Der Fitnesstracker kann in zahlreichen unterschiedlichen Farben bestellt werden.

Foto: Mickey Manakas / STANDARD

Smartwatches mit Fitnessfunktionen gibt es wie Sand am Meer. Umso schwieriger ist es, eine Kaufentscheidung zu treffen. Die meisten greifen deshalb zu Geräten von Fitbit, Apple oder Samsung. Diese sind am bekanntesten und bieten Nutzerinnen und Nutzern eine ausgewogene Kombination aus Gesundheits- und Smart-Features. Man kann also Workouts tracken, sehen, wie gut man geschlafen hat und ob das tägliche Schrittziel erreicht wurde. Andererseits hat man die Uhrzeit, den Kalender und die wichtigsten Nachrichten stets in Reichweite, ohne zum Smartphone greifen zu müssen. Dabei handelt es sich allerdings um ein Set an Funktionen, gegen die sich manche Menschen auch bewusst entscheiden.

Für sie gibt es dedizierte Fitnesstracker wie den Whoop 4.0, der weder ein Display hat noch andere Ähnlichkeiten zu einem modernen Handy aufweist. Stattdessen konzentriert sich das Gerät auf die Mitverfolgung der Belastung, Erholung, des Schlafs und der Gesamtgesundheit des Trägers. Ein Display sucht man hier vergeblich, aufgezeichnete Daten müssen in der zugehörigen App angesehen werden.

Klarer Fokus

Der Hersteller wirbt stattdessen mit besonders akkuraten Daten, die eine Verbesserung des Schlafverhaltens ermöglichen sollen. Aber nicht nur das. Im Fokus stehen die Parameter Belastung und Erholung, die sich jeweils an der körperlichen Anstrengung orientieren – und engagierten Sportlerinnen ermöglichen sollen, ein optimales Training ohne Überanstrengung zu gestalten. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass für die Vermarktung die Social-Media-Reichweite von Sport-Influencern, aber zum Beispiel auch professionellen Radfahrerinnen genutzt wird. Immer häufiger präsentieren diese ihren Whoop-Score in Instagram-Storys oder zeigen den Tracker am Handgelenk.

Für Normalverbraucher, die nicht sieben Tage die Woche trainieren, stellt sich allerdings die Frage der Verhältnismäßigkeit. Und jene, ob man nicht lieber zu einer Apple oder Pixel Watch greifen sollte. Das liegt unter anderem an der Preisgestaltung des Whoop 4.0. Für das Gerät selbst zahlt man kein Geld. Stattdessen schließt man ein Abonnement ab, das bei monatlicher Zahlung 30 Euro kostet. Für eine Jahresmitgliedschaft werden 25 Euro pro Monat fällig, bindet man sich zwei Jahre, sind es 20 Euro monatlich. Das Jahresbudget ist somit ein saftiger Preis, für den man zum Beispiel eine Apple Watch SE (ab 299 Euro) erhält, die auch ohne Abschluss weiterer Abos in den eigenen Besitz übergeht. Was kann Whoop da entgegenhalten?

Große Auswahl an Sportarten

Das Armband trackt verschiedene Gesundheitsdaten, die anschließend in den Kategorien Schlafleistung, Belastung und Erholung zusammenfinden. Basierend darauf gibt es Empfehlungen ab, wie anstrengend Workouts im Optimalfall sein sollten, um eine Überanstrengung zu verhindern. Unter Umständen kann das zum Beispiel Verletzungen vorbeugen. Aktivitäten werden dank des verbauten Herzfrequenzmessers (HRM) automatisch erkannt. Wer will, kann diese aber auch händisch aus einer Liste wählen. Darunter finden sich unzählige Sportarten wie Radfahren, American Football, Basketball, Boxen und Fechten, aber auch Gaming, Meditation und Schwimmen (ja, der Tracker ist wasserresistent).

Das Design ist schlicht und sportlich.
Foto: STANDARD / Mickey Manakas

Im Test des STANDARD wurden der Beginn und das Ende einer sportlichen Aktivität stets zuverlässig erkannt. Auch dass es sich dabei um Outdoor-Radfahren handelte, wurde korrekt vermerkt. Auffällig war jedoch, dass Verschnaufpausen während längerer Touren auch die Aktivität beendeten, wodurch man plötzlich drei statt einer Aufzeichnung aufgetischt bekommt. An den Belastungs- und Erholungsdaten scheint sich dadurch nichts zu ändern.

