Grafikchip-Hersteller Nvidia und CEO Jen-Hsun Huang müssen auf der GPU Technology Conference überzeugen.

Foto: RICK WILKING

Kommenden Montag startet die Jahreskonferenz des Grafikchip-Herstellers Nvidia. An drei Tagen will das Unternehmen nicht nur seine Perspektive auf die Trends der Branche präsentieren. Mit besonderer Spannung erwartet wird am Dienstag die Keynote von CEO Jen-Hsun Huang: Sie verspricht nach zweijähriger Pause die Vorstellung einer neuen Grafikchip-Generation. Dabei steht Nvidia heuer unter hohem Druck, weil sich der Aktienwert des Unternehmens seit Jahresbeginn auf Talfahrt befindet und ihm die Konkurrenz im Nacken sitzt.

Schwierige Ausgangslage

Nvidia hat schon bessere Zeiten erlebt. Wirft man einen Blick auf die Marktsituation, macht sich rasch Ernüchterung breit: Bei Computern mit dedizierter GPU, also Systemen mit eigenem Grafikchip, ist Nvidia bis zum ersten Quartal 2022 zwar unangefochtener Spitzenreiter mit einem Marktanteil von 78 Prozent. Inkludiert man allerdings Systeme mit integrierter Grafik, ändert sich die Perspektive drastisch. Bis zum zweiten Quartal 2022 dominierte Intel hier weiterhin das Feld mit 62 Prozent, Nvidia fiel mit 18 Prozent auf die dritte Stelle hinter AMD zurück.

Generell ist der PC-Markt nach zwei pandemiebedingten Jahren des Aufschwungs seit Jahresbeginn wieder rückläufig. Zu fortlaufenden Engpässen bei Bauteilen und Logistik kommt hinzu, dass die Nachfrage wegen der Inflationsrate deutlich nachgelassen hat, im Jahresvergleich prognostizierten Analysten im Juli einen Rückgang von mehr als 15 Prozent.

Hinzu kommt, dass ein Einbruch des Kryptomarkts dazu geführt hat, dass Grafikkartenhersteller auf vollen Lagern sitzenbleiben. Seit kurzem hat Nvidia auch noch mit massiven Einbußen in einem anderen Geschäftsbereich zu kämpfen. Anfang September haben die USA die Regeln für Technologie-Exporte verschärft, weshalb Nvidia keine Chips mehr nach China liefern darf. All diese Faktoren führten dazu, dass der Aktienwert von Nvidia seit Jahresbeginn um mehr als die Hälfte eingebrochen ist.

"Beyond", ein Hype-Versuch

Wenn Jen-Hsun Huang am Dienstag die Bühne betreten wird, müsste er also schon für eine gewaltige Überraschung sorgen, um eine Trendumkehr einzuleiten. Zahlreichen Berichten im Vorfeld zufolge ist nicht davon auszugehen, auch wenn Nvidia mit "kryptischen" Botschaften Stimmung machen will. Aus einem Bildrätsel konnte man zunächst herauslesen, dass das Unternehmen am 20. September "GeForce Beyond" vorstellen werde.

Darauf folgte am Mittwoch ein Tweet von Nvidia mit dem Hashtag #projectbeyond, der eine (US-)Telefonnummer ankündigte. "Tell us, how fast would you like to go?", fragt das Tonband alle Anrufer, die neugierig genug gewesen sind. Wenn "Beyond" also nicht auf ein gänzlich neues Produkt abzielt oder auf ein Update bestehender Produkte wie beispielweise des Streaming-Mediaplayers Shield, dann kann man gerade mit Bezug auf die Geschwindigkeit davon ausgehen, dass nur die nächste Grafikchip- und damit einhergehend die nächste Grafikkartengeneration gemeint sein kann.

RTX 4090 und zwei 4080er-Modelle zum Auftakt

Was unter dem Codenamen "Ada Lovelace" schon seit knapp zwei Jahren als nächste Generation von Nvidia im Internet kursiert, dürfte am Dienstag final als GeForce-Serie RTX 4000 auf der GTC vorgestellt werden. Bei der Bezeichnung der neuen Grafikkarten scheint man dem Prinzip treu zu bleiben, die Kundschaft verwirren zu wollen. Demnach soll das Flaggschiff unter der Bezeichnung RTX 4090 laufen, dahinter folgt RTX 4080 mit 16 GB Speicher und danach RTX 4080 mit 12 GB Speicher als drittes Modell, wie Insider "kopite7kimi" auf Twitter zusammenfasst.

Das schließt einen Ausblick auf das Mittelklassesegment in Form einer RTX 4070 und darunter prinzipiell nicht aus, aber zwei 4080er-Modelle mit unterschiedlicher Speicherbestückung lassen zwei Rückschlüsse zu: Erstens dürften die Lagerbestände der alten 3000er-Serie noch so groß sein, dass die Präsentation eines (ähnlich schnellen) Mittelklassesegments tatsächlich wenig Sinn macht. Zweitens hat das Unternehmen aus dem eigenen Bezeichnungschaos in der Vergangenheit offenbar nichts gelernt.

Groß, hungrig und wahrscheinlich teuer

Immerhin verspricht die Performance beeindruckend zu sein. Im Vorfeld zeigen erste Leaks, dass das Flaggschiff RTX 4090 bis zu 85 Prozent schneller sein soll als der Vorgänger RTX 3090. Dieser Generationensprung wäre überdurchschnittlich hoch. Demgegenüber fällt negativ auf, dass auch Platzbedarf und Stromverbrauch ansteigen werden.

Geleakte Bilder von Boardpartner Zotac zeigen enorme Abmessungen der Grafikkarte RTX 4090, die offenbar vier Slots im Rechner benötigt und Interessenten auch darüber hinaus vor ein ernstes Platzproblem im PC-Gehäuse stellen könnte. Der Stromverbrauch soll beim Flaggschiff RTX 4090 bei 450 Watt liegen, bei den zwei 4080er-Modellen jeweils bei 340 und 285 Watt.

Über die Preise der neuen Grafikkarten lässt sich derzeit nur spekulieren, es ist aber davon auszugehen, dass sie ungefähr dort angesiedelt sein werden, wo sich die Pendants der 3000er-Serie zum Release befunden haben. Erhältlich sein soll die RTX 4090 bereits ab Oktober, die beiden RTX-4080-Modelle dürften leicht verzögert ab November in den Handel kommen. Die tatsächliche Verfügbarkeit soll diesmal auch gegeben sein, angeblich ist die neue 4000er-Serie bereits seit August in Produktion.

Der Druck bleibt aufrecht

Unabhängig von den Ankündigungen auf der GTC wird Nvidia aber in näherer Zukunft kein leichtes Spiel haben. Das liegt zum einen daran, dass Konkurrent AMD bei der Entwicklung von Grafikkarten in den letzten Jahren massiv aufgeholt hat und Nvidia mit der bevorstehenden RDNA-3-Architektur endgültig die Performancekrone abnehmen könnte. Andererseits hat sich auch Intel dazu entschlossen, in das Geschäft für dedizierte Grafikkarten einzusteigen, und kann damit wenigstens im wichtigen Marktsegment der Mittelklasse mitmischen. Beides würde Nvidia nur einen weiteren Schlag versetzen. (Benjamin Brandtner, 18.9.2022)