Kabelsalat de luxe: Das Devolo-Gerät steckt in der Steckdose und ist per Strom- und LAN-Kabel mit dem Modem verbunden.

Foto: Der Standard/Stefan Mey

Ein langsames Internet gehört zu den schlimmsten First-World-Problems, mit denen unsere Gesellschaft zu kämpfen hat. Das haben nicht nur viele Menschen im Rahmen pandemie-bedingter Lockdowns gemerkt, es sind auch die Anforderungen rund um Streaming, Online-Gaming und diverse Smart-Home-Anwendungen gewachsen. Mit den Lösungen diverser Anbieter soll es gelingen, immerhin das per Modem einlangende Signal effizient im Wohnbereich zu verteilen.

Einer dieser Anbieter ist Devolo, dessen "Devolo Magic 2 Wifi 6"-System mit einer Kombination aus Powerline und Wifi 6 versucht, in mehreren Räumen Internet-Zugangspunkte einzurichten, die miteinander über das hauseigene Stromnetz verbunden sind. Das Ganze kommt zu einem stolzen Preis: Die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) für das "Multiroom Kit" mit drei Steckern liegt bei 399,90 Euro. Ob die Geräte ihr Geld wert sind, hat DER STANDARD in einem mehrwöchigen Test ausprobiert.

Unboxing und Äußerlichkeiten

In der recht unscheinbaren Schachtel befinden sich wie gesagt drei Stecker, mit denen das Internet im trauten Heim verbunden werden soll. Hinzu kommen eine gedruckte Anleitung und ein zwei Meter langes Ethernet-Kabel.

Auffällig ist, dass diese Stecker – wie auch andere Geräte dieser Art aus dem Hause Devolo – im Vergleich beispielsweise zu Geräten des Konkurrenten AVM/Fritzbox recht klobig sind: Rund vier Zentimeter tief, etwa 7,5 Zentimeter breit und circa 15 Zentimeterhoch sind die weißen Kästchen und sorgten bei Besuchern im Testzeitraum somit öfters für "Und was ist das?"-Bemerkungen.

Der übersichtliche Inhalt der Devolo-Schachtel.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Die Geräte werden in Steckdosen gesteckt – damit man keinen wertvollen Zugang zum Lebenssaft des modernen Lebens verliert, befindet sich auch ein Stecker auf der Frontseite, in den diverse Geräte – vom Modem bis zum Verteilerstecker – eingesteckt werden können. Zudem gibt es zwei LAN-Buchsen für Menschen, die WLAN nicht über den Weg trauen und lieber kabelgebunden surfen. Den Status der Verbindung zeigen zwei Leuchten auf der Frontseite an.

Einrichtung: Aller Anfang ist schwer

Devolo empfiehlt, die Einrichtung des Netzwerks über die App des Herstellers durchzuführen, was wir im Test auch gemacht haben. Hier wird man schrittweise durch den Einrichtungsprozess geleitet, und so sollte eigentlich in weniger als einer Stunde alles erledigt sein – zumindest in der Theorie.

Denn zur Einrichtung sollen am Anfang alle drei Geräte in Steckdosen gesteckt werden, sodass diese von der App erkannt werden. Die besagte Erkennung funktionierte beim ersten Anlauf nicht, weshalb der Prozess später von vorne begonnen werden musste. Ebenfalls ärgerlich ist, dass sich die einzelnen Access-Points in der App zwar theoretisch umbenennen lassen, dies beim ersten Versuch aber zu einem Absturz des Systems führte. Beim nächsten Mal funktionierte es tadellos.

Datenschutz

Erwähnt werden sollte an dieser Stelle auch das Thema Datenschutz. Denn das Devolo-System bekommt neben Zugang zum lokalen Netzwerk – was natürlich nötig ist – im Zuge der Einrichtung auch Informationen zum Standort des Geräts, wobei jedoch betont wird, dass der Standort von Devolo weder gespeichert noch weiterverwendet wird. Außerdem möchte die App Push-Benachrichtigungen senden, war aber während des Betriebs dankenswerterweise ohnehin sehr schweigsam.

Generell positiv anzumerken: Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten hat Devolo seinen Firmensitz in Aachen, Deutschland, und ist daher in Sachen Datenschutz vertrauenswürdiger als günstigere Fernost-Alternativen.

