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Der Konsum von Fleisch ist weltweit weiterhin im Steigen begriffen. Auch in Österreich und Deutschland übersteigt die Menge der täglich verzehrten Tierprodukte ökologische Nachhaltigkeits-, aber auch Gesundheitsempfehlungen. In der öffentlichen Diskussion werden meist Konsumentinnen und Konsumenten in die Pflicht genommen. Um die Umwelt zu schützen und dem Klimawandel entgegenzuwirken, liege es an jedem und jeder einzelnen, weniger Fleisch zu essen, heißt es oft.

Nicht nur der Konsum, vielmehr schon die Produktion von Fleisch- und Tierprodukten sei die Wurzel des Übels, kritisieren Forschende der Boku.
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Einer Untersuchung der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien zufolge, greife diese Forderung bzw. Abschiebung der Verantwortung aber zu kurz. Die in den vergangenen Jahrzehnten gesteigerte Tierzucht sei weniger Folge von wachsender Nachfrage, als vielmehr von politischen und ökonomischen Entscheidungen gewesen, fasst das Team um Nicolas Roux vom Institut für Soziale Ökologie der Boku im Fachblatt "Science of the Total Environment" zusammen.

Politik fördert Tierproduktion

Die EU und OECD-Staaten fördern Landwirtschaft – und damit die Tierproduktion – gezielt. Um den Konsum zu senken, müsse man die Produzenten und Zwischenhändler, und eben auch die Politik in die Pflicht nehmen. Denn selbst mit agrarökologischen Ansätzen wie Permakultur oder optimierten Futtermischungen seien die Auswirkungen von tierischen Produkten auf die Umwelt noch immer höher als jene von pflanzlichen. Bei der Umstellung auf mehr pflanzliche Produkte brauche es Unterstützung durch die Politik, bei gleichzeitiger Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten.

Beim Umstieg auf eine stärker pflanzenbasierte Nahrung widersprechen die Forschenden der vielerorts präsenten Darstellung, dass vor allem die Konsumenten Verantwortung für die Verringerung des Konsums tragen. Zum einen wirke eine Veränderung über die Verbraucher vermutlich nicht schnell genug. Zum anderen hätte auch in der Vergangenheit die Bevölkerung Ernährungsgewohnheiten erst nach staatlichen, institutionellen oder wirtschaftlichen Anreizen geändert.

Unterstützung für lokale Landwirtschaft

Außerdem stelle sich die Frage der Umweltgerechtigkeit, denn bei einem Rückgang im Konsum würden durch den härteren Wettbewerb die kleinen Landwirte noch vor den großen Konzernen vom Markt gedrängt. Damit das nicht passiert, brauche es Roux zufolge Hilfestellungen: Landwirte, Ernährungskonzerne oder Supermärkte "brauchen auch Regulierung, Anreize und Unterstützung um auf pflanzliche Produkte umzustellen."

Unterstützung für lokale Landwirtschaft gefordert, die auf pflanzliche Nahrungsmittelproduktion umsteigen will.
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Landwirte, die von tierischer auf pflanzliche Produktion umsteigen möchten, aber etwa durch Schulden oder große Tierbestände daran gehindert werden, sollten von den Regierungen unterstützt werden. Auch sollte es für sie Partnerschafts- oder Schulungsprogramme geben.

Dabei gelte es, den Kontext der landwirtschaftlichen Produktion zu berücksichtigen, so Roux: "Das Thema der gerechten Reduzierung ist für Österreich besonders wichtig, um Landwirte mit beschränkten Alternativen nicht zu schädigen, beispielsweise in Bergregionen in denen Viehhaltung manchmal kaum durch anderes Einkommen ersetzbar ist."

Auch verschiedene Länder sollten je nach dem Einkommen der Bevölkerung ihren Konsum von tierischen Produkten unterschiedlich reduzieren, um Ernährungsknappheit in Entwicklungsländern zu vermeiden. Neben Produzenten und Konsumenten sollten auch die Zwischenhändler nicht vergessen werden, da etwa Exportunternehmen großen Einfluss auf die Umwelt hätten, so ein Fazit der Studie. (red/Apa, 17.09.2022)