Viele Länder der EU haben einen kompletten Stopp der Visavergabe an russische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger gefordert. Aufgrund einiger Gegenstimmen – unter anderem auch von Deutschland und Österreich – wurde dieser Plan jedoch nicht umgesetzt. Allerdings wird das seit 2007 geltende Abkommen zur Visaerleichterung zwischen Russland und der EU ausgesetzt.

Touristinnen und Touristen aus Russland zählen zu den kaufkräftigsten Gästen. Gewerbetreibende müssen künftig aber aufpassen.
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Personen mit russischer Staatsbürgerschaft können demnach zwar weiterhin Touristenvisa beantragen, jedoch unter erheblich höherem Aufwand. Neben der Vorlage von mehr Dokumenten steigen sowohl die Bearbeitungszeit als auch die Kosten auf etwa 80 Euro. Reisewillige Russinnen und Russen, die den erhöhten Aufwand und die mangels direkter Flugverbindungen oft mühselige Anreise in Kauf nehmen, können dann aber Österreich fast wie vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs besuchen.

Verbot für Luxusgüter

Gäste aus Russland zählen seit Jahren zu den kaufkräftigsten Gästen – insbesondere im hochpreisigen Segment. Und genau in diese Kerbe schlagen auch die aktuellen EU-Sanktionen gegen Russland: Um russische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger von Luxusgütern abzuschneiden, verbietet es Artikel 3h der EU-Verordnung 833/2014, bestimmte Luxusgüter an natürliche Personen in Russland oder zur Verwendung in Russland zu verkaufen, sofern ihr Wert grundsätzlich 300 Euro übersteigt.

Derartige Luxusgüter sind – neben für durchschnittliche Reisende wohl etwas schwer zu transportierenden Pferden – etwa Champagner, Spirituosen, Kosmetikartikel, Kleidung, Teppiche, Uhren, Schmuck, Edelsteine, Besteck, Porzellan, Haushaltsgeräte ab einem Wert über 750 Euro, Kameras ab einem Wert über 1000 Euro, Autos ab einem Wert über 50.000 Euro oder sogar Freizeitsportartikel wie Skier oder Golfschläger. Die luxuriösen Einkaufsfreuden russischer Gäste sind somit zwangsweise stark getrübt oder gänzlich abgeschafft.

Schwierige Kontrollen

Neben dem Verbot, Luxusgüter nach Russland zu exportieren, inkludiert diese Sanktion folglich auch das Verbot, solche Güter an Personen zu verkaufen, die diese Waren mit nach Russland nehmen. Relevant ist dabei nicht die Staatsbürgerschaft der Käuferinnen und Käufer, sondern ob die Güter nach Russland gebracht werden sollen.

Bei Verstößen drohen Händlerinnen und Händlern gemäß den Paragrafen 11 und 12 Sanktionengesetz 2010 Verwaltungsstrafen von bis zu 50.000 Euro oder bei Rechtsgeschäften im Wert von über 100.000 Euro auch strafrechtliche Sanktionen wie Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr oder Geldstrafen von bis zu 360 Tagessätzen.

Welche Maßnahmen müssen Gewerbetreibende nun aber setzen, um nicht gegen diese Sanktionen zu verstoßen? Müssen sie jede Person, die ein sanktioniertes Luxusgut erwerben möchte, nach ihrer Herkunft, ihrem Wohnsitz und ihren Absichten mit den gekauften Waren fragen?

Das ist wohl nicht anzunehmen. Denn natürliche oder juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen können für ihre Handlungen nicht haftbar gemacht werden, wenn sie nicht wussten bzw. keinen vernünftigen Grund zur Annahme hatten, dass sie mit ihrem Handeln gegen die Sanktionen verstoßen. Konkret liegt also nur dann eine Straftat vor, wenn die Verkäuferin oder der Verkäufer weiß, dass die Kundschaft samt ihren Einkäufen nach Russland zurückkehrt, oder er bzw. sie zumindest einen Verdacht hat, dass die Waren möglicherweise nach Russland verbracht werden könnten.

Neben echtem Wissen – etwa aufgrund früherer Käufe, persönlicher Beziehungen oder der eigenen Kundendatenbank – würde sich der klarste Beweis dafür zweifellos aus dem von Kundinnen und Kunden gewünschten Ausfüllen eines Tax-free-Formulars ergeben, im Rahmen dessen das Ausfuhrziel angegeben werden muss.

Große Rechtsunsicherheit

Bei Barzahlungen über 10.000 Euro müssen Gewerbetreibende zudem nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung zur Verhinderung von Geldwäsche die Kundenidentität auf Grundlage eines Lichtbildausweises überprüfen. Kann eine Person mit ausgewiesener russischer Staatsbürgerschaft in diesen Fällen nicht schlüssig darlegen, dass sie mit den gekauften Waren nicht nach Russland zurückreist, wäre dies ein kräftiges Indiz für die begründete Annahme einer wahrscheinlichen Ausfuhr nach Russland. Der Verkauf müsste also verweigert werden.

Im Bereich zwischen 300 Euro und 10.000 Euro bleibt aber eine empfindliche Rechtsunsicherheit, da es hier den Händlerinnen und Händlern selbst überlassen bleibt, ob und welche Maßnahmen sie setzen, um herauszufinden, ob sie ein bestimmtes Geschäft abschließen dürfen.

Ist eine Kundin bzw. ein Kunde aber nicht in irgendeiner Form auffällig, wäre es aufgrund der Formulierung des Art 10 der EU-Verordnung 833/2014 wohl überschießend, jede von der Sanktion potenziell betroffene Person nach Herkunft, Absicht oder Ausweis zu fragen und im Detail zu dokumentieren – auch wenn das wahrscheinlich die sicherste Methode wäre, um nicht gegen das Verkaufsverbot zu verstoßen. (Gastbeitrag: Christian Kern, Sascha Jung, 19.9.2022)