Kombinierbarkeit mit anderen Devolo-Produkten

Drei Access-Points können je nach eigener Wohnsituation etwas wenig sein – vor allem angesichts der Tatsache, dass einer von ihnen direkt beim Modem hängt, um dieses mit dem restlichen Devolo-Netz zu verbinden. Devolo bietet daher an, das Netzwerk nicht nur mit weiteren Geräten der Magic-Marke, sondern auch mit Hardware anderer Devolo-Marken zu kombinieren.

Im Test kam dafür ein Access-Point der Marke "Mesh Wifi 2" zur Anwendung, welche im Vorjahr veröffentlicht wurde. Hier ergab sich beim Einrichten ein ähnliches Problem wie bei den Magic-Geräten: Das Gerät wurde nicht automatisch von der App erkannt und musste somit händisch hinzugefügt werden. Im laufenden Betrieb integrierte sich das markenfremde Devolo-Produkt dann aber problemlos.

Wie schlägt sich das Devolo Magic 2 im Alltag?

Zum Alltagsbetrieb sei zuerst eine gute Nachricht genannt: Im Laufe des mehrwöchigen Betriebs ist das Devolo-Netzwerk kein einziges Mal komplett ausgefallen. Man möchte meinen, dass dies keine explizite Erwähnung brauchen sollte – aus der STANDARD-Community hört man jedoch immer wieder von kompletten Ausfällen diverser WLAN-Systeme, quer durch die Produkte jeglicher Hersteller. Ein Grund für diese Stabilität dürfte der Fokus auf den aktuellen WLAN-Standard Wifi 6 sein. So haben wir im Test keine Probleme damit gehabt, auch mit mehreren Geräten parallel im Web zu surfen.

Steckt im Strom, leuchtet weiß: So sehen die Access-Points im Alltag aus.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Das bedeutet aber nicht, dass das Magic-System frei von Fehlern ist. In der Praxis hakten etwa Videokonferenzen oder brachen komplett ab, wenn ich mit dem Smartphone den Standort innerhalb der Wohnung wechselte, das Handy also den jeweiligen Access-Point wechseln musste. Das ist insofern ärgerlich, als dass Devolo auf der eigenen Website explizit einen nahtlosen Übergang verspricht.

Wie gut das System aber wirklich funktioniert, zeigt sich an den Abdeckung vorheriger dunkler Flecken in der WLAN-Wohnungs-Weltkarte – also in meinem Fall anhand eines Raums, der zuvor aufgrund schwachen Router-WLANs gar keinen Zugang zum Netz bot. Hier konnte ich nach Einrichten des Devolo-Netzwerks zwar Filme in Full-HD schauen und im Web surfen, beim Online-Gaming machte sich jedoch eine Latenz bemerkbar, durch die an freudiges Zocken nicht mehr zu denken war. Und die Xbox Series X warf mir diverse Warnung entgegen, dass ein Streaming auf andere Geräte angesichts des horrenden Upload-Speeds nicht zu denken sei.

Die harten Zahlen

So viel zu den Anekdoten. Doch was sagen die harten Zahlen? In den eigenen Werbematerialien verspricht Devolo interne Netzwerkgeschwindigkeiten bis zu 1800 MBit/s – diese Angaben konnte ich im Test aber längst nicht bestätigen. So zeigt Devolos eigene App im Test nach vollständiger Einrichtungen die folgenden Geschwindigkeiten an:

  • 465 Mbit/s Downstream und 382 MBit/s Upstream im Nachbarraum des Modems,
  • 262 MBit/s Downstream und 35 MBit/s in meinem "Problemzimmer",
  • 236 MBit/s Downstram und 86 MBit/s Upstream im Zimmer mit dem markenfremden Access-Point.

Auf der einen Seite deutlich weniger also als die vom Hersteller beworbenen 1800 MBit/s – auf der anderen Seite aber auch weit mehr als das, was in der Realität in den meisten Haushalten durch das Modem tröpfelt. Da ich etwa in einem Glasfaser-Bermudadreieck lebe, muss ich mit einem mehr schlecht als recht funktionierenden 5G über die Runden kommen: Würde ich nur das Modem ohne Wifi-Netz verwenden, käme ich direkt daneben stehend auf rund 30 MBit/s Downstream, einen einstelligen Upstream und einen Ping von etwa 49 Millisekunden. Das ist nicht viel – aber es ist in vielen österreichischen Haushalten gelebte Realität.

