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Schauspieler, Regisseur und Publikumsliebling Adi Hirschal vor seinem "Wiener Lustspielhaus" in der Innenstadt.

Starpix/Picturedesk.com

Am 3. September fiel der Vorhang für das "Wiener Lustspielhaus" am Hof nach 18 Saisonen endgültig. Laut Intendant Adi Hirschal drohte dem mobilen Theaterbau eine teure Verschrottung. Stattdessen fand die sanierungsbedürftige Konstruktion im Burgenland eine neue Heimat, wo sie nun einer Nutzung harrt.

Ein Fall roter Klüngelpolitik, die – von Wien beendet – nun im Burgenland fortgesetzt wird? Man wird sehen. Für die sanierungsbedürftige Konstruktion ließ das Bundesland exakt einen Euro springen. Ein Stück Wiener Kultur, sinniert Hirschal, der selbst seit einigen Jahren im Burgenland lebt.

Den Anfang nahm die Geschichte seines im Barockstil gestalteten Pawlatschentheaters vor 20 Jahren, sie passierte eher, als dass er sich dafür ins Zeug gelegt hätte, resümiert der 73-Jährige. Wie der Falter diese Woche in einem Nachruf auf das Projekt skizzierte, war 2002 eines zum anderen gekommen. Der soeben zum Kulturstadtrat berufene Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) gedachte, die Bezirksfestwochen aufzumöbeln, und fand in Hirschal einen Gleichgesinnten.

Zeitgleich erträumte sich der damalige Marketingchef der Fernwärme Wien nach einer London-Reise ein Globe Theatre für Wien und sicherte üppige Sponsorengaben zu. Aus zwei Projekten wurde eines und Adi Hirschal sein Intendant. Ein Publikumsliebling als Zugpferd, so die Kalkulation, die sich in der Auslastung später bestätigt haben soll.

Die Kosten für das 25 Meter breite Holzzwölfeck mit der auffälligen Malerei der Künstlerin Raja Schwahn-Reichmann – spezialisiert auf Faune, Satyre, Nymphen und andere Protagonisten antiker Orgien – seien von der Bank Austria und der Wiener Städtischen Versicherung übernommen worden, erzählt Hirschal. Die Höhe habe er nicht in Erinnerung. Laut Kurier soll es sich um eine Größenordnung von 400.000 Euro gehandelt haben.

720.000 Euro Budget

Für den Betrieb sicherten die Fernwärme und die Stadt Wien je 360.000 Euro zu, insgesamt 720.000 Euro jährlich. Vor allem die Höhe der Subvention der Stadt stieß der Szene sauer auf. Keine andere freie Theater- oder Tanzgruppe erhielt auch nur annähernd so viel Geld: Zudem ohne Einbindung von Kuratoren oder Juroren, die sich redlich um eine sinnhafte, zukunftsträchtige Neuaufstellung der Wiener Bühnen und Kulturgelder bemühten.

Nach zwei Jahren zog sich die Fernwärme als Sponsor zurück. Das Füllhorn öffentlicher Subvention ergoss sich weiter über das Relikt der Wiener Kulturfreunderlwirtschaft (© Falter), wenngleich in sukzessive geringerem Umfang: Am Höhepunkt flossen allein für die Saisonen 2006 und 2007 stattliche 920.000 Euro, später reduzierten sich die jährlichen Gaben auf 190.000, zuletzt 110.000 Euro. In Summe ließ die Stadt für Hirschals Lustspiele über die Jahre 3,75 Millionen springen.

In diesem Betrag sind auch jene 90.000 Euro inkludiert, die er zum Abschied für die Verlustabdeckung des vergeigten Sommers 2021 bekam. Mit der (neuerlichen) Einführung der Maskenpflicht in Wien war der Verkauf kurz nach der Premiere völlig abgerissen, erinnert sich Hirschal. Zuschüsse aus Covid-Hilfen bekam er, in welcher Höhe habe er ad hoc nicht in Erinnerung und nicht greifbar. Er befinde sich auf Kur, in Schärding, wo er seine Nikotinsucht endgültig besiegen möchte.

Die Einordnung als "roter Günstling" schmeckt ihm gar nicht. Zumal er ja auch in tiefschwarzen Gefilden tätig gewesen sei – leitete er doch 2003 bis 2008 den Theatersommer Haag. Bei seinem Publikum genießt der Musiker, Schauspieler, Kabarettist und Regisseur jedenfalls Beliebtheit. Eine Aura der Sympathie, von der theoretisch auch jene Politiker profitier(t)en, die Hirschal und seine Ambitionen mit öffentlichen Geldern subventionieren.

Nun also im Burgenland, wo die Geschichte Mitte Juni beim Charity-Dinner des 2020 von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil gegründeten "Burgenländischen Hilfsfonds" begann. Dort habe er den Pressesprecher der Diözese Eisenstadt getroffen, ein ehemaliger Sängerknabe wie er, erzählt Hirschal. Im barocken Ambiente des Schlosses Esterházy nahm eine Idee Form an, die im August in trockene Tücher gewickelt wurde.

Treffen beim Charity-Dinner(v.l.n.r.): Daniela Winkler (Landesrätin), Dominik Prieschnig (Leiter des Bischöflichen Sekretariats, Pressesprecher der Diözese Eisenstadt), Christa Prets (Landesrätin) sowie Adi Hirschal und Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.
Foto: Bgld. Landesmedienservice / Gregor Hafner

Lockt nun eine Lustspiel-Intendanz im Burgenland? Eine Funktion sei kein Thema gewesen, so Hirschal und verweist auf das Büro des Landeshauptmanns. Dort hält man sich bedeckt. Es gebe mehrere Szenarien, auch ehrgeizige. Aus den zahlreichen guten Ideen wolle man die beste und nachhaltigste wählen. Neben Güssing, wo das Kulturzentrum aufgrund der anstehenden Sanierung ein Überbrückungsquartier benötigt, dürfte auch Jennersdorf im Spiel sein: ein Standort, der, abseits des "Jopera"-Festivals im Sommer, zum Ganzjahreskulturbetrieb ausgebaut werden könnte. (Olga Kronsteiner, 17.9.2022)