Schlange stehen in London, um der Queen die letzte Ehre zu erweisen.

Foto: Reuters / Henry Nicholls

Frühmorgens defilieren am Montag die letzten von mehreren Hunderttausend Briten nach vielen Stunden des Wartens am Sarg vorbei, ehe Großbritannien im Lauf des Tages seiner toten Monarchin ein feierliches Staatsbegräbnis widmet.

Frage: Wer kommt, wer nicht?

Antwort: Die Prominenz der Präsidentinnen und Premierminister aus aller Welt wird vom knapp 80-jährigen US-Präsidenten Joe Biden und seinem französischen Pendant Emmanuel Macron angeführt. Die 13 früheren Kolonien, deren Staatsoberhaupt die Queen noch immer war, durften jeweils sowohl die Generalgouverneure als auch Regierungschefs entsenden sowie eine Gruppe verdienter Bürger. Diese gesellen sich zu den lebenden Trägern der höchsten militärischen und zivilen Auszeichnungen, dem Victoria- und dem Georgskreuz. Unter den gekrönten Häuptern befindet sich der japanische Kaiser Naruhito sowie die Könige der Niederlande, von Belgien, Spanien und Schweden. Keine Einladung erhielten Russlands Präsident Wladimir Putin wegen seines Überfalls auf die Ukraine sowie die Präsidenten von Myanmar und Venezuela. Iran ist lediglich durch den Botschafter vertreten. Protokollarisch korrekt erging hingegen eine Einladung an die kommunistische Diktatur Chinas, die den Vizepräsidenten schickt.

Frage: Wie ist der Ablauf des Tages?

Antwort: Gegen 6.40 Uhr endet das Defilee der Bürger am Sarg der Monarchin. Etwa vier Stunden später wird die Verstorbene in feierlichem Geleit ihrer Kinder und Enkel von der Westminster Hall zur etwa 300 Meter entfernten Westminster Abbey gebracht, wo Punkt 12 Uhr (MESZ) der Gottesdienst beginnen soll. Nach der Trauerfeier ziehen 98 Marinesoldaten – weitere 40 Kameraden dienen als bremsender Ausgleich – den auf einem Kanonenwagen ruhenden Sarg von der Kirche zum Wellington-Bogen am Eingang zum Hyde Park. Dabei kommt der Trauerzug nochmals am Buckingham-Palast vorbei. Gegen 14 Uhr wird der Sarg in einen Leichenwagen verladen, der anschließend in etwa zweistündiger, langsamer Fahrt die rund 40 Kilometer lange Strecke nach Windsor zurücklegt. Im Schloss schließen sich die Mitglieder der Königsfamilie erneut der Prozession an, die in der Georgskirche endet. Ein dramatischer Augenblick dürfte gegen Ende des Gottesdienstes der Auftritt des Lord Chamberlain sein: Wie es der Tradition entspricht, zerbricht er das Amtssiegel der toten Monarchin. Wenig später wird der Sarg in die königliche Gruft gesenkt; damit endet der öffentliche Teil der live übertragenen Feierlichkeiten.

Frage: Wie läuft die Bestattung ab?

Antwort: Am Abend haben die engsten Angehörigen die Gelegenheit, sich im kleinen Kreis von der Verstorbenen zu verabschieden. Nach einer kurzen Andacht wird Elizabeth II. in der nach ihrem Vater George VI. benannten Kapelle beigesetzt. Der bisher in der königlichen Gruft stehende Sarg des Prinzen Philip wird nun seiner Frau zur Seite gestellt. Mit diesem letzten Zeremoniell endet die zehntägige Periode öffentlicher Trauer.

Frage: Was macht die Politik?

Antwort: Pause, und das schon seit zehn Tagen. Erst am Dienstag tagt das Unterhaus wieder für wenige Tage, vor einer geplanten neuen Unterbrechung für die Parteitage von Labour und Tories. Die Liberaldemokraten mussten ihr eigenes Jahrestreffen diese Woche absagen. Auch der heuer wegen der massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten und der vielfältigen Arbeitskämpfe besonders brisante Kongress des Gewerkschaftsdachverbandes TUC konnte nicht stattfinden.

Frage: Was kostet das Ganze?

Antwort: Darüber wird nicht gesprochen. Charles musste sich die Frage immerhin am Freitag bei einem Besuch in Cardiff gefallen lassen. "Wir haben Mühe, unsere Wohnungen zu heizen, müssen aber für Ihre Parade bezahlen", rief ein Mann, der sich unter begeisterte Royalisten gemischt hatte. Über die Summen, die die Monarchie verschlingt, gibt es unterschiedliche Angaben; eine offene Diskussion darüber hat es seit Jahrzehnten nicht gegeben. Die zehntägige Staatstrauer mit den zahlreichen royalen Ereignissen, gipfelnd im Staatsbegräbnis am Montag, wird mit Sicherheit eine hohe zweistellige Millionensumme kosten. Hinzu kommen die materiellen und immateriellen Kosten, die durch den öffentlichen Feiertag entstehen. Weil Schulen und Kindergärten geschlossen haben, müssen viele Eltern einen Urlaubstag nehmen. In vielen Spitälern wurden routinemäßige Krebsuntersuchungen, auf die Patienten oft zwei Monate warten müssen, kurzerhand verschoben. (Sebastian Borger aus London, 19.9.2022)