Ähnliche Werte haben sich auch im Laufe der Wochen im Großteil des Wohnbereichs messen lassen: 20 bis 40 MBit/s Downstream, ein geringer Upstream und ein Ping im niedrigen zweistelligen Bereich. Das reicht meist für berufliche Videokonferenzen, wenn man nicht parallel dazu auf ressourcenintensive Tools wie Remote Desktops zugreift sowie für Streaming in Full-HD und für Online-Games, sofern sie nicht kompetitiv ausgelegt sind und jeder verlorene Frame zu Panikattacken führt.

Anders gestalteten sich die realen Messwerte aber in meinem "Problemzimmer": Hier habe ich zweitweise ein Ping von 581 gemessen – und nein, liebes Lektorat, das ist kein Tippfehler. Der Downstream lag bei dieser Messung bei 22,8 MBit/s, der Upstream bei 3,23 MBit/s. An Abenden wie diesen lernt man die Vorzüge eines gedruckten Buches wieder zu schätzen, das auch ohne schnelles Internet ausreichend Unterhaltung bietet.

App und Gastnetzwerk

Positiv hervorzuheben ist der Aufbau der Devolo-App, mit der das Netzwerk verwaltet wird. Diese bietet nach der Einrichtung einen schönen Überblick über die Access-Points und die mit ihnen – zumindest in der Theorie – erzielbaren Geschwindigkeiten. Die einzelnen Access-Points können bei Bedarf auch umbenannt werden, die Firmware lässt sich aktualisieren, die Lämpchen auf der Frontseite lassen sich ausschalten. Letzteres ist ein nettes Feature, wenn die ohnehin recht klobigen Klötze zumindest ein bisschen unscheinbarer wirken sollen.

Die App ist übersichtlich und nützlich.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Praktisch ist außerdem die Funktion zum Einrichten eines Gastnetzwerks für den Fall, dass man Freunde und Verwandte nicht in das gleiche Netzwerk lassen möchte, über welches man auch diverse Smart-Home-Geräte betreibt. Die Einrichtung dieses Netzwerks erfolgt über die App, indem man einen Netzwerknamen und ein Passwort vergibt. Die Gäste agieren dann getrennt vom Hauptnetz. Praktisch: Es lässt sich in der App auch ein QR-Code generieren, der nur gescannt werden muss, um sich mit dem Gastnetzwerk zu verbinden. Das klappte im Test problemlos.

Fazit: Eine Frage des Leidensdrucks

Langsames Internet ist ein Ärgernis, aber 400 Euro sind auch sehr viel Geld – vor allem, wenn man bedenkt, dass einige der von Devolo beworbenen Leistungen im Langzeittest nicht geliefert werden konnten. Besonders ärgerlich ist das, wenn ein Raum spezifisch mit schnellem WLAN versorgt werden soll, dann aber erst recht nicht die gewünschte Performance erzielt wird. Der guten Transparenz halber soll zwar auch erwähnt werden, dass ich in einem Haus mit alten Stromleitungen lebe, was das Verbreiten des Signals über selbige erschweren könnte. Andererseits ist Wien aber auch eine Altbaustadt, ich bin also mit dieser Ausgangslage kein Einzelgänger.

Auf der Habenseite kann Devolo verbuchen, dass das System per se stabil läuft, wenn es einmal eingerichtet ist. Die App ist übersichtlich und arbeitet verlässlich, das Feature des Gäste-WLANS weiß jeder zu schätzen, der in der Verwandtschaft schon mal einen Malware-Fall hatte. Aber rechtfertigt das den hohen Kaufpreis, selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Straßenpreis ohnehin meist etwas günstiger ist als der UVP? Das muss wohl jeder Mensch für sich selbst entscheiden – in erster Linie mit Fokus auf die Frage, wie groß der eigene Leidensdruck ist. Und wie tief man in die Tasche greifen will, um diesen zumindest ein wenig zu mindern. (Stefan Mey, 19.9.2022)