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Nicht jeder Standort eignet sich für Kleinwindkraft.

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Seit zwölf Jahren bauen Franz Schachner und seine Belegschaft in Seitenstetten Windräder zusammen: Aus Rotoren, Turbinen und Masten entstehen in dem niederösterreichischen Betrieb kleine Windräder, die jeweils Energie für einige wenige Haushalte liefern können. Doch so groß wie in den vergangenen Monaten war die Nachfrage noch nie. "Die Anfragen haben sich mindestens verzehnfacht", sagt Schachner.

In der Energiekrise versuchen viele Menschen, vom teuren Strom und Gas aus der Leitung wegzukommen. Wer kann, reaktiviert Holzöfen, wer Dachfläche hat und einen Termin bei einem Handwerker bekommt, lässt sich Photovoltaikmodule aufs Dach montieren. Sogar in der Stadt, wo Platz knapp ist, wollen sich immer mehr mit sogenannten Solarbalkonkraftwerken zumindest ein bisschen unabhängiger machen. Haben diese weniger als 800 Watt Maximalleistung, genügt es, die Anlage beim Netzbetreiber anzumelden – richtige Installation vorausgesetzt.

Langer Behördenweg

Nach den Minisolaranlagen boomen nun auch die minifizierten Windräder. Waren es früher vor allem Landwirte, sind es in letzter Zeit auch Privathaushalte und Betriebe, die sich dafür interessieren, ihr eigenes Windkraftwerk zu errichten, sagt Schachner.

Grundsätzlich gibt es bei der Installation eines Windrads viel mehr zu beachten als bei einer Photovoltaikanlage, weiß Kurt Leeb. Er berät mit seiner Firma Solvento Interessierte während des durchaus aufwendigen Genehmigungsprozesses. Weil es bei einem Windrad bewegliche Teile gibt, kommen zur elektrorechtlichen Erlaubnis auch noch Fragen zu Landschaftsbild, eventuell störenden Lichtreflexionen, Lärm, Statik und – bei größeren Anlagen – Eisabwurf hinzu. Ein Windrad sei in Österreich immer genehmigungspflichtig, egal wie groß es ist. "Das ist eine riesige Hürde", sagt Leeb.

Je höher, desto besser

Die rechtliche Lage unterscheidet sich dabei von Bundesland zu Bundesland – und teilweise auch zwischen Gemeinden. Insbesondere in Oberösterreich und Wien sei es sehr schwierig mit der Genehmigung, sagt Leeb. Aber auch in den anderen Ländern ist man mit der Genehmigung oder gar Förderung von Kleinwindkraft zurückhaltend.

Doch vorher muss man sich ohnehin die Frage stellen, ob sich ein Miniwindkraftwerk überhaupt lohnt. Allgemein gilt: Je höher die Turbine installiert wird, desto besser. Umliegende Gebäude verwirbeln die Luft, schmälern den Ertrag oder machen die Anlage gleich ganz unwirtschaftlich. Balkone im städtischen Bereich scheiden deshalb aus.

Wer es ganz genau wissen will, kann eine Windmessung durchführen lassen – doch gerade bei kleineren Anlagen sei dieser Service oft teurer als die Anlage selbst, merkt Leeb an. Auch mit gratis einsehbaren Windpotenzialkarten im Internet lasse sich gut arbeiten. "Für die Grundsatzentscheidung reichen die meistens", sagt der Energieexperte.

Teurer als Photovoltaik

Wer sich ein Kraftwerk zulegen will, muss mit rund 3000 Euro pro Kilowatt Maximalleistung rechnen – das ist das Drei- bis Vierfache dessen, was eine gleich dimensionierte Photovoltaikanlage kostet. An guten Standorten kann ein Ein-Kilowatt-Windrad rund 1000 Kilowattstunden pro Jahr erzeugen. Wie lange es dauert, bis die Anlage die Kosten wieder hereingespielt hat, hängt (neben dem Strompreis) auch davon ab, wie viel des Stroms direkt verwendet wird. "Die selbstverbrauchte Kilowattstunde ist die wertvollste", sagt Leeb. Die Energie einzuspeisen lohne sich jedenfalls nicht.

Für die meisten Interessenten geht es aber nicht nur um die Ersparnis, sondern auch um Autarkie. Das funktioniere insbesondere in Verbindung mit einer Solaranlage gut – denn vor allem im Winter und nachts weht der Wind oft besonders stark. Gepaart mit einem richtig dimensionierten Akku könnte man sich dabei so gut wie unabhängig vom Stromnetz machen.

Klein ist weniger sauber

Ein Hauptargument dürfte neben der Unabhängigkeit der Klimaschutz sein. Einleuchtend ist, dass die Kleinanlagen im Verhältnis mehr Ressourcen verbrauchen als große Kraftwerke im Megawattbereich – das verschlechtert auch die CO2-Bilanz. Studien, die meisten von ihnen sind fast zehn Jahre alt, kommen dabei zu sehr unterschiedlichen Zahlen: Rechnet man die Emissionen aus Herstellung, Montage, Wartung und Entsorgung über die gesamte Lebensdauer zusammen, kommen Forschende auf rund 30 bis 40 Gramm CO2 pro Kilowattstunde – mit einigen Ausreißern nach oben. Damit ist der selbstproduzierte Windstrom zwar etwas weniger klimafreundlich als die Energie aus Windparks oder Wasserkraft, aber immer noch besser als der Strommix aus der Steckdose, der mit 82 Gramm CO2 pro Kilowattstunde zu Buche schlägt.

Damit sich kleine und mittelgroße Windräder in Österreich durchsetzen können, brauche es jedenfalls neue, einfachere Regeln, sagt Hersteller Schachner. Er ist aber zuversichtlich, dass es diese bald geben wird. Er erinnert sich, dass das auch bei der Photovoltaik anfangs ein "Riesenkrampf" gewesen sei. Nun fördert die Regierung neue Solarpaneele sogar. (Philip Pramer, 17.9.2022)