Auch die gemessenen Herzfrequenzspitzen sind meist akkurat. Meistens. Um etwaige Abweichungen feststellen zu können, wurde während der getrackten Radfahrten ein Herzfrequenzbrustgurt von Garmin getragen. Meistens glichen sich die Messungen, jedoch gab es an einzelnen Tagen umso größere Abweichungen. In einem Fall maß der Tracker eine maximale Herzfrequenz von 170, der Garmin-Gurt knapp 190. Die Gründe hierfür können unterschiedlich sein. Zum Beispiel ist es möglich, dass der Whoop im Laufe der Fahrt verrutscht ist und deshalb einzelne Segmente nicht erfasst wurden. Hierbei handelte es sich jedoch um Einzelfälle.

Datensammlung

Belastung und Erholung werden mithilfe von Herzfrequenz, Atemfrequenz, der Sauerstoffsättigung des Bluts, der Ruheherzfrequenz (RHF), der Herzfrequenzvarianz (HFV) und der Hauttemperatur berechnet. Whoop selbst sagt, dass die Belastung dabei "eine Kennzahl für kardiovaskuläre Beanspruchung" sei und "die körperliche und geistige Anstrengung deines Körpers" abbilde. Usern wird sie auf einer Skala von null bis 21 angezeigt, wobei steigende Zahlen eine höhere Belastung bedeuten. Gemessen wird sie mithilfe des verbauten Herzfrequenzmessers, der sogenannten Herzfrequenzzonen erkennen kann. Diese zeigen an, wie viel Prozent der maximalen Herzfrequenz man erreicht hat – was wiederum zeigt, wie anstrengend ein Workout ist.

Von diesen Messungen wird anschließend – in Kombination mit der Schlafleistung – die Erholung abgeleitet. Laut Whoop handelt es sich dabei um einen "Gradmesser für die Leistungsbereitschaft deines Körpers". Für möglichst akkurate Messungen werden dedizierte Workouts, aber auch im Alltag gemessene Anstrengungen miteinbezogen. Um Veränderungen im Vergleich zum Vortag zu erkennen, werden außerdem stets die Ruheherzfrequenz, die Herzfrequenzvariabilität und die Atemfrequenz ausgewertet. Zum Beispiel könnte eine deutliche Veränderung des letzten Parameters auf eine Erkrankung hindeuten.

Dasselbe gilt für die konstante Messung der Hauttemperatur. Diese schwankt im Alltag immer wieder, zum Beispiel abhängig davon, ob man sich wärmer anzieht. Es geht also nicht darum, kleinere Veränderungen wahrzunehmen. Stattdessen soll man anhand größerer Sprünge zum Beispiel eine Infektion mit dem Coronavirus oder eine Grippe erkennen können.

Besserer Schlaf, größere Erholung

Abgesehen davon legt der Hersteller großen Wert darauf, die Leistung seines "Schlafcoachs" zu bewerben. Dieser misst Einschlaf- und Aufwachzeiten, Wachphasen, erkennt leichten Schlaf, Tiefschlaf und die REM-Phase – kann also die Schlafzyklen nachverfolgen. Wie präzise die jeweiligen Messungen hierbei sind, konnte DER STANDARD leider nicht vergleichend analysieren. Anders als der niederländische Wissenschafts-Youtuber "The Quantified Scientist". Im Rahmen eines Langzeittests hat er die Messungen des Trackers mit jenen eines EEG-Stirnbands zur Messung von Hirnaktivitäten verglichen. Laut ihm spucke der Whoop 4.0 meist akkurate Daten aus, die mit den besten Geräten im Konsumentenbereich vergleichbar seien. Laut dem Youtuber handle es sich zudem um einen der wenigen Tracker, die auch Schlafzyklen korrekt erkennen.

So sehen die Sensoren auf der Unterseite des Trackers aus.
Foto: STANDARD / Mickey Manakas

Um nicht in der Tiefschlafphase aufzuwachen, gibt es übrigens die Möglichkeit, sich per Vibrationsalarm wecken zu lassen. Trägt man den Tracker am Handgelenk, ist das – vor allem im Vergleich zu herkömmlichen Wecktönen – ziemlich angenehm und zuverlässig. Es stehen drei Weckmodi zur Wahl, die sich entweder an einer bestimmten Uhrzeit oder aber an einem bestimmten Schlaf- beziehungsweise Erholungsziel orientieren.

Während des Tests war auf den Wecker stets Verlass, wobei es etwas umständlich war, diesen via Smartphone-App aktivieren zu müssen. Außerdem ist Vorsicht angesagt: Aktiviert man eine Weckzeit und schließt die App im Multitasking-Menü des iPhones, wird auch der Wecker gelöscht. Dabei dürfte es sich um ein Softwareproblem handeln, dessen Behebung zwar nicht schwierig sein sollte, aber die eigentlich simple Bedienung vermiest.

