Noomi Anyanwu von Black Voices hat "Hoffnung, dass die Zivilgesellschaft gegen Rassismus aufsteht".

Foto: Black Voices

Es ist das erste antirassistische Volksbegehren in der Geschichte Österreichs, das man ab heute, Montag, unterzeichnen kann. Die Initiative Black Voices fordert die "institutionelle, repräsentative, gesundheitliche, bildungspolitische, arbeitsrelevante und sozioökonomische Stellung für Schwarze Menschen, Menschen afrikanischer Herkunft und People of Color mit bundesverfassungsrechtlichen Maßnahmen zu verbessern und zu stärken", wie es im Text zum Volksbegehren, das bis 26. September aufliegt, heißt. Das Volksbegehren wird von Organisationen wie Zara, SOS Mitmensch, Amnesty International und vielen anderen unterstützt.

Die Sprecherin der Initiative, Noomi Anyanwu, berichtet dem STANDARD kurz vor dem Start der Eintragungswoche von einer "stressigen, aber guten Stimmung im Team". Man war noch in den letzten Tagen mit Aktionen und Veranstaltungen in ganz Österreich beschäftigt. Erfreulich sei die Buchpräsentation von War das jetzt rassistisch? 22 Antirassismustipps für den Alltag (Leykam) gewesen, die sofort ausverkauft war.

Video: Die Gewalt der Strukturen: Schwarzsein in Österreich
DER STANDARD

Andererseits gab es Interviewabsagen von Medien, wie Anyanwu erzählt: "Es hieß diese Woche gleich zweimal, man müsse jetzt über die Queen berichten. Das sagt schon viel, wenn man uns absagt, um über den Tod einer Monarchin zu berichten, die für Kolonialismus steht." Und die Krisen wie die Teuerung werfen einen Schatten auf das Volksbegehren. "Aber Menschen, die von Rassismus betroffen sind, sind das auch weiterhin, durch die Teuerung kommt es zu Mehrfachbelastungen", betont Anyanwu.

Eine andere "Arielle"

Die jüngste Aufregung um die Schauspielerin Halle Bailey, die in der Neuverfilmung von Arielle, die Meerjungfrau die Titelrolle spielt, kommentiert Anyanwu so: "Arielle ist ein Fabelwesen. Die Diskussion um sie zeigt, dass es nicht um logische Argumentation geht, sondern darum, dass eine Norm geschaffen wird, und die ist weiß. Da hat wer das Gefühl von Machtverschiebung und dass ihnen was weggenommen wird." Es sei "schwierig für weiße Menschen, zu lernen, wie man Privilegien teilt", so Anyanwu weiter, "gleichzeitig freue ich mich über die Videos von den Reaktionen der Kinder, die den Film ansehen."

Wenn man sich die Begründung für das Volksbegehren auf der Homepage des Innenministeriums ansieht, stößt man auch auf ein Gedicht: "Mit den Morden durch die Polizei kam eine Welle der Empörung, wir nennen das Rassismus, ihr nennt es eine Verschwörung", heißt es da unter anderem, "doch Rassismus ist systematisch, nicht einfach nur Hass, es ist die Abschottung, Abgrenzung und Abneigung en masse." Und weiter: "Deshalb sind Rassen ein Konstrukt, erfunden, um Menschengruppen zu unterdrücken."

Systematischer Rassismus

Um diese Systematik von Rassismus bewusst zu machen und dafür zu sensibilisieren, braucht es nach Meinung der Initiative Black Voices, an deren Spitze neben Anyanwu auch Asma Aiad und Emmeraude Banda stehen, einen nationalen Aktionsplan – ähnlich dem der Regierung gegen Antisemitismus – mit antirassistischen Maßnahmen für die Bereiche Repräsentation und Öffentlichkeit, Polizei, Flucht und Migration, Gesundheit, Bildung und Arbeitsmarkt. "In der Regierung gibt es keine qualifizierte Person, die sich mit Rassismus wirklich auskennt, umso mehr wäre es wichtig, Experten einzubinden", sagt Anyanwu, "und die gibt es ja seit Jahrzehnten, etwa die Organisationen, die unser Volksbegehren unterstützen."

Weitere Unterstützende sind etwa der Kabarettist Josef Hader, die Schauspielerinnen Caroline Peters, Bibiana Beglau und Ursula Strauß, die Band Bilderbuch, Sänger Tom Neuwirth (Conchita Wurst), Sängerin Rose May Alaba, Komponist Georg Friedrich Haas und der Ex-Fußballer Rubin Okotie. Auch Teile der SPÖ, der Grünen, der KPÖ und der Neos bzw. deren Jugendorganisationen zeigen sich solidarisch.

Hoffen auf die Zivilgesellschaft

"Wir haben Hoffnung, dass auch die Zivilgesellschaft gegen Rassismus aufsteht", sagt Anyanwu. 100.000 Unterschriften werden sie brauchen, damit das Volksbegehren im Parlament behandelt wird. (Colette M. Schmidt, 19.9.2022)