Ungarn wurde von der EU-Kommission beschuldigt, Korruption nicht zureichend zu bekämpfen.

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Brüssel/Budapest – Ungarn will nach eigenen Angaben mit mehreren Gesetzesänderungen seinen Streit mit der EU beilegen und grünes Licht für milliardenschwere Geldzuwendungen erhalten. "Die Regierung hat die Wünsche der Europäischen Kommission entweder akzeptiert oder, soweit wir sie nicht akzeptieren konnten, einen Kompromiss geschlossen, der beide Seiten zufriedenstellt", sagte der Stabschef von Ministerpräsident Viktor Orban, Gergely Gulyas, am Samstag.

Die Regierung habe "diese Zugeständnisse heute erörtert und gebilligt". Die Gesetze sollten vom Parlament im Eilverfahren beschlossen werden und im November in Kraft treten.

Sechs Milliarden an Corona-Hilfen blockiert

Die EU-Kommission hatte Ungarn eine unzureichende Bekämpfung von Korruption vorgeworfen und deswegen bereits rund sechs Milliarden Euro an Corona-Hilfen blockiert. Erwartet wurde, dass die Kommission sich mit gleicher Begründung dafür aussprechen würde, für Ungarn vorgesehene Milliardenbeträge aus dem gemeinsamen Haushalt der EU für 2021 bis 2027 auszusetzen.

Nach Angaben der Antikorruptionsbehörde der EU war im Zeitraum 2015 bis 2019 der Anteil an Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von EU-Mitteln in keinem anderen Mitgliedsland so hoch wie in Ungarn.

EU-Kommission berät am Sonntag

Die EU-Kommission berät am Sonntag (8.30 Uhr) über "den Schutz des EU-Haushalts in Ungarn", wie die Behörde mitteilte. Im Anschluss an die an die Sitzung soll der für Haushalt zuständige Kommissar Johannes Hahn die Ergebnisse vorstellen.

Ungarn drohen Kürzungen in Milliardenhöhe. Einen entsprechenden Vorschlag an die Mitgliedstaaten könnte die EU-Kommission von Ursula von der Leyen am Sonntag beschließen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus EU-Kreisen erfuhr. Es wäre das erste Mal, dass die Behörde wegen rechtsstaatlicher Verstöße die Kürzung von EU-Mitteln vorschlägt.

In einem Bericht der Kommission vom Juli ist die Rede von "einem Umfeld, in dem die Risiken von Klientelismus, Günstlings- und Freunderlwirtschaft in der hochrangigen öffentlichen Verwaltung nicht angegangen werden". Nach Ansicht des EU-Parlaments ist Ungarn keine vollwertige Demokratie mehr. Stattdessen hätten sich die Zustände in dem mitteleuropäischen Land so sehr verschlechtert, dass es zu einer "Wahlautokratie" geworden sei, hieß es in einem Bericht, den die große Mehrheit der Abgeordneten am Donnerstag annahm. (APA, 17.9.2022)