App-Begleitung

Apropos: Nach der ersten Einrichtung kann man die wichtigsten Daten in der Whoop-App direkt ablesen. Gleich auf der Startseite sieht man die heutige Erholung, Belastung, Herzfrequenzvarianz und die verbrauchten Kalorien. Swipt man nach rechts, erhält man jeweils genauere Daten zur Belastung, Erholung und dem Schlaf der letzten sieben Tage. Alle anderen Menüpunkte muss man eigentlich nur dann öffnen, wenn man einen Wecker stellt oder die Leistungsbewertung eines ganzen Monats ansehen will.

Einzig die Synchronisierung könnte etwas flotter sein. Immer wieder kam es während des Tests vor, dass beim morgendlichen Öffnen der App die Aufzeichnungen der letzten Nacht noch nicht verfügbar waren – und diese erst nach 30 Minuten zur Verfügung standen. Ein Problem, das bei Sportaufzeichnungen seltsamerweise nicht auftrat.

Tragekomfort

Die Verarbeitung ist solide. Gefertigt ist das Gerät aus Kunststoff, der Verschluss aus Aluminium. Beim Kauf kann man außerdem zwischen Stoffarmbändern in unterschiedlichsten Farben wählen. Im Fall eines Defekts können diese mit wenigen Handgriffen ausgetauscht werden. Die Nachbestellung läuft direkt über die App.

Alles in allem fühlt sich der Tracker hochwertig an, der Tragekomfort ist nach einer kurzen Eingewöhnungsphase so gut, dass man zwischenzeitlich vergisst, dass man überhaupt ein Armband trägt. Negativ fiel jedoch auf, dass sich das Armband beim Duschen oder Schwimmen stark mit Wasser vollsaugt. Die Trocknung dauert mitunter länger als eine Stunde. Das Testgerät mit schwarzer Lackierung war außerdem sehr anfällig für Kratzer. Nach nur wenigen Wochen Tragezeit kann man diese am Verschluss sehr deutlich erkennen.

Nach einem Tag im Homeoffice ist die Belastung laut Whoop relativ gering.
Screenshot: STANDARD / Mickey Manakas

Wer den sportlichen Look des Fitnesstrackers am Handgelenk nicht mag, kann ihn zum Beispiel auch am Oberarm befestigen. Der Hersteller verkauft aber auch Sportbekleidung und Unterwäsche, in denen der Tracker befestigt werden kann. Damit verschwindet er endgültig aus dem Blickfeld, wobei DER STANDARD nichts zum Tragekomfort der Accessoires sagen kann.

Um den Whoop nie abnehmen zu müssen, geschieht die Aufladung über kleine Akkupacks, die man auf die Oberseite des Geräts stecken und selbst via USB-C aufladen kann. Will man 100 Prozent erreichen, dauert die Ladung mehrere Stunden, was angesichts einer Akkulaufzeit von nur drei bis vier Tagen etwas enttäuschend ist. Eigentlich sollte man meinen, dass die Einsparung des Displays zu deutlich längeren Laufzeiten führt.

Fazit

Klar ist: Der Whoop 4.0 ist sicher nichts für jeden, zu eng ist dafür der Fokus auf Fitness und Gesundheit. Vor allem angesichts des Preises von 20 bis 30 Euro pro Monat dürfte sich für die meisten Normalverbraucher eher der Kauf einer Fitbit, Pixel oder Apple Watch lohnen. Seit Veröffentlichung des jüngsten Softwareupdates kann letztere neben Workouts nun auch Schlafzyklen tracken – und verfügt über zahlreiche Smart-Features, die Kundinnen und Kunden den Alltag erleichtern dürften.

In Wirklichkeit dürften diese Menschen aber nicht die Zielgruppe sein. Stattdessen richtet sich der Tracker an enthusiastische Hobby- und Profisportler, die ihre Leistung und Erholung möglichst detailliert nachverfolgen wollen (wobei letztere sowieso von Sportmedizinern betreut werden dürften). Dabei wird auf allen möglichen Schnickschnack verzichtet, der während des Trainings ablenken könnte – und die Akkulaufzeit möglicherweise auf das Niveau manch einer Smartwatch senken dürfte. Stattdessen erhält man mit Whoop einen zuverlässigen Begleiter für den Alltag und das Workout – der einem auch die Folgen langer Nächte oder Arbeitstage vor Augen führt. Die Darstellung der Erholung und Belastung ist dabei einzigartig und hilft bei der Planung von Aktivitäten. Ob das stark fokussierte Feature-Set als Einschränkung oder Befreiung wahrgenommen wird: Das muss jeder für sich entscheiden. (Mickey Manakas, 18.9.2022)