. "Ein Sessel muss vielleicht nicht aus hundert Teilen bestehen. Man könnte auch nur zehn Bauteile fertigen, die sich dann falten oder entfalten lassen, um sich zu dem Produkt zu fügen", veranschaulicht die 1998 geborene Italienerin.

Croci war eine von 200 Teilnehmenden der Festival University in Linz. Die von der Ars Electronica und der Johannes-Kepler-Universität (JKU) Linz veranstaltete Sommerschule, die vom Wissenschaftsministerium unterstützt wird, fand heuer zum zweiten Mal statt. Croci war auch schon im Vorjahr dabei. Heuer gehörte sie bereits zum Organisationsteam, das bei der Umsetzung des Programms, das ganz im Zeichen des Klimawandels stand, half.

Origami, um Ressourcen zu schonen

Auch Crocis Forschung in Johannesburg hat eine veränderte Welt vor Augen, in der das Sparen von Ressourcen und Energie eine wichtige Maxime ist. Sie arbeitet beispielsweise an einer "kinetischen Fassade", bei der sich einzelne, mit einem Sensor versehene Module auf immer neue Art zusammenfügen, um stets für die besten Lichtverhältnisse in den dahinterliegenden Räumen zu sorgen.

Eine andere Origami-inspirierte Anwendung sind medizinische Hilfsmittel: "Eine Struktur wird in zusammengefalteter Form geschluckt. Im Magen entfaltet sie sich, passt sich den Gegebenheiten an, nimmt Daten auf und unterstützt den Körper bei der Heilung", gibt Croci ein Beispiel.

Fiktives Umweltgericht

Im Rahmen der Sommeruni in Linz bereiteten die Studierenden aus aller Welt Argumentationen für ein fiktives internationales Umweltgericht vor. Croci betreute dabei jenes Team, das die klimabedingte Migration zum Thema hatet. "Wir simulierten die Positionen zweier Länder. Eines davon ist so stark vom Klimawandel betroffen, dass die Bürger flüchten müssen – das könnte etwa ein Inselstaat sein, der unter einem höheren Meeresspiegel leidet", erklärt Croci. "Dabei geht es nicht um Asyl für einzelne Personen. Es geht darum, eine ganze Kultur, die ihr Land verloren hat, zu erhalten – eine schwierige Aufgabe, auch für das Aufnahmeland."

Ihren Bachelor in Industrial Design hat Croci an der Universität Ferrara absolviert. Aus einer Tischlerfamilie stammend, wollte sie mit dieser Disziplin die Tradition auf ihre Art fortführen. Wie landete sie gerade in Johannesburg? "Ich war 21, hatte einen Studienabschluss und eine Zusage für einen fixen Job in Italien in der Tasche. Mein Leben schien durchgeplant zu sein", blickt die Industriedesignerin auf den Moment der Entscheidung zurück. "Ich dachte: Dafür habe ich nicht studiert. Ich wollte helfen, die Welt zu verändern." (Alois Pumhösel, 26.9